Nach dem grossen Whistleblower-Skandal bei Schweizer Vermögensverwalter GAM kehrte der Interims-CEO David Jacob mit dem eisernen Besen. Jetzt wechselt er auf den Präsidentenposten und übergibt das Zepter an einen neuen CEO. Wie es nun weitergeht, erklärt er im Interview mit finews.ch.


David Jacob, was war die schwierigste Aufgabe, mit der Sie in den vergangenen neun Monaten als Chef von GAM konfrontiert waren?

Da gibt es tatsächlich einige. Ich war mir schmerzhaft bewusst, dass wir unsere Kunden in eine schwierige Lage gebracht hatten und wir sie da wieder herausholen mussten. Die Tatsache, dass wir ein kotiertes Unternehmen sind, führte ausserdem dazu, dass diverse Interessengruppen uns ständig im Auge behielten – einschliesslich der Presse.

Auf welche Leistungen sind Sie persönlich stolz?

Stolz ist hier vielleicht das falsche Wort. Man kann nicht sagen, dass man stolz auf den Umstand ist, dass man ein Jahr brauchte um den Kunden ihr Geld zurückzuzahlen. Da wir von Anfang an jedoch keine andere Wahl hatten, lag unser Hauptaugenmerk auf einer fairen Behandlung aller unserer Kunden. Und ich glaube, dass wir genau das erreicht haben.

«Bis Ende 2019 wird eine Handvoll Stellen verschwinden»

Wir haben bei allen betroffenen Fonds sofort jegliche Verwaltungsgebühren eingestellt und in unseren Prognosen bezüglich der Rückzahlungs-Intervalle absolut transparent. Alle diese Meilensteine haben wir fristgemäss erreicht. Diese Massnahmen ermöglichten es uns, eine durchschnittliche Rückzahlungsquote von 100 Prozent zu erreichen und so einen gewissen Wert für unsere Kunden zu erhalten.

GAM hat vergangene Woche sein Edelmetall- und Geldmarktgeschäft an die Zürcher Kantonalbank verkauft. Stehen noch weitere Veräusserungen an?

Vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten. Aber ich denke, dass unsere Produktlinie nun mehr oder weniger die richtige Ausgestaltung hat. Ich kann mir keine weiteren, grösseren materiellen Veränderungen vorstellen.

Wie viele Fondsmanager oder Mitarbeiter werden durch den Verkauf an die Zürcher Kantonalbank das Unternehmen verlassen müssen?

Bis Ende dieses Jahres wird eine Handvoll Stellen verschwinden.

Abgesehen von den spezifischen Problemen, die GAM in der jüngsten Zeit befielen, haben kleinere und mittlere Vermögensverwalter wie Sie überhaupt noch eine Zukunft?

Seit Mitte der 1990er-Jahre gibt es jede Menge Schwarzmaler, die den Untergang mittelgrosser Vermögensverwalter prophezeien. Doch wenn man sich diese Zeitspanne der vergangenen zwanzig Jahre anschaut, dasnn gibt es eigentlich immer noch sehr viele solcher Unternehmen.

«Wir sind vom Rentabilitätsapsekt jetzt in einer sehr spannenden Position»

Ich glaube auch, dass GAM mit seinem wirklich unverwechselbaren Investments ein einzigartiges Angebot besitzt, dass den Kunden hilft, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

Befindet sich GAM nach dem Verlust mit den Absolute-Return-Bonds (ARB) in einer schwächeren Position?

Im Gegenteil. Wir sind vom Rentabilitätsapsekt jetzt in einer sehr spannenden Position. Ich bin sogar zuversichtlich, dass wir nach dem Wegfall der ARB-Fonds alle Chancen haben, auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

GAM bleibt also unabhängig?

Wie Sie in den vergangenen Monaten beobachten konnten, konzentrieren wir uns zunächst einmal darauf, die Dinge ins Lot zu bringen, um das Geschäft einwandfrei zu führen und wieder zu wachsen. Andererseits ist es Aufgabe des Verwaltungsrats, alle möglichen Optionen und Alternativen zu prüfen, um so die für alle Beteiligten beste Lösung im Auge zu behalten.

Bereiten Sie GAM damit auch auf einen Verkauf vor?

