Die Schweizerische Nationalbank hat im zweiten Quartal dieses Jahres überraschend alle Aktien des chinesischen Internetkonzerns Alibaba verkauft, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Von Balz Bruppacher, freier Mitarbeiter von finews.ch

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) gehört weltweit zu den grössten institutionellen Investoren. Seit einer 2004 in Kraft getretenen Gesetzesrevision kann sie auch ausländische Aktien kaufen.

Der Anteil der Aktien an den gesamten Devisenanlagen stieg seither kontinuierlich und machte Mitte dieses Jahres 23 Prozent oder rund 222 Milliarden Franken aus. Die einzelnen Engagements schlüsselt die SNB nicht auf.

Höchstwert Mitte Jahr

Die Vorschriften der US-Börsenaufsicht verpflichten die Nationalbank aber, vierteljährlich offenzulegen, an welchen Firmen sie beteiligt ist, die an den US-Börsen gehandelt werden.

Laut den soeben im Internet veröffentlichten Zahlen hielt die SNB am 30. Juli dieses Jahres Aktien an 2‘642 Unternehmen im Wert vom 162 Milliarden Dollar. Das war ein neuer Höchstwert.

Beteiligungen an «Klimasünder» ausgebaut

Der Blick auf die einzelnen Titel bringt insofern keine Überraschung, als die Währungshüter keinerlei Konzessionen gegenüber den Klimaaktivisten machten. So baute die Nationalbank ihre Beteiligungen an den als «Klimasünder» angeprangerten Konzernen Exxon Mobil und Chevron im zweiten Quartal weiter aus, auf 1,1 beziehungsweise 0,8 Milliarden Dollar.

Unerwartet ist hingegen eine Lücke in der langen Liste der Firmen im SNB-Portefeuille: Vergeblich sucht man nach dem chinesischen Internetriesen Alibaba, der Ende März 2021 noch zu den Top-Engagements der Nationalbank gehörte. Das heisst, dass die SNB im Laufe des zweiten Quartals 2021 alle 4'709'969 Alibaba-Aktien, die am 30. März 1,069 Milliarden Dollar wert gewesen waren, verkauft hat.

Um Marktneutralität bemüht

Was waren die Gründe für diesen Schritt? Denkbar wäre, dass  der Verkauf mit dem Rebalancing des globalen Aktienindex MSCI World vom vergangenen Mai beziehungsweise der damaligen Verschiebung der Alibaba-Aktien nach Hongkong zusammenhängt.

«Die Nationalbank kommentiert Einzelanlagen nicht», lautet die Standardantwort der SNB. Auch die Konsultation der Grundsätze der SNB-Anlagepolitik hilft nicht viel weiter. Die Nationalbank ist um Marktneutralität bemüht.

Diverse Ausschlusskriterien

«Sie betreibt daher weder eine positive noch eine negative Aktienselektion, sondern bildet den internationalen Aktienmarkt in seiner Gesamtheit ab», heisst es auf der SNB-Homepage. Von diesem Grundsatz weicht die Nationalbank in zwei Fällen ab.

Zum einen verzichtet sie auf Investitionen in Aktien von systemrelevanten Banken, um als Zentralbank nicht in Interessenkonflikte zu geraten. Zum anderen will die SNB die grundlegenden Normen und Werte der Schweiz berücksichtigen und investiert nicht in Aktien von Firmen, «deren Produkte oder Produktionsprozesse in grober Weise gegen politisch und gesellschaftlich breit anerkannte Werte verstossen».

Missachtung der