Schweizer Banker gehören zu den fleissigsten Nutzern von Netjets. Tatsächlich können die Geldhäuser einiges vom Businessjet-Anbieter im Besitz von Warren Buffett lernen, wie finews.ch recherchierte.

Der Flugkapitän, ein ehemaliger Militärpilot, hat keine Zeit mehr, sich am im Herbstlicht glitzernden Zürichsee unter ihm zu freuen. Gleich gilt es den Funkverkehr zu betreuen, ehe die Challenger 350 (Bild unten) in den Landeanflug Richtung Kloten einkurvt.

Einige Schritte weiter hinten ist von der Geschäftigkeit im Cockpit nichts mehr zu spüren. Ein schalldichtes Schott schluckt sämtlichen Lärm. In der Kabine des Privatjets herrscht leiser Luxus (Bild unten). Helles Leder, edle Hölzer, tiefe Sessel und grosse Fenster bestimmen das Ambiente. Die Luft wird zusätzlich befeuchtet. Der Kabinendruck ist gegenüber einem gewöhnlichen Linienflug erhöht. Das alles soll helfen, während der Reise frisch zu bleiben.

Viel Betrieb auf der Linie Zürich-London

Das kommt auch bei Schweizer Bankern gut an. «Der Finanzsektor ist sehr wichtig für Netjets, das zeigt sich insbesondere an den Linien Zürich-London und Genf-London, die sehr rege genutzt werden», sagt Carsten Michaelis, Senior Vice-President für Zentral- und Osteuropa von Netjets Europe, im Gespräch mit finews.ch.

Die zwei Schweizer Flughäfen zählen zu den meist angeflogenen Destinationen des führenden Business-Jet-Anbieters in Europa: Genf nach London und Zürich nach Paris und Nizza, wie Michaelis weiter ausführt.

Insgesamt 9'000 Flüge kamen so im letzten Jahr allein in der Schweiz zusammen. Entsprechend bezeichnet sich die Firma selber als die fünftgrösste Airline der Welt – obwohl Netjets im Private-Aviation-Sektor operiert und ihre Flieger in 14'000 Metern weit über den «gewöhnlichen» Linienflugzeugen verkehren.

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(Bild: NetJets)

Uber-Gründer Travis Kalanick als Bewunderer

Ihre weltweit 700 Flieger betreibt Netjets dabei nach einem Geschäftsmodell, dass aus der Timeshare-Industrie bekannt ist. Statt den eigenen Privatflieger im Hangar herumstehen zu lassen, besitzen reiche Privatleute und Konzerne Anteile an einem Netjets-Jet.

Sie erwerben so mindestens den Sechzehntel an einem Flugzeug respektive das Recht auf 50 Flugstunden pro Jahr. Eine Flugstunde ist dabei von 5'000 Euro an aufwärts zu haben.

Das Modell hat illustre Bewunderer gefunden. Börsen-Guru Warren Buffett, selber Besitzer von Privatjets, übernahm mit seiner Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway Netjets im Jahr 1998. Uber-Gründer Travis Kalanick wird das Diktum nachgesagt, Netjets sei ihm Vorbild für seinen Taxidienst-Disruptor gewesen.

Algorithmen hinter den Kulissen

Schweizer Kunden – rund 200 sind es Michaelis zufolge – rufen offenbar ebenfalls nach mehr. Im ersten Semester 2017 nahmen 5 Prozent mehr Passagiere die Dienste von Netjets in der Schweiz in Anspruch als im Vorjahr. Das Europageschäft wirft laut der Firma Gewinn ab – die genauen Zahlen bleiben geheim. «Gegenüber den Zeiten vor der Finanzkrise haben sich Nutzung und Preismodelle allerdings schon verändert», gibt Michaelis zu bedenken.

Profitables Wachstum, das ist angesichts des Versprechens der Businessjet-Betreiberin nicht selbstverständlich. Innert zehn Stunden, so die Werbung, stellt Netjets den Flug mit dem ausgewählten Flieger, der gewünschten Besatzung sowie dem individuellen Catering bereit. Wenn der Jet gerade nicht verfügbar ist, bietet die Firma das nächst grössere Flugzeug auf.

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(Bild: NetJets)

Was nach einem logistischen Alptraum klingt, bewältigt Netjets auch dank der Digitalisierung. «Für die Bereitstellung nutzen wir Algorithmen», sagt Michaelis. «Diese helfen, die Flüge zu überblicken und die Maschinen effizient um die Welt zu bewegen.»

Es gibt auch eine eigene Netjet-App zu einem Eignerportal, um Präferenzen einzustellen oder den Flugplan abzufragen.

Wofür Milliardäre und Manager gerne zahlen

Exklusivität, digitale Abwicklung, kritische Masse: Am Geschäftsmodell von Netjets können sich auch die Schweizer Banken ein Exempel nehmen, die doch mit ihren Diensten auf dieselbe vermögende Kundschaft zielen. An der Businessjet-Anbieterin zeigt sich auch, dass die fordernde Millionärs- und Manager-Klientel gerne für Dinge zahlt, die mit Geld schwer aufzuwiegen sind. Für Zeit, beispielsweise.

Gepäckaufgabe und Sicherheitskontrollen reduzieren sich am Privatjet-Terminal am Flughafen Zürich auf wenige Minuten. Nur Schritte entfernt steht dann schon die Maschine bereit. So ist das Check-in kein Ärgernis mehr.

Keine Angst vor der Digitalisierung?

«Die Mehrheit der von uns durchgeführten Flüge sparen Zeit ein. Wenn der Zeitgewinn einen Wettbewerbsvorteil bringt, dann betrachten die Kunden Netjets-Flüge als strategisches Tool – und sparen dieses nicht einfach weg», berichtet Michaelis.

Selbst vor der Digitalisierung scheint sich der Netjets-Manager nicht zu fürchten. «Skype und Videokonferenzen beeinflussen unser Geschäftsmodell weniger stark als gedacht. Wenn es um sehr wichtige Termine geht, dann wollen Entscheider nicht auf persönliche Treffen verzichten», sagt er.

Und natürlich sind die Jets mit WLAN ausgerüstet. Flachbildschirme steigen per Knopfdruck aus dem Kabinenmobiliar. Für die Videokonferenz auf 14'000 Metern Höhe.