Passive Finanzprodukte erfahren enorm hohe Mittelzuflüsse. Aber ist diese Anlageform in Erwartung einer Normalisierung der Geldpolitik durch die Zentralbanken noch adäquat?

Richard Mooser ist CIO & Head of Fixed Income (CHF) bei AXA Investment Managers Schweiz. Er schreibt monatlich abwechselnd mit Franz Wenzel eine Kolumne für finews.ch.

In einem Umfeld, in dem Investoren einen möglichst kosteneffizienten Zugang zu den verschiedenen Finanzmarkt-Segmenten suchen, ist es wenig erstaunlich, dass Exchange Traded Funds (ETF) einen hohen Zulauf geniessen. Kotierte ETF und andere passive, indexierte Anlageformen haben auch im abgelaufenen Jahr unvermindert hohe Mittelzuflüsse erlebt und Ende November 2017 ein weltweites Anlagevolumen von 4,7 Billionen Dollar erreicht.

Aber ist diese Anlageform in Erwartung einer Normalisierung der Geldpolitik durch die Zentralbanken tatsächlich weiterhin adäquat? Sind Studien, wonach 86 Prozent aller aktiv bewirtschafteten Fonds ihren Referenzindex über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren nicht schlagen konnten, in die Zukunft projizierbar? Werden Märkte durch einen immer grösser werdenden Anteil an passiven Anlageinstrumenten ab einem gewissen Punkt weniger effizient, so dass aktive Strategien mehr Alpha erzielen können?

Diverse Quellen von Alpha

Basierend auf den Erkenntnissen der Amerikaner Fischer Black und Jack Treynor wird bereits seit den frühen 1970er-Jahren zwischen aktiven und passiven Anlagestrategien unterschieden und die Effizienz der einzelnen Märkte untersucht. Je effizienter und liquider das jeweilige Segment sei, desto eher biete sich ein passiver Anlagestil an. Bei ineffizienten Märkten hingegen sei das Erzielen von Überrenditen durch eine aktive Titelselektion sehr wohl möglich.

In diesen meist kleineren und weniger liquiden Nischenmärkten können mit dem nötigen Fachwissen diverse Quellen von Alpha genutzt werden. Dazu gehören Arbitrage bei Preisverzerrungen, aber auch Transaktionsgewinne, die durch die Bereitschaft des aktiven Managers, opportunistisch selber Liquidität in Form von An- und Verkaufspreisen zur Verfügung zu stellen, erzielt werden.

Einige Fragen stellen

Unter bewusstem Verzicht, auf die Thematik Markteffizienz und Investorenverhalten weiter einzugehen, lohnt es sich heute mehr denn je, vor der Wahl eines passiven oder aktiven Investitionsansatzes, einige konkrete Fragen zu stellen. Dies trifft im Besonderen auch für festverzinsliche Anlagen zu. Gibt es eine gegenläufige Abhängigkeit zwischen hoher Liquidität und Marktrisiko?

Wird die Wahl des vermeintlich richtigen ETF aufgrund der Grösse und Liquidität des zugrunde liegenden Marktes getroffen, so wird meist in ein Produkt investiert, das in der Regel die grössten und liquidesten Emittenten berücksichtigt. Der Anleger ist im Rahmen einer passiven Investition an einen marktkapitalisierten Index gebunden.

Gefährliche Risikokonzentration

Das damit verbundene Hauptproblem ist bekannt: In vielen Fällen investiert der Index in die am höchsten verschuldeten Emittenten der jeweiligen Märkte. Ein Beispiel dafür ist der ICE BofAML Global Corporate Bond Index, in dem die zehn schwergewichtigsten Schuldner 25 Prozent des gesamten Index ausmachen.

Eine solche Risikokonzentration auf einige wenige grosse Emittenten erhöht die Verletzlichkeit der Anlage im Falle systemischer Risiken, aber auch bei Korrekturen nach einer Überhitzungsphase. Der Investor muss sich deshalb ein genaues Bild über die Konzentration der Risiken in Bezug auf Regionen, Sektoren oder einzelne Emittenten machen und wie damit in passiven Anlagegefässen umgegangen werden soll.  Aber sind ETF tatsächlich auch eine kostengünstige Lösung?

