Der Markt für digitale Assets ein rasantes Wachstum. Diese Entwicklung revolutioniert die Finanzbranche, wie Oliver Becker und Franz-Josef Lerdo im Gespräch mit finews.ch feststellen. Investierbar würden nun auch Streichinstrumente oder sehr teure Weine und Diamanten.

Die traditionelle Vermögensaufteilung folgte lange Zeit dem Prinzip: ein Drittel Aktien, ein Drittel Obligationen und ein Drittel Immobilien, beruhend auf den Erkenntnissen des US-Ökonomen und Nobelpreisträgers Harry Markowitz. Er fand heraus, dass 80 bis 90 Prozent des Anlageerfolges eines Portfolios durch diese Aufteilung bestimmt würden, und nur der Rest durch die Titelauswahl und das Market-Timing.

Die grossen Stiftungsfonds der US-Universitäten, wie Yale oder Harvard, ergänzten diesen Ansatz um illiquide Assets. Gemäss der Devise «nicht alle Eier in einen Korb» erschlossen sie weitere Anlageklassen wie Immobilien, Rohstoffe, Hedge Funds und Private Equity. Für den Preis der geringeren Liquidität sprach im Idealfall eine höhere Rendite. Der norwegischen Staatsfonds wendet dieses Prinzip ebenfalls an, ist jedoch mit einer höheren Aktienquote deutlich liquider.

Auch Family Offices folgen gerne diesem Modell, der frühere Banker und heutige Unternehmensberater Franz-Josef Lerdo von der in Bielefeld ansässigen Firma Dr. Lerdo Consulting fest.

Fragmentierte Anlagemöglichkeiten

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Franz-Josef Lerdo und Oliver Becker (von links, Bild: zvg)

Waren bisher grosse Anlagebeträge erforderlich, um diesem Ansatz zu folgen, sind mit der Tokenisierung von Vermögenswerten neue Möglichkeiten entstanden, entsprechende Investments zu fragmentieren und somit auch für kleinere Anlegerinnen und Anleger investierbar zu machen. Dass sich der Markt für digitale Assets weiter durchsetzen wird, lässt sich an der prognostizierten Marktentwicklung ableiten.

In Europa (inklusive Schweiz) gehen Schätzungen davon aus, dass das Volumen digitaler Assets bis 2025 auf umgerechnet knapp eine Billion Franken steigen und sich bis 2030 auf 5 bis 6 Billionen Franken erhöhen wird. Manche Investorinnen und Investoren betrachten digitale Assets-Klassen nicht nur als reine Anlageobjekte, sondern sind auch emotional mit ihnen verbunden, wie Oliver Becker, Head of Growth bei der in Hamburg ansässigen Firma Finexity, einer digitalen Handelsplattform für alternative Anlagen.

Investieren in wertvolle Streichinstrumente

So konnten die Investoren eines Anlagevehikels von sehr wertvollen Streichinstrumenten die Violine «1845» von Jean-Baptiste Vuillaume live in der Elbphilharmonie in Hamburg erleben, die an das Hamburgische Staatsorchester verliehen ist.

Dass solche Investments auch finanziell lohnend sind, liess sich bereits durch erste Exits beweisen: Der Verkauf des Violinen-Bogens von Dominique Peccatte (1810-1874) brachte den Investoren eine realisierte Performance von jährlich mehr als 30 Prozent. Im Bereich Kunst brachte der kurzfristige Exit, zweier Prägedrucke von Guenter Uecker, eine realisierte Performance von gar mehr als 40 Prozent.

Enorme Bandbreite

Von Kunst über ausgewählte Weine und Diamanten bis hin zu Infrastrukturprojekten und Immobilien – die Bandbreite der digitalen Vermögenswerte hat in den vergangenen Jahren tatsächlich massiv zugenommen. Ein grosser Vorteil digitaler Asset ist, dass diese jederzeit 365 Tage rund um die Uhr zeichen- und handelbar sind, wie Becker betont.

Der Zeichnungsprozess ist zu 100 Prozent digital und regulatorisch (Stichwort: Know your customer, KYC) abgesichert. Ändern sich die Rahmenbedingungen, ist jeder Investor sofort handlungsfähig. Das durchschnittliche Alter der Investorinnen und Investoren liegt bei 48 Jahren und sinkt langsam. Ende 2020 lag das Alter noch bei 54 Jahren.

Banken müssen umdenken

Im Produktangebot der meisten Banken sind digitale Assets noch rar gesät, stellt Lerdo fest. Vor diesem Hintergrund gewännen digitale Assets als Wettbewerbsfaktor rasant an Bedeutung. Sie ermöglichen es den Anbietern nicht nur, sich im umkämpften Markt abzuheben, sondern tragen auch zur Stärkung der eigenen Position bei. Denn Kundinnen und Kunden suchen verstärkt nach Lösungen, die ihnen helfen, die Herausforderungen einer dynamischen Wirtschaftswelt zu bewältigen.

In diesem Umfeld ist es unerlässlich, dass Banken ein Umdenken vollziehen und sich den unausweichlichen Veränderungen anpassen. Sie müssen ihre Strategien überdenken, um die steigenden Erwartungen ihrer Kunden zu erfüllen, die Potenziale des digitalen Produktmarkts zu nutzen, um sich in einer komplexen, sich wandelnden Welt zu differenzieren.

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