Zusammen mit der Pharma- und der Finanzbranche ist die Uhren-Industrie der wichtigste Exportsektor des Landes. An der diesjährigen Messe «Watches and Wonders» in Genf herrscht aber nur verhaltene Feierlaune.

Bei oberflächlicher Betrachtung ist alles bestens im Uhrenland Schweiz: Die Exporte erklommen im vergangenen Jahr mit 26 Milliarden Franken einen historischen Höchststand. (Zum Vergleich: Die Finanzbranche exportierte laut Leistungsbilanz der Nationalbank Dienstleistungen im Wert von 14 Milliarden Franken.)

Noch nie nahmen so viele Aussteller an «Watches & Wonders» in Genf teil, nämlich 54. Dafür wurde erstmals auch eine zweite Halle im Messe-Areal der Palexpo angemietet. Nicht weniger als 1700 Journalisten aus der ganzen Welt sind angereist. Es werden gegen 50'000 Besucherinnen und Besucher aus fast allen Ländern der Welt erwartet.

Kleinere Häuser weichen auf Hotels aus

Neben den offiziellen Ausstellern nehmen etwa 150 weitere Marken die Gelegenheit wahr, sich in Genf vorzustellen. Dabei handelt es sich vor allem um kleinere Häuser, die sich den finanziellen Aufwand eines Standes auf dem Palexpo-Gelände nicht leisten wollen, der sich rasch auf eine Million Franken belaufen kann. Sie mieten sich stattdessen in Hotels ein.

Der Boom in den vergangenen zwei bis drei Jahren hat viele neue Nischen-Produzenten hervorgebracht, die sich auf besonders exklusive Uhren spezialisieren, mit Preisschildern im oberen fünfstelligen und sechsstelligen Bereich.

Spürbare Vorsicht

Die Stände der offiziellen Aussteller werden Jahr für Jahr aufwändiger und origineller. Panerai hat diesmal zum Beispiel ein ganzes Schiff nach Genf bringen lassen. Und am Stand von Hublot, der so gross ist wie eine geräumige Stadtwohnung, schwebt ein Uhrwerk im Grossformat.

Doch obwohl die Uhren-Messe in quantitativer Hinsicht alle Rekorde bricht, ist im Gespräch mit den Uhren-Herstellern und -Händlern Vorsicht zu spüren. Auch die grossen Parties am Abend, für die die Branche bereits bei der früheren Baselworld, die 2019 letztmals stattfand, bekannt war, sind seltener geworden.

Sinkende Exporte seit Februar

Woran liegt es? Wie man hört, bekundet der weltweite Handel seit einiger Zeit zunehmend Mühe, die aus der Schweiz importierten Uhren tatsächlich auch zu verkaufen. Erstmals seit Jahren sank sogar der Export aus der Schweiz im Februar um 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Es besteht das Risiko, dass die aufgestauten Lagerbestände zu Rabattschlachten und zum Aufblühen des Graumarkts führen werden. Wie viele der in den letzten Jahren neu entstandenen superexklusiven Brands die drohende Konsolidierung überleben werden, ist eine Frage der Zeit.

Handwerkliche Seriosität

Angesichts der zuletzt eingetrübten Aussichten, betont die Branche ihre handwerkliche Seriosität. Jean-Frédéric Dufour, Chef von Rolex und Präsident der Watches & Wonders Stiftung, die die Messe auf gemeinnütziger Basis organisiert, warnte an der Eröffnung vor Selbstüberschätzung.

Die Schweizer Hersteller, so Dufour, müssten sich fortwährend mit neuen Modellen, Ideen und Verbesserungen profilieren. Und die Genfer Uhrenmesse sei der ideale Anlass, um diese Innovationen in die Welt hinauszutragen.

Mit Blick auf die zeitweise exorbitant gestiegenen Preise von gebrauchten Uhren, sagte er: Uhren seien keine Aktien, sondern Produkte mit jahrhundertealten Tradition von Handwerk und Design. Es sei ein Fehler, sie aus einer reinen Return-on-Investment-Perspektive zu betrachten.