Der Spitzenfussball in Grossbritannien und Europa zieht zahlreiche US-Investoren und Private-Equity-Häuser an, die ein riesiges Gewinnpotenzial sehen. Doch die neuen Geldgeber sind nicht überall gerne gesehen.

In der Vergangenheit hatten Eigentümer von Fussballvereinen oft einen Hang zu Romantik und Verbundenheit mit ihrem Club. Selbst als in den letzten 20 Jahren Milliardengelder von russischen Oligarchen und arabischen Prinzen in die Fussballligen flossen, galt der Besitz von Spitzenmannschaften zweifellos auch als Statussymbol.

Jetzt hat im europäischen Fussball eine neue Generation von Investoren das Spielfeld getreten, die einen härteren Ansatz verfolgt: das Streben nach Rendite. Die vor allem aus den USA stammenden Investoren sind überzeugt, dass die führenden Klubs in Europa unterbewertet sind, wenn man ihr Potenzial für eine weitere Kommerzialisierung in Betracht zieht. Deshalb sind sie bereit, auf dem Kontinent viel Geld auszugeben, wie aus einem Bericht von «Private Equity News» hervorgeht.

Brachliegende Einnahmen

Während die Vereine in der amerikanischen Major League Soccer im Durchschnitt mit 400 bis 500 Millionen Dollar bewertet werden, sei ein Einstieg in Europa in den kleineren Ligen zu viel niedrigeren Preisen möglich, meint etwa Jordan Gardner, ein US-Sportmanager, der in mehrere Vereine in Europa investiert hat.

Zudem lägen mit Fans und Vereinen weitere Einnahmen drin, indem Medienrechte verkauft, ins Ausland expandiert, Blockchain-Partnerschaften geknüpft oder Deals mit dem Verkauf von Daten angestrebt werden.

Britische Klubs auf dem Einkaufszettel

In Grossbritannien ist angesichts der Volatilität des Pfunds mit Übernahmen in den kommenden Monaten zu rechnen, glaubt Simon Howard, Chief Operating Officer für globale Finanzberatung bei Deloitte und Leiter der M&A-Transaktionsdienste für die Region EMEA.

Das bisher schlagzeilenträchtigste Geschäft des Jahres 2022 war die Übernahme des Chelsea Football Club durch die Private-Equity-Firma Clearlake Capital und Todd Boehly. Der US-Magnat leitete ein Konsortium, das den Verein vom russischen Oligarchen Roman Abramowitsch kaufte.

Deutschland windet sich

Sogar in Deutschland, einem Land mit einigen der strengsten Regeln in Europa in Bezug auf ausländisches Eigentum an Vereinen, scheint eine neue Investitionswelle bevorzustehen. Um die Lücken zu reicheren Fussballigen zu schliessen, haben Führungskräfte der Deutschen Fussball Liga, welche die Bundesliga betreibt, Gespräche mit Private-Equity-Firmen geführt, darunter Advent, Blackstone, Bridgepoint, CVC und KKR.

Diskutiert wird offenbar die Gründung eines Unternehmens, das die Medien- und kommerziellen Rechte der Bundesliga kontrolliert und diese mit bis zu 18 Milliarden Euro bewertet. Anschliessend sollen bis zu 4,5 Milliarden Euro durch den Verkauf eines 25-prozentigen Anteils an externe Investoren aufgebracht werden. Eine Vereinbarung würde den Vereinen wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres zur Abstimmung vorgelegt.

Vor einem Jahr schlossen bereits die spanische La Liga und die französische Ligue 1 Medienrechteverträge mit der Private-Equity-Gruppe CVC ab. Damals hatte auch die Bundesliga erwogen, 300 Millionen Euro durch den Teilverkauf der internationalen Fernsehrechte der Liga einzunehmen. Doch die 36 Mitgliedsvereine entschieden sich dagegen.

Italien lernt Disziplin

In Italien gilt die Übernahme des AC Mailand im Jahr 2018 durch den in New York ansässigen Investor Elliott Management als gelungenes Beispiel. Der US-Investor zog die Schrauben im Finanzbereich des Clubs an, indem er neue technische Direktoren einstellte, eine interne Gehaltsobergrenze einführte und jüngere Fussballspieler verpflichtete, die mit billigeren Ablösesummen und niedrigeren Gehältern auskamen.

Der Umschwung bei AC Mailand erregte die Aufmerksamkeit anderer amerikanischer Geschäftsleute. So wurden seit 2019 mit Atalanta, ACF Fiorentina, AS Roma, Parma, Spezia Calcio und Venezia gleich mehrere Clubs von US-Investoren gekauft.

Elliott verkaufte AC Mailand in diesem Jahr für geschätzte 1,2 Milliarden Dollar an Redbird Capital, eine in New York ansässige Private-Equity-Firma mit Schwerpunkt Sport. Diese Woche beginnt gemäss einem Bericht der «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) die Suche nach einem Käufer für Inter Mailand, den zweiten Traditionsclub der Stadt, der seit 2016 im Besitz des chinesischen Elektronikhändlers Suning ist.

Ein hartes Geschäft

Im Vergleich zu anderen europäischen Ligen stellt der italienische Fussball eine Reihe von Herausforderungen für Investoren dar. Die Serie A hat die zweitniedrigsten Übertragungseinnahmen der so genannten «Big Five»-Ligen. Lediglich die Bundesliga liegt gemäss Enders Analysis mit gerade einmal 270 Millionen Euro pro Jahr aus internationalen Fernsehrechten hinter der Serie A. Als Krösusse gelten dagegen die Premier League mit 2 Milliarden Euro und La Liga mit 900 Millionen Euro.

Der Handel mit Sportrechten gilt zwar als langfristiger Wachstumsmarkt. Solchen Verheissungen zum Trotz können den Investoren steigende Ablösesummen, Fanausschreitungen und drohende Verluste auf dem Spielfeld das Leben schwer machen. Oder wie es bei der Beratungsgesellschaft Deloitte heisst: «Es sind mehr Transaktionen gescheitert, als solche die sowohl auf finanzieller als auch aus fussballerischer Sicht erfolgreich waren.»