Der Aufstieg des IT-Dienstleisters Inventx kann Banken als Blaupause dienen, die sich mit ihrer kulturellen und digitalen Transformation schwertun. Die Gründer Gregor Stücheli und Hans Nagel blicken mit finews.ch auf eine zehnjährige Firmengeschichte zurück.

In den zehn Jahren seit dem Start erreichte die Firma Inventx einige Meilensteine. Schon die Gründung war einer, konnten doch die beiden Gründer Hans Nagel und Gregor Stücheli die damaligen T-Systems-Kunden Migros Bank und der Graubündner Kantonalbank (GKB) übernehmen.

Beide Institute übergaben «Herz, Lunge und Niere» einem Newcomer im Banken-Outsourcing-Geschäft – was ein grosser Vertrauensvorschuss war. Doch Nagel und Stücheli waren sich ihrer Sache sicher: Der Schweizer Bankenplatz braucht eine zweite Kraft neben der Swisscom, die bislang das Outsourcing-Geschäft mit Kantonal- und Regionalbanken beherrscht hatte, lautete ihr Credo.

Jedes Jahr bis zu 30 neue Mitarbeitende

Zehn Jahre später trifft finews.ch Nagel und Stücheli zum Gespräch. Inventx ist inzwischen knapp an der 100-Millionen-Umsatzgrenze angelangt und beschäftigt von Chur via St. Gallen und bis Brüttisellen rund 280 Mitarbeiter.

Die beiden Unternehmer in aufgeräumter Stimmung. Die Bauarbeiten im Circle, einem neuen Geschäftskomplex am Zürcher Flughafen, kommen gut voran. Inventx wird kommendes Jahr dort einziehen und den Standort in Brüttisellen dafür aufgeben. Die Rekrutierung von weiterem Personal, Inventx stellt jährlich bis zu 30 hochqualifizierte Mitarbeiter ein, läuft besser mit der Aussicht auf den Circle als Arbeitsplatz.

Bloss nicht zu schnell wachsen

«Wir könnten durchaus auch schneller wachsen», sagt Stücheli, «doch das wollen wir nicht, weil sich zu schnelles Wachstum auf die bestehenden Kunden womöglich schlecht auswirken könnte.»

Dass nach drei Jahren die Migros Bank und die GKB sowie die Thurgauer und die St. Galler Kantonalbank ihre Verträge mit Inventx verlängerten, verhalf zu neuen Partnerschaften. Die Clientis-Banken wechselten mit 25 Instituten zu Inventx. Mittlerweile hat Inventx das Know-how auch auf das Kernbankensystem von Avaloq ausgeweitet und zur BZ Bank als erste Outsourcing-Kundin kamen weitere hinzu.

Empfehlung von Microsoft

Pionierarbeit in der Schweiz leistete Inventx mit der Swiss Life, die mit ihrer IT in die Cloud wollte. Es sei der US-Konzern Microsoft gewesen, der in diesem Zusammenhang Inventx empfohlen habe, denn die Amerikaner konnten aus regulatorischen Gründen dem Schweizer Lebenversicherer keine Cloud-Dienste anbieten.

Das sei ein mutiger Schritt der Swiss Life gewesen, sich für ein Ostschweizer KMU zu entscheiden, betont Nagel, «wir haben zwar sehr früh begonnen, uns mit der Cloud-Technologie zu beschäftigen, mussten für den Swiss-Life-Auftrag aber noch sehr viel Know-how im Software-Engineering aufbauen». Mit der KPT gewann Inventx im vergangenen Jahr einen weiteren Cloud-Kunden und hat damit eine Versicherungsplattform aufgebaut und kann dieses Kundensegment weiter ausbauen.

Wenig Diskussionen

Dass Inventx eine Erfolgsgeschichte auf dem Schweizer Finanzplatz ist, deuten die beiden Gründer als Bestätigung ihrer Unternehmensphilosophie. Inventx steht für Innovation und Interaktion und eine Lehre, welche Nagel und Stücheli aus ihrer Konzernkarriere gezogen haben: In den grossen IT-Konzernen werde zwischen den einzelnen Einheiten nicht mehr richtig kommuniziert, und die allgegenwärtige Fehlervermeidungskultur führe zu Standarddienstleistungen, die nicht unbedingt zum Nutzen des Kunden seien, erklären die beiden Firmengründer.

Kundennutzen ist dagegen der unternehmerische Leitfaden von Stücheli und Nagel. Darum gebe es zwischen ihnen so wenig Diskussionen und Dissens, sagt Nagel, «denn bei Inventx ging es uns vom Start weg immer nur um das Eine – um den Kundennutzen.»

Wie zwei Brüder

Die Aufgabenteilung zwischen den beiden scheint klar: Stücheli ist der Verkäufer an der Front und Nagel der Technologie-Crack, der liefert, was Stücheli verspricht. Doch die Grenzen versxhwimmen bisweilen. Auch Nagel pflegt manchen Kundenkontakt, und Stücheli kümmert sich stark um Interna, was Personal und Innovationskultur betrifft.

Beide bezeichnen den anderen jeweils als «sensationelle» Ergänzung von sich selber. «Eigentlich sind wir wie zwei Brüder», erklärt Stücheli. «Nur mit dem Unterschied, dass wir uns nie streiten, weil wir uns so gut ergänzen und die gleichen Werte teilen.»

Gewinne bleiben in der Firma

Diese Werte kommen bei der Unternehmensführung zum Tragen. Inventx pflegt eine offene Kultur, in der jeder das Sagen hat – zumindest an den sogenannten Innovation Days, die einmal im Monat stattfinden. Diese Tage dienen der teamübergreifenden Ideenentwicklung und jeder Mitarbeitende muss dabei mitmachen oder mit Tat und Rat mithelfen. Ausgereiftere Ideen werden dann im hauseigenen Innovationlab vor einer Jury «gepitcht», um anschliessend weiterentwickelt zu werden.

Der unternehmerische Erfolg scheint Stücheli und Nagel nicht in den Kopf gestiegen zu sein. Für die Gründung von Inventx hatten sie sich gar verschuldet: Ein Schweizer Milliardär hatte ihnen geholfen und eine Garantie über 20 Millionen Franken geleistet – als Sicherheit für die ersten Kunden. Die Gewinne, die Inventx seit einigen Jahren erzielt, bleiben in der Firma. Das Wachstum finanziert Inventx aus dem eigenen Cashflow.

Das soll so bleiben. «Wir streben mit Inventx sicherlich keinen aufgeblasenen Börsengang an», betont Stücheli. «Wir sind davon überzeugt, dass es in der Schweiz einen Service-Provider braucht, der inhabergeführt ist.»

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