Die Nationalbank dämpft die Erwartungen und grenzt sich ab

In den letzten Jahren war selten ein Zinsentscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) so unspektakulär wie derjenige vom Donnerstag. Wie von den Märkten, Bankökonomen und Finanzanalysten erwartet bleibt der Leitzins, wo er ist, nämlich auf 0 Prozent. Auch die Schätzung der SNB für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) 2025 fällt mit 1 bis 1,5 Prozent unverändert aus. Und die (neue) BIP-Prognose für das kommende Jahr liegt mit «knapp 1 Prozent» im erwartbaren, eher vorsichtigen Bereich.

Die Inflationsprognose, ein zentrales Instrument für die Kommunikation der Geldpolitik, hat sich gegenüber Juni ebenfalls kaum verändert. Sie beträgt für 2025 und die beiden kommenden Jahre 0,2, 0,5 und 0,7 Prozent.

Apropos Kommunikation: Der für die «SNB Watchers» unzweifelhaft spannendste Teil der Medienkonferenz, an der das Direktorium unter Präsident Martin Schlegel (der am 1. Oktober genau ein Jahr im Amt sein wird) in den «einleitenden Bemerkungen» den Zinsentscheid präsentierte und begründete, waren die Ausführungen zur bereits in der ersten Septemberhälfte angekündigten Publikation einer Zusammenfassung der geldpolitischen Diskussion.

Premiere erst in vier Wochen 

Allerdings braucht es bis zu deren Lektüre noch etwas Geduld: Die erste solche Zusammenfassung, die sich auf die im Vorfeld des aktuellen Entscheids geführte Diskussion bezieht, wird erst in vier Wochen veröffentlicht. Sie soll gemäss Schlegel besonders zum Ausdruck bringen, wie das Direktorium Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds abschätzt und welchen geldpolitischen Handlungsbedarf es daraus ableitet.

Der Präsident war aber auch bemüht, die Erwartungen an diese «kommunikationspolitische Lockerungsmassnahme» (die SNB hatte in der Vergangenheit eine Offenlegung des Diskussionsverlaufs kategorisch abgelehnt) zu dämpfen. «Das Direktorium ist eine Kollegialbehörde, die ihre Entscheide mit einer Stimme nach aussen vertritt. In den Zusammenfassungen werden verschiedene Überlegungen und Argumente aus der Diskussion dargelegt, diese werden aber nicht einzelnen Direktoriumsmitgliedern zugewiesen.»

Pflege der offenen Diskussionskultur

Wichtig ist Schlegel zudem, dass die Zusammenfassungen einer gesunden Diskussionskultur Sorge tragen. «Wir diskutieren an unseren Lagebeurteilungen offen und vor allem ergebnisoffen.» Und in der Fragerunde gab er auch schon einen Hinweis auf den Umfang und damit auf den Detaillierungsgrad. Die Kurzprotokolle werden vier bis fünf Seiten umfassen.

Wie bereits bei der letzten Lagebeurteilung im Juni unterstrich Schlegel zudem, dass die Hürde für einen Zinsschritt in den negativen Bereich hoch sei, höher als bei einer Zinssenkung oberhalb der Nulllinie. Direktoriumsmitglied Petra Tschudin führte aus, dass ein Leitzins im negativen Bereich geldpolitisch zwar grundsätzlich funktioniert (wie in der Periode von 2015 bis 2022), allerdings mit Nebenwirkungen für Sparer, Pensionskassen usw. verbunden ist.

Weshalb die Hürde zum Negativzins hoch ist

Zudem verändert sich bei Negativzinsen der Transmissionsmechanismus, weil Banken bei der Weitergabe an die Sparer (Passivseite) zögern und umgekehrt versuchen, sich im Aktivgeschäft schadlos zu halten. Deshalb falle die Kosten-Nutzen-Abwägung bei einem Zinsschritt unter Null etwas anders aus, hielt Tschudin fest. Schlegel ergänzte, der Negativzins habe von 2015 bis 2022 durchaus funktioniert, mit Blick auf das damalige Ziel, die Attraktivität des Frankens zu schmälern.

Zwar ist der Wechselkurs auch heute für die SNB eine wichtige Grösse (sie hat routiniert erneut ihre Bereitschaft bekundet, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren) doch stellt die Frankenbewertung für die Einhaltung des Preisstabilitätsmandats aktuell kein akutes Problem dar.

Einwanderung ist Sache der Politik, die Zölle sind ein Problem des Bundes

Schlegel legte auch Wert darauf, weitergehende Erwartungen zu dämpfen. Auf den Vorwurf, die SNB habe mit ihrer expansiven Geldpolitik in den letzten Jahren die Zuwanderung befeuert, konterte er: «Das ist eine politische Frage, die auch von der Politik beantwortet werden muss.» Ziel der SNB sei es, ihr Mandat in dem gegebenen Umfeld zu erfüllen.

Und beim Zollstreit mit den USA nahm der Präsident ebenfalls eine klare Abgrenzung vor: «Die Handelspolitik ist Sache des Bundes.» Dass die USA die Schweiz auf der Liste der potenziellen Währungsmanipulatoren führen, nahm er gelassen. Man stehe seit Jahren in einem intensiven Austausch mit der US-Notenbank und dem Treasury (Schatzamt) – und nein, man lasse sich in der Geldpolitik nicht einschränken und greife auch zu Devisenmarktinterventionen, wenn dies in einer konkreten Situation das beste Instrument sei.