Unsinnige Indexregeln

Passivinvestitionen, die einen Index nachbilden, müssen – teilweise unsinnigen – Indexregeln folgen, was zu unnötigen Transaktionskosten führt. Dies beispielsweise durch den Verkauf von Titeln wegen einer Herabstufung des Ratings oder von Anleihen, deren Restlaufzeit unter zwölf Monate fällt. Gerade in Situationen von Bonitätsherabstufungen erfolgt die erzwungene Veräusserung meistens im denkbar ungünstigsten Moment.

Beobachtungen belegen, dass sich die Preise von Anleihen im Anschluss an einen solchen herdengetriebenen Abverkauf oft wieder kräftig erholten. Untersuchungen des Researchs von Barclays zeigen, dass solche Zwangsverkäufe im Durchschnitt 0,25 Prozent Minderertrag pro Jahr verursachen. Es ist deshalb essenziell, sich darüber zu informieren, ob das gewählte Anlagevehikel wegen unnötiger Transaktionskosten eine suboptimale Performance aufweist.

Gebühren als wichtiges Argument

Liefern ETF auch unter Berücksichtigung des Reinvestitionseffekts langfristig ansprechende Erträge? Im Allgemeinen schütten Fixed Income ETF die Einkünfte aus Zinszahlungen als Dividende aus. Abgesehen von einem kurzfristig positiven Effekt entgeht dem Investor dadurch langfristig betrachtet der mögliche Reinvestitionseffekt auf diesen Erträgen. Der über einen längeren Zeitraum hinweg agierende Anleger sollte sich bei der Auswahl seiner Investition darüber im Klaren sein.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass passive Strukturen durchaus sinnvolle Investitionsmöglichkeiten darstellen, aber nur wenn sie umsichtig ausgewählt werden und der Anleger die zugrunde liegenden Risikofaktoren kennt. In weniger effizienten Märkten, also den eher illiquiden Nischenbereichen, bieten aktive Ansätze jedoch attraktivere Möglichkeiten, was sich am Beispiel des Franken-Obligationenmarkts klar belegen lässt. Generell gilt: Gebühren sollen beim Investieren ein wichtiges Argument sein, jedoch nicht unter Ausblendung der erzielbaren (Über-) Performance.

Ähnlich tiefe Kosten

Zudem bietet sich bei festverzinslichen Anlagen auch bei liquiden effizienten Märkten ein weiterer möglicher Investitionsansatz an, der niedrige Gebühren aufweist und die negativen Folgen indexierten Investierens beseitigt: Kaufen und Halten.

«Buy and Maintain-Strategien» legen ihr Schwergewicht auf eine konservative Portfolio-Konstruktion und sind darauf ausgerichtet, Klumpenrisiken in Bezug auf Regionen, Sektoren und Emittenten zu vermeiden. Dank eines ausgeprägt aktiven Prozesses der Portfolio-Konstruktion, fortwährender Überwachung der Kreditqualität und einer stets zeitnahen Reinvestition der anfallenden Erträge können langfristig orientierte Investoren eine attraktive Performance erzielen – und dies zu ähnlich tiefen Kosten wie sie bei ETF anfallen, aber ohne deren Nachteile..


Richard Mooser 502Richard Mooser ist seit Mai 2017 Chief Investment Officer (CIO) und leitet seit gut fünf Jahren das Fixed Income Team. Er stiess im Januar 2008 als Senior Fixed Income Portfoliomanager zu Axa Investment Managers. Er ist für verschiedene Versicherungsportfolios und für den gemischten Retail Obligationen Fond (CHF) sowie für gewisse Kreditsektoren im Obligationen-Universum (CHF) verantwortlich. Bevor Mooser zu Axa Investment Managres kam, war er Leiter des Fixed Income Trading bei der Deutschen Bank in Zürich. Davor war er bis 1994 bei der UBS Zürich für den Handel und die Platzierung von Franken-Obligationen im Primärmarkt verantwortlich. Er besitzt das Schweizer Diplom für Finanzanalysten und Vermögensverwalter sowie das internationale Diplom «Certified International Investment Analyst».

 

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