Die Winde der Regulierung rund um digitale Vermögenswerte sind stark, wie Luis Maldonado in seinem Beitrag für finews.first feststellt. In den vergangenen Jahren hätten sich immer mehr Länder dazu entschlossen, Vorschriften zu erlassen. Dennoch sei die Debatte noch lange nicht abgeschlossen.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Märkte für digitale Vermögenswerte – zu denen Kryptowährungen, Stablecoins und andere Vermögenswerte gehören – haben in der Zeit nach 2020 eine rasante Expansion erlebt und sind von weniger als 17 Milliarden Dollar im Jahr 2017 auf erstaunliche 3 Billionen Dollar im Jahr 2021 gestiegen. Auf dieses spektakuläre Wachstum folgte jedoch ein starker Rückgang um mehr als 1 Billion Dollar bis Mitte 2022, ein Phänomen, das als Krypto-Winter bekannt ist und von dem sich die Märkte nur teilweise erholt haben.

Was die Akzeptanz digitaler Vermögenswerte angeht, so hat sich die Nutzer- und Anlegerbasis von nur 0,5 Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 2017 auf 3,4 Prozent im Jahr 2022 erheblich vergrössert, und einigen Marktschätzungen zufolge werden in den nächsten zwei Jahren mehr als 300 Millionen neue Nutzer hinzukommen, um bis 2025 mehr als 4 Prozent der Weltbevölkerung zu erreichen.

«Eine der ersten Herausforderungen ist das Fehlen einheitlicher Definitionen und Klassifizierungen»

Auch die Zahl und Vielfalt der digitalen Vermögenswerte hat sich in weniger als einem Jahrzehnt vervielfacht. Im Jahr 2013 gab es nicht mehr als hundert, heute sind es über 16‘000. Und trotz der hohen Abnutzungsrate dieser Vermögenswerte kommen weiterhin neue auf den Markt, nach Angaben der Europäischen Zentralbank etwa zehn neue Vermögenswerte pro Tag.

Vor diesem Hintergrund wächst der Konsens über die Notwendigkeit, das Ökosystem der digitalen Vermögenswerte zu regulieren. Eine solche Regulierung ist zwar offensichtlich notwendig, aber aufgrund der Verwendung dezentraler Technologien auch eine Herausforderung.

Die Verwendung von Open-Source-Plattformen in Verbindung mit der grenzenlosen Natur ihrer Anwendung und der schnellen und sich ständig weiterentwickelnden Landschaft erhöht die Komplexität der Regulierungsbemühungen zusätzlich. Eine der ersten Herausforderungen, mit denen jeder globale Ansatz zur Regulierung digitaler Vermögenswerte konfrontiert ist, ist das Fehlen einheitlicher Definitionen und Klassifizierungen.

«Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der grenzenlosen Natur digitaler Vermögenswerte»

Eine zweite Herausforderung für die Regulierung ist das Fehlen vollständiger und kohärenter Daten. Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) bereits mehrfach festgestellt hat, ist es aufgrund des Fehlens einheitlicher Standards für die Offenlegung von Daten durch die verschiedenen Börsenplattformen für digitale Vermögenswerte äusserst schwierig, aggregierte Daten zu analysieren, die eine umfassende Perspektive bieten und die Richtung der Regulierung vorgeben könnten.

Ein weiteres Problem, das mit dem Mangel an umfassenden Daten zusammenhängt, ist die Schwierigkeit, die systemischen Auswirkungen von digitalen Vermögenswerten und das Übergreifen über verschiedene Anlageklassen hinweg zu analysieren. Erste Analysen weisen darauf hin, dass die zunehmende Verbreitung digitaler Vermögenswerte, insbesondere seit 2020, und die wachsende Beteiligung institutioneller Anleger zu durchweg positiven Korrelationen mit Aktienindizes geführt haben.

