McKinsey: Banken müssen strategische Antworten finden
Der globale Bankensektor hat im vergangenen Jahr Gewinne von rund 1,2 Billionen Dollar erzielt und damit einen Rekordwert erreicht, heisst es in der am Donnerstag publizierten «Global Banking Annual Review» von McKinsey & Company. Auch andere Durchschnittswerte wie ein ROE-Höchststand (10,3 Prozent), steigenden Kapitalquoten (13 Prozent) sowie starken Ertragsmargen haben das positive Gesamtbild bestätigt. Als günstige Faktoren hätten die hohen Zinsen und niedrige Risikokosten das vergangene Geschäftsjahr begünstigt, heisst es weiter.
Doch inzwischen habe sich das Umfeld wieder geändert, und viele Banken hätten weiterhin Schwierigkeiten, sich auf makroökonomische Unsicherheiten, den Wettbewerb durch Fintech-Unternehmen und den technologischen Fortschritt einzustellen.
Strategische Präzision
Um die nächste Wachstumswelle zu nutzen, seien Banken gefordert, ineffektive Strategien abzulegen, um auch unter schwierigeren Bedingungen für alle Anspruchsgruppen Wert zu schaffen. Laut den Beratern ist dabei «strategische Präzision» gefragt, – auch zum Thema künstliche Intelligenz (KI) – um Wachstumschancen ergreifen zu können. Das betreffe etwa die Bereiche Technologie & KI, Kunden, Kapitaleffizienz und strategische M&A-Ansätze.
Die Schweizer Institute seien 2024 mit einem kumuliertem Reingewinn von 16,4 Milliarden Dollar international gut positioniert gewesen. Aber auch hier sei der Bedarf für strategischen Wandel aufgrund des Verlusts von Marktanteilen im Private Banking angekommen.
Die Lage der Bankbranche habe sich durch die makroökonomischen Bedingungen eingetrübt. Hinzu komme das sich verändernde Zinsumfeld, ein intensivierter Wettbewerb, verändertes Kundenverhalten sowie Zweifel an Innovationsfähigkeit trotz rasanter technologischer Fortschritte. Bisherige makroorientierte, skalengetriebene, und resilienz-basierte Strategien seien im aktuellen Marktumfeld nicht zwangsläufig zielführend.
Schnelle Reaktion erforderlich
Die Erwartungen der Investoren würden eine präzise, strategische Weiterentwicklung erfordern. «Das abflauende Makro-Umfeld erfordert schnelle Reaktionen auf kommerzieller Seite», sagt Jan Quensel (Bild unten), bei McKinsey Partner & Leiter der Swiss Banking Practice. «Gleichzeitig sind strategische Antworten der Schweizer Banken auf die Entwicklungen neuer Kundensegmente, eine aktive Teilnahme im globalen M&A sowie in Technologieentwicklungen gefragt. Präzision und Geschwindigkeit sind das Gebot der Stunde, insbesondere beim Einsatz von KI.»
(Bild: McKinsey)
Zwar werde das Potenzial von KI erkannt, doch die Umsetzung sei noch gehemmt und fokussiere sich vor allem auf interne Prozesse, anstatt neue Kunden und Vermögenswerte zu gewinnen. KI biete den stärksten Hebel, um Produktivitätsgewinne im Bankwesen zu erzielen und Prozesse mit neuer Präzision zu skalieren. Die Berater rechnen mit einem branchenweiten Kostenreduktionspotenzial von 15 bis 20 Prozent.
Aber auch die Bankkunden sind zunehmend digital und weniger loyal. Sie würden Bankprodukte und -dienstleistungen bewusster nutzen. Damit bestehe das Risiko, dass Wertschöpfungspools – insbesondere bei Einlagen und im Zahlungsverkehr – erheblich gestört würden und zu einem Gewinnrückgang führten.
«Fast ein Drittel der KI-nutzenden Bankkunden, die in den letzten zwei Jahren ein neues Konto eröffnet haben, geben an, generative KI bei der Auswahl ihres Anbieters verwendet zu haben», schreibt McKinsey.