Keine der Massnahmen, die wir jetzt ergriffen haben, zielt darauf ab, unser Geschäft verkaufsfähig zu machen. Vielmehr sollen diese Massnahmen das Geschäft weiter stabilisieren, um in Zukunft wieder erfolgreich zu sein.

«Die ersten Netto-Zuflüsse verzeichneten wir erstmals nach zwölf Monaten im vergangenen Juni»

Unter diesen Prämissen werden wir die Komplexität des Unternehmens weiter reduzieren und unsere Plattform effizienter gestalten. Dies wird weitere Kosteneinsparungen in den Jahren 2020 und 2021 ermöglichen.

Sie mussten in den vergangenen Monaten gegen erhebliche Abflüsse von Kundengeldern ankämpfen, und gleichzeitig kam neue Zuflüsse zum Erliegen. Wie präsentier sich die Situation jetzt?

Die ersten Netto-Zuflüsse verzeichneten wir erstmals nach zwölf Monaten im vergangenen Juni, und mit dem Juli folgte ein noch stärkerer Monat. Es sieht also ganz danauch aus, dass die Kunden wieder Vertrauen fassen und in unsere Produkte zu investieren, dies nachdem wir im April 2019 angekündigt hatten, dass die ARB-Fonds-Liquidation bald abgeschlossen sein werde und die betroffenen Kunden ihr Geld zurückerhalten würden. Das alles fühlt sich wie eine Rückkehr in die Normalität an.

Wie steht es um die strategischen Obligationenfonds, die Alex McKnight aufgebaut hat?

Wir versuchen definitiv, die derzeit 180 Millionen Franken, die in diese Vehikel investiert sind, weiter zu steigern. Doch es braucht Zeit, um einen entsprechenden Leistungsausweis aufzubauen.

Ihr neuer CEO, Peter Sanderson, beginnt im kommenden September Monat. Kann er das Kapitel ARB-Fonds hinter sich lassen?

Wir haben derzeit absolut keinen Hinweis darauf, dass wir in irgendeiner Art mit einem rechtlichen Risiko konfrontiert wären.

Was werden die grössten Prioritäten Ihres neuen CEOs Peter Sanderson sein?

Es gibt viel zu tun. Sicherlich ist es wichtig, das Kundenvertrauen zurückzugewinnen. Ich denke, GAM muss daran arbeiten und sicherstellen, dass die Kunden im Markt wieder uns hören und dass sie an unser Geschäft glauben.

Wie sieht es in finanzieller Hinsicht aus?

Natürlich ist es wichtig, dass wir unseren Fokus auf die Rentabilität nicht verlieren.

«Es sind keine weiteren Untersuchungen erforderlich»

Peter Sanderson wird sich darauf konzentrieren müssen, die Kosten unter Kontrolle zu behalten, aber auch auf Bereiche, in denen wir über anerkanntes Fachwissen verfügen, um das Geschäft auszubauen. Das erfordert viel Kundenkontakt.

Haben Sie vor, die Vergütung Ihrer Fondsmanager zu überarbeiten, namentlich was die Performance und das Wachstum der Vermögen anbelangt?

Ich sehe keine Notwendigkeit, dies neu zu gestalten. Fondsmanager wollen sicherlich einen direkten Einfluss auf ihre eigene Vergütung haben. Das ist auch eine gute Möglichkeit, Talente anzuziehen und zu binden.

Haben Sie Beweise gefunden, dass sich andere Portfolio-Manager von GAM ähnlich verhalten wie Tim Haywood?

Nein, überhaupt nicht. Darum sind auch keine weiteren Untersuchungen erforderlich. Wir verfügen über einen engen Kontrollrahmen, der darauf abzielt, Unregelmässigkeiten jeglicher Art rechtzeitig aufzugreifen – falls es solche gibt.


David Jacob ist seit November CEO des Schweizer Vermögensverwalters GAM und übergibt nächsten Monat die operative Leitung an Peter Sanderson. Der 55-jährige Jacob wird in der Folge zum Präsidenten des Verwaltungsrats aufsteigen. Der britisch-amerikanische Doppelbürger war früher CEO von Rogge Global Partners, einer Finanzboutique, die heute im Besitz des deutschen Allianz-Konzerns steht. Zuvor war er Direktor bei Henderson Global Investors und arbeitete auch bei der UBS, Merrill Lynch und J.P. Morgan. Er schloss sein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Wharton ab.

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