Eine vierte Herausforderung ergibt sich aus der grenzenlosen Natur digitaler Vermögenswerte, die eine Aufsichts-Arbitrage ermöglicht und die individuellen Aufsichtskapazitäten der Länder erheblich reduziert, was für einen globalen Regulierungsansatz spricht. Die Tatsache, dass Überwachung, Kontrolle und Durchsetzung in den meisten Fällen auf verschiedene Länder verteilt sind, bedeutet jedoch, dass ein koordinierter globaler Ansatz besonders komplex ist.

«Die Ansätze zur Erreichung dieser Regulierungsziele unterscheiden sich von Land zu Land»

Wenn die nationalen Behörden mit der Regulierung digitaler Vermögenswerte beginnen, wollen sie die wichtigsten Regulierungsziele erreichen, wie die Wahrung der Finanzstabilität, die Gewährleistung des Anlegerschutzes – insbesondere für Kleinanleger – und die Verhinderung von Geldwäsche und Finanzkriminalität.

Trotz dieser Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Ansätze zur Erreichung dieser Regulierungsziele von Land zu Land. In einigen Fällen haben sich die Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträger für eine prinzipienbasierte Regulierung entschieden, die sich auf die Ergebnisse und erwarteten Folgen konzentriert, anstatt detaillierte Regeln vorzuschreiben.

Ein anderer, von vielen Regulierungsbehörden verfolgter Ansatz ist der risikobasierte Ansatz, bei dem ein Interventionsniveau in Abhängigkeit vom Risikoniveau festgelegt wird. In anderen Fällen, in denen die Regulierungsbehörde die Innovation fördern möchte, ist ein agiler Ansatz am besten geeignet, der häufig die Herausgabe von Leitlinien, die Annahme von Unbedenklichkeitsbescheinigungen oder die Einrichtung von regulatorischen «Sandkästen» umfasst.

«Die Vorschriften für das dezentrale Finanzwesen befinden sich noch in der Konsultationsphase»

Verschiedene Rechtsordnungen regeln in der Regel Folgendes: die Einrichtung von Lizenzierungs- und Registrierungssystemen für Börsen, Verwahrer und andere Intermediäre; die Ausweitung der AML/CFT-Anforderungen für Krypto-Aktivitäten; die Entwicklung von Vorschriften oder Leitlinien für die Vermarktung und Förderung digitaler Vermögenswerte; den Erlass von Vorschriften für Stablecoins; die Aufnahme besonderer Bestimmungen zur Gewährleistung des Verbraucher- und Anlegerschutzes; und Klarstellungen zur steuerlichen Behandlung digitaler Vermögenswerte.

Im Allgemeinen befinden sich die Vorschriften für das dezentrale Finanzwesen (DeFi) noch in der Konsultationsphase und sind noch nicht geregelt worden.

Internationale Finanzinstitutionen wie der IWF haben eindeutig die Notwendigkeit eines globalen und koordinierten Ansatzes für die Regulierung digitaler Vermögenswerte begründet. Der wachsende Umfang und die zunehmende Akzeptanz digitaler Vermögenswerte in Verbindung mit ihrer zunehmenden Verflechtung mit traditionellen Finanzsystemen hat die globalen Normungsgremien dazu veranlasst, die Veröffentlichung von Leitlinien und Empfehlungen zu beschleunigen.

«Die Debatte ist noch lange nicht abgeschlossen»

Die Winde der Regulierung rund um digitale Vermögenswerte sind stark, und in den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Länder dazu entschlossen, Vorschriften zu erlassen. Dennoch ist die Debatte noch lange nicht abgeschlossen.

Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger müssen in dieser Hinsicht weiter vorankommen, und zwar schnell, denn die Technologie entwickelt sich weiter und die Anwendungsfälle werden immer zahlreicher. Es ist an der Zeit, dass die Regulierung aufholt.


Luis Maldonado ist Professor für Wirtschaft und Finanzen an der IE University in Madrid sowie akademischer Direktor des Impact Xcelerator Financial Systems Lab.


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