Schneeparadies, Event-Destination, Wellness-Oase: Ischgl steht für vieles. Der Tiroler Ferienort besticht aber auch durch sein spezielles Finanzierungsmodell. Dies zeigt sich gerade in diesen Wochen.

Zum Ende der Wintersaison wird im österreichischen Ischgl nochmals gross aufgetischt. Bis Ende April treten Stars im Wochentakt auf: Nina Chuba, Andreas GabalierThe BossHossThe Black Eyed Peas

«Spring Blanc» nennt sich die Eventreihe in Anlehnung an den amerikanischen «Spring Break». So wild wie bei den US-Studentenpartys soll es in Ischgl aber nicht zu- und hergehen. Das heisst: nicht mehr. 

Das beschauliche Dorf in den Tiroler Bergen ist seit einigen Jahren redlich bemüht, sein Image zu korrigieren. Die Zeiten der überbordenden Aprés-Ski-Partys will man definitiv hinter sich lassen. So gilt etwa seit 2018 ab 20 Uhr ein Skischuhverbot. Damit will man vermeiden, dass Betrunkene spät abends klappernd durchs Dorf torkeln.

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im Jahr 2019 war Rockstar Lenny Kravitz in Ischgl zu Gast. (Bild: zVg)

Gault Millau listet für 2024 zehn Restaurants

Es geht nicht nur um den guten Ruf, sondern letztlich auch um viel Geld. Der Ort positioniert sich immer mehr im High-end-Bereich und hat dazu in den vergangenen Jahren viel investiert. Seit 1978 ist das Skigebiet mit jenem im schweizerischen Samnaun verbunden und umfasst 239 Pistenkilometer. 46 Lifte und Bahnen gibt es. Noch beachtlicher ist die Transportleistung: über 97’000 Personen pro Stunde. 

Am besten manifestiert sich der Wandel jedoch in der Gastronomie. Der Restaurantführer Gault Millau führt für Ischgl nicht weniger als zehn Restaurants auf. Eines davon befindet sich auf 2'300 Metern Höhe: das Alpenhaus. Die Weinkarte lässt keine Wünsche offen. Auch den Chardonnay «Gaja & Rey» D.O.C. 2021 für 475 Euro wird da serviert.

Kein Wunder, sagt Sommelier Harald Seidler: «Scheint die Sonne, knallen die Korken und nehmen die Euros Fahrt auf.» 2'500 Flaschen Champagner und 30’000 Flaschen Wein gehen in der Wintersaison über die Theke. Das schenkt ein. Die Gastronomie steuert rund ein Viertel zum Umsatz bei. 

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Kleines Dorf mit vielen Spitzenköchen. (Bild: zVg)

Reserven von mehr als 290 Millionen Euro

Seit knapp eineinhalb Jahren verfügt Ischgl zusätzlich über eine neue Therme. 80 Millionen Euro kostete der Bau. Angst wegen möglichen faulen Krediten muss niemand haben. Bezahlt haben den Vorzeigebau die Silvrettaseilbahn – ohne Fremdfinanzierung. Die Kassen der Seilbahn ist voll. Die Reserven belaufen sich auf über 296 Millionen Euro – ein absoluter Spitzenwert in der Branche.  

Dies ist auf die spezielle Finanzpolitik zurückzuführen. Zwar handelt es sich bei der Silvrettaseilbahn um eine Aktiengesellschaft. Doch die Anteilscheine werden fast ausschliesslich nur unter Einheimischen gehandelt. Dividendenauszahlungen sind nicht vorgesehen, auch nicht in Spitzenjahren. Der Überschuss wird konsequent für den Ausbau und die Erneuerung des Tourismusangebots verwendet oder auf die hohe Kante gelegt. 

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Silvretttatherme, Kostenpunkt: 80 Millionen Euro. (Bild: zVg)

Erstmals 100 Millionen Euro Umsatz

Deshalb kann sich die Bahn auch einen solchen Staraufauflauf zum Ende der Wintersaison leisten. Die Konzerte sind für sich allein betrachtet kein lukratives Geschäft, dafür ein umso grösserer Wertschöpfungsfaktor: Die Konzerte bringen Gäste ins Tal, die sonst um diese Jahreszeit nicht da wären, sprich: die Saison kann verlängert werden und Ischgl kann sich erst noch für den nächsten Winter empfehlen. 

Die Rechnung geht auf. Erst recht dieses Jahr. «Wir steuern auf einen Umsatzrekord zu: Wir dürften diesen Winter erstmals in der über 60-jährigen Geschichte unseres Unternehmens die 100-Millionen-Euro-Marke überschreiten», sagt Günther Zangerl, Vorstandsmitglied der Silvrettaseilbahn.