Ein Ländervergleich der Fintechindustrien zeigt, dass sich die Schweiz zur europäischen Hochburg gemausert hat. Bei einer Schlüsselfrage aber scheint es noch zu hapern.

Man kann es nicht anders formulieren: Deutschland weist im Bereich Fintech in absoluten Zahlen eine erbärmliche Entwicklung auf. Die Bundesregierung zählte im Jahr 2018 gerade mal 90 Fintech Startups, und das in Europas grösster Wirtschaft, während zum Beispiel Grossbritannien mit 464 fünf Mal so viele nachwies. Die deutsche Regierung stützte sich in ihrer Antwort auf eine parlamentarischen Anfrage auf Zahlen des Europaparlaments, wie das deutsche «Handelsblatt» berichtete.

Natürlich: Deutschland mag zwar wenige, hat dafür aber einige erfolgreiche Fintechs hervorgebracht. Beispiele dafür sind N26, die Mobile Bank, welche dieses Jahr in der Schweiz Fuss fassen möchte. Oder auch die Fidor Bank, welche Kredite mit Negativzinsen auf den Markt geworfen hat.

Die Nase vorn

Gleichwohl, die Bilanz der Schweizer Fintech-Szene steht zumindest zahlenmässig deutlich besser da: Ende 2018 gab es in der Schweiz 356 Fintechs, wie eine separate Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern ergab. Natürlich ist bei einem direkten Vergleich zweier Studien Vorsicht geboten, aber der Trend scheint eindeutig: die Schweizer Finanzbranche, die während Jahrzehnten für Tradition und ewige Werte stand, bewegt sich, und sie bewegt sich auf einem hohen Niveau.

«Im weltweiten Fintech-Hub-Ranking stehen die Städte Zürich und Genf weiterhin auf Platz zwei, respektive drei» schreiben auch die Autoren der Hochschule Luzern. «Durch die exzellenten Bedingungen können die Schweizer Fintech-Unternehmen dem Rückgang der traditionellen Finanzinstitutionen entgegenwirken.»

Politische Unterstützung

Dabei fällt auf, dass Bundesbern die traditionellerweise vorsichtige Haltung zugunsten einer aktiveren Industriepolitik geopfert hat. Sowohl der mittlerweile zurückgetretene Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann als auch Finanzvorsteher Ueli Maurer haben sich pointiert positiv zur Entwicklung der Finanztechnologie geäussert und entsprechende politische Unterstützung zugesichert.

So hat der Bundesrat im Dezember 2018 beispielsweise den Bericht der Arbeitsgruppe «Blockchain/ICO» verabschiedet und damit die Verwaltung beauftragt, Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen vorzubereiten, damit die Schweiz die Chancen der Digitalisierung optimal nutzen kann. Diese Arbeiten sollen im ersten Quartal dieses Jahres abgeschlossen werden.

Schweizer holen weniger Kapital

Die Haltung der Schweizer Politik kontrastiert offenkundig mit derjenigen der deutschen Regierung, die zwar rhetorisch ebenfalls aufgerüstet hat, aber bei der Umsetzung hinter den Ansprüchen zurückbleibt.

Frank Schäffler, der Abgeordnete der deutschen FDP, der die erwähnte Anfrage bezüglich Fintechs in Deutschland formuliert hatte, sagte gemäss «Handelsblatt», dass die Grosse Koalition sich lieber mit sich selber beschäftige, als die nötigen Rahmenbedingungen für Zukunftstechnologien zu schaffen, denn: ein Startup brauche ein anderes Aufsichtsregime als eine Privatbank.

Was auffällt beim Vergleich der zwei Studien ist das Missverhältnis bei der Finanzierung der Fintechs. Schweizer Fintechs haben letztes Jahr zwar mehr Risikokapital angezogen (324 Million Franken gegenüber 130 Millionen im Vorjahr). Dazu kamen 15 «Initial Coin Offerings» (ICO) die zusätzlich 386 Millionen Dollar generierten (2017: 16 ICO erbrachten 668 Millionen Dollar).

Britische Giesskanne

In Deutschland aber haben Fintechs in den ersten neun Monaten von 2018 rund 630 Millionen Euro angezogen. Damit hätten die vergleichsweise wenigen deutschen Fintechs in etwa gleich viel Geld gesammelt wie die viermal zahlreicheren Schweizer Kollegen. Ganz zu schweigen von den britischen Fintechs, die gemäss Studie 13,6 Milliarden Euro erhalten haben.

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