Die Schweiz hätte den Steuerstreit mit den USA vermeiden können, ist der Rechtsanwalt Daniel Levin überzeugt. Doch weder die Politik noch die Banken hätten genügend Weitsicht bewiesen, erklärt er im Interview mit finews.ch.  


Herr Levin, beruflich beraten Sie als Anwalt Politiker und Wirtschaftsführer. Nun haben Sie ein Buch über Scharlatane und Hochstapler geschrieben. Warum sind Sie solchen Leuten überhaupt auf den Leim gekrochen?

Mich erstaunt, dass Sie das erstaunt. Schliesslich leben wir in einer Welt, in der viele Leute nicht das sind, was sie vorgeben. Und in Krisengebieten gibt es noch viel mehr Gelegenheiten für Scharlatane, indem sie anderen Menschen Hoffnungen machen, um sie dann auszunützen.

Sind Sie im Laufe der Zeit klüger geworden?

Ich hoffe es, indem ich vermehrt auch auf kritische Stimmen gehört habe, von meiner Frau oder von Geschäftspartnern, und weil ich selber effizienter wurde und Dinge, die nicht gut sind, schneller abbrach. Mit der Zeit spürt man eher, was eine Person von einem will.

«Je mehr Geld und Macht im Spiel sind, desto häufiger kommen solche Menschen vor»

Man muss aber auch den Mut haben, Fehler zu begehen, sich zu blamieren. Das ist nicht das Ende der Welt. Ich wünschte, ich hätte alles richtig gemacht und wäre viel weiser heute. Aber es ist lächerlich, so etwas von sich zu behaupten.

Kommen Hochstapler mancherorts häufiger vor?

Je mehr Geld und Macht im Spiel sind, desto häufiger kommen solche Menschen vor – das ist in der Politik wie in der Wirtschaft der Fall. Nehmen Sie nur schon den Fall Bernie Madoff. Es gibt viele falsche Freundschaften, die plötzlich weg sind, wenn der Zweck nicht mehr gegeben ist.

Welche Erfahrungen haben Sie in der Finanzbranche gemacht?

Als Anwalt habe ich mich mit Kapitalmarktfragen, Börsengängen und internen Untersuchungen befasst – zunächst für eine grosse Kanzlei namens Shearman & Sterling, später selbstständig. Nach der Jahrtausendwende war ich auch für die Schweizer Grossbanken tätig. Es hat mich dabei überrascht, wie wenig diese Institute auf einen Paradigmenwechsel vorbereitet waren.

Wie meinen Sie das?

Ich meine hier nicht nur das Bankgeheimnis, sondern vor allem die Möglichkeit, dass irgendwann ein politischer Sturm aufkommen konnte, der alles erschütterte, aus welchem Grund auch immer, sei das nun eine Finanz- oder eine politische Krise – oder eine Kombination von beidem. Wie wenig die grossen Finanzakteure darauf vorbereitet waren, hat mich verwundert.

Mit anderen Worten, man hätte den Paradigmenwechsel im Swiss Banking sehen können?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.48%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.52%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.3%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.37%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.33%
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