Die Credit Suisse teilt Dutzende Private Banker in der Schweiz um, die UBS kauft für Hunderte Millionen Dollar zu: Die Schweizer Grossbanken machen vorwärts mit dem Private Banking unterhalb der Kaste der Superreichen.

Auf den ersten Blick sah das nach einer Hauruck-Massnahme bei der krisengeplagten Credit Suisse (CS) aus: Auch finews.ch berichtete zu Wochenbeginn über ein internes Schreiben des obersten Private-Banking-Chef Francesco De Ferrari an seine Kundenberater.

Im Memo wurde die Umteilung von in der Schweiz gebuchten CS-Kunden angekündigt. Wer weniger als 20 Millionen Franken bei der Bank verwalten lässt und keine komplexen Dienste benötigt, wird künftig von der Einheit Private Banking International (PBI) unter Raffael Gasser bedient. Mit den Kunden zügeln auch Banker. Bis zu einem Drittel der Kundenberater im hiesigen Offshore-Banking, die derzeit noch nicht PBI unterstellt sind, sollen dorthin versetzt werden.

Pläne schon im Juni dargelegt

Tatsächlich war schon länger mit De Ferraris «Move» zu rechnen. Gassers Einheit besteht seit drei Jahren; damals hatte die CS in Anlehnung an die im Heimmarkt praktizierte Segmentierung begonnen, im Offshore-Geschäft zwischen Superreichen (UHNW) und Millionärskunden (HNW) mit klassischen Finanz-Bedürfnissen zu unterscheiden.

Das Geschäft mit letzteren will De Ferrari nun nochmals beschleunigen, wie er bereits anlässlich des Investorentags vom vergangenen Juni in Aussicht stellte.

Der «Sweet spot» aus der Sicht des italienisch-schweizerischen Vollblut-Privatbankers: Das HNW-Geschäft bildet den grössten Ertrags-Pool im gesamten Wealth Management, wirft wiederkehrende Gebühren ab und kann effizient bedient werden. Das soll sich für die Kundschaft rechnen, aber auch für die Bank. So beträgt das Kosten-Ertrags-Verhältnis von Gassers PBI gerade mal 55 Prozent – viel besser als die 93 Prozent, welche die CS-Divison Wealth Management im vergangenen zweiten Quartal ausgewiesen hat.

Transfer soll rasch abgeschlossen sein

Zustande kommt dies auch durch niedrigere Kosten für Betreuung und Administration – nicht jeder Dienst an PBI-Kunden muss in Manufaktur geleistet werden. Wie es im Umfeld der Bank heisst, habe die Einheit in den vergangenen drei Jahren einen «Track-record» aufbauen können und geniesse bei Bankern und Kunden einen guten Ruf; der Transfer der Kundenberater soll nach intensiver Vorbereitung nun innert zwei Monaten abgeschlossen sein.

Der neue HNW-Zugang soll in einem weitern Schritt auch in Hongkong und Singapur ausprobiert werden, wünscht sich Asien-Veteran De Ferrari.

Es sind 45 Milliarden Dollar zu verdienen

Der CS-Manager ist damit kein einsamer Rufer in der Wüste. Denn wie sich zeigt, liegt das Private Banking für die Massen auch bei der Beratergilde schwer im Trend. Die Beratungsfirma Oliver Wyman sprach in diesem Zusammenhang kürzlich von «Wealth Management 3.0». Dieses zeichnet sich laut dem Papier durch modulare Dienstleistungen aus, die einer viel breiteren Kundschaft und dennoch massgeschneidert angeboten werden können.

Derzeit, rechnen die Wyman-Berater vor, liegt die Marktdurchdringung der Privatbanken bei vermögenden «Affluent»-Kunden und HNW bei höchstens 20 Prozent. Bis 2026 seien aber in diesem Markt Ertragsströme im Umfang von 45 Milliarden Dollar zu holen – und bis in vier Jahren könnten schliesslich zwei Drittel aller Private-Banking-Erträge aus diesem Segment stammen.

Durch den Einsatz von Technologie lassen sich zudem die Kosten für die Bearbeitung der Kunden massiv senken: Von 20’000 Dollar pro Klient im traditionellen Beratermodell auf 2’000 Dollar im vorab digitalen Kundenkontakt.

