Erstmals war Bitcoin vergangene Woche mehr wert als ein Kilogramm Gold. Dafür gibt es gute Gründe. Sie zeigen aber auch, dass die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall durchaus wieder anziehen könnte.

Die anhaltende Preishausse im Bitcoin, munter befeuert durch Tesla-Unternehmer Elon Musk sowie die Turbulenzen rund um das Reddit-Anlegerportal WallStreetBets haben das Interesse an anderen Anlagen zum Teil massiv verringert. Insbesondere Gold hat in jüngster Zeit kaum mehr Fortschritte gemacht, während es im Zuge der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr massiv zulegte.

Die nun zunehmenden Inflationsbefürchtungen würden grundsätzlich dafür sprechen, dass das gelbe Edelmetall wieder an Wert zulegt. Doch vorläufig ist das offensichtlich nicht der Fall. Im Gegenteil, vergangene Woche hat Bitcoin – nahe an der 60'000-Dollar-Marke – erstmals überhaupt mehr als ein Kilogramm Gold gekostet. Und selbst wenn die Kryptowährung in ihrem Anstieg nun eine gewisse Verschnaupause einlegen könnte, gehen viele Fachleute davon aus, dass die Hausse im Bitcoin vorläufig noch ein Weilchen andauern wird. 

Ins Gegenteil drehen

Ob diese Entwicklung gleichzeitig mit einem weiteren Preisrückgang im Gold einher geht, ist indessen alles andere als sicher. Denn für die aktuelle Schwäche des gelben Edelmetalls gibt es derzeit gute Gründe, die allerdings rasch ins Gegenteil drehen könnten und so zu einem Anstieg des Gold führen würden. 

Im Gegensatz zu Bitcoin, das als reines Spekulationsobjekt dient, beruht der Goldpreis zu einem wichtigen Teil von der Nachfrage aus der Schmuckindustrie. Aufgrund der grossen Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie ging ebendiese Nachfrage in den vergangenen Monaten sichtlich zurück. Besonders in Indien, wo sehr viel Goldschmuck nachgefragt wird, lief erheblich weniger als in den Vorjahren. Mit einer möglichen wirtschaftlichen Erholung – verbunden mit erfolgreichen Impfprogrammen – könnte die Nachfrage jedoch sehr schnell wieder anziehen. Vor allem vor dem Hintergrund eines gewissen Nachholbedarfs, denn man auch bei anderen (Luxus-)Konsumgütern erwartet. 

Heissere Investments

Ein weiterer Grund für die Goldflaute findet sich auch darin, dass viele Anlegerinnen und Anleger im vergangenen Jahr in Gold-ETFs investiert haben. Das stimulierte entsprechend den Preis. Nun, da «heissere» Investments, wie Kryptowährungen, aber auch Privatmarktanlagen, offenbar höher in der Gunst vieler Investoren stehen, hält sich die Attraktivität des gelben Edelmetalls in Grenzen, wie Léon Kirch, Partner und Chief Investment Officer von European Capital Partners (ECP), erklärt.

Mit der wachsenden Inflationsgefahr, die unter zahlreichen Ökonomen nun verstärkt befürchtet respektive rege diskutiert wird, könnte Gold sehr rasch wieder auf den Radar vieler Anlegerinnen und Anleger gelangen. Dabei dürfte vor allem die Nachfrage nach physischem Gold anziehen, zumal manche Investoren bereits in ETF engagiert sind und bei einer effektiven Teuerung Goldbarren in einem Safe die sicherlich beste Absicherung darstellt.

Gold und Realzinsen

Ein Blick auf die Entwicklung des Goldpreises zeigt weiter, dass Schwankungen häufig mit Veränderungen der Realzinsen einhergehen: Der Goldpreis steigt, wenn die realen Renditen fallen – und umgekehrt, was nun der Fall ist und darum das Gold schwächelt. Denn: Realzinsen bilden inflationsbereinigte Opportunitätskosten von Gold in einem Portfolio ab. Und weil Gold keinen Cashflow generiert, büssen Investoren in einem Umfeld niedriger Zinsen nicht viel an Zinserträgen ein.

Bei einem höheren Zinsniveau wird ein Investor seine Goldbestände reduzieren und die Mittel in höher verzinsliche Vermögenswerte umschichten, was zu niedrigeren Preisen für das Edelmetall führt.

Sicherer Hafen

Steigende Realzinsen am kürzeren Ende lassen jedoch auf eine nachfolgende Teuerung schliessen, was, wie berets erwähnt, manche Fachleute erwarten. Laut früheren Aussagen aus der US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) könnte sie ihre Preisstabilitäts-Ziele grosszügiger auslegen, um eine Rückkehr zu einer «normaleren» Geldpolitik zu beschleunigen, schreibt Gregor Spilker, Leiter für Energie-Research der CME Group in London.

Das wiederum würde die Inflation antreiben und die realen Renditen wieder unter Druck setzen. Und da die Teuerung zu einem grossen Teil von den Energiepreisen abhängt, und die sich derzeit im Aufschwung befinden, könnte dies die Nachfrage nach Gold als «sicherem Hafen» zusätzlich stärken.