Megadeal mit Ansage

Vor dem Hintergrund solcher Zahlenspiele wird besser verständlich, warum die UBS Anfang Jahr rund 1,3 Milliarden Franken für den amerikanischen digitalen Vermögensverwalter Wealthfront bezahlt hat. Mit einer knappen halben Million Nutzern ist dessen Kundenpool zwar noch nicht riesig; die vom niederländischen Digitalisierungsprofi Ralph Hamers gelenkte Grossbank hat mit der Übernahme allerdings einen weiteren Horizont im Blick.

«Durch die Übernahme von Wealthfront kommen wir unserem langfristigen Ziel näher, skalierbare, digitale Wealth-Management-Dienstleistungen für vermögende Anlegerinnen und Anleger anzubieten», erklärte Hamers damals. Die Oliver-Wyman-Berater hätten es nicht besser sagen können.

Die UBS betreibt die Segmentierung ihrer Private-Banking-Kunden schon seit Jahren und mit dem einen oder anderen strategischen Schlenker. So schuf die grösste Privatbank der Welt im Jahr 2017 eine eigene Einheit für die Bedienung von Superreichen unter der damaligen Leitung von Josef Stadler. Zwei Jahre später fand sich dessen Reich bereits wieder in Auflösung, es wurde bis auf das Geschäft mit Family Offices den einzelnen Regionen zugeschlagen.

UBS konsequent bei europäischen Kunden

Vergangenen März folgte mit der Gründung der Einheit Global Family & Institutional Wealth (GFIW) ein weiterer Paukenschlag. Der Bereich wird mit George Athanasopoulos nun von einem Investmentbanker geführt.

Daneben nahm die Grossbank auch im HWN- und Affluent-Geschäft immer wieder Anläufe. Die mit Technologie unterlegten Vermögensverwaltungs-Mandate «Advice» und «My Way» zeigten in diese Richtung. Am konsequentesten setzte wohl UBS-Europachefin Christine Novakovic die Ausrichtung auf Millionärs- und vermögenden Kunden durch. Mit Vermögen unter 5 Millionen Dollar gilt man bei der Europabank als «Private Client», unter 500’000 als «Mass Affluent».

Je tiefer die Vermögen, desto mehr gelangen dabei standardisierte Produkte zum Einsatz – die Ergebnisse der vergangenen Jahre scheinen Novakovic nun recht zu geben.

Das Gras wächst nicht schneller

Kritiker mögen monieren, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn daran gezogen wird. Ebenso gilt, dass sich Private Banker oftmals auf die grössten Kunden in ihrem Buch konzentrieren und die Bedürfnisse der kleineren Vermögen hintan stellen. Wie es von Kennern der Materie heisst, kann dem Phänomen aber begegnet werden, indem man genügend grosse Teams für die jeweiligen Kundensegmente schafft und diesen bankintern Aufmerksamkeit zukommen lässt. Auch das ist ein Argument für die Segmentierung.

Das spricht sich herum. Kleinere Schweizer Privatbanken, die sich gerne nobel von UBS und CS abzuheben versuchen, nehmen es bei der Mindestanforderung an Kundenvermögen inzwischen nicht mehr so genau, wie Recherchen von finews.ch unlängst zeigten. Die Institute tun dies in der Hoffnung auf zukünftige Vermögensbildung: Die mindest-Million von einst weicht also dem Millionen-Potenzial, das dereinst seinen Weg in die Depots der Privatbanken finden soll.

Raiffeisen ist schon da

Die Königsdisziplin des Swiss Banking nimmt damit Kurs auf den Massenmarkt, und trifft dort am unteren Ende auf Kontrahenten, welche die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt haben. Wie etwa Raiffeisen-Chef Heinz Huber am vergangenen Mittwoch erklärte, forcieren die Genossenschaftsbanker derzeit Vermögensverwaltungs-Mandate mit einer Eintrittschwelle von 50’000 Franken.

Von diesen Depots sind bei den Raiffeisenbanken im vergangenen Halbjahr deren 225 eröffnet worden – pro Tag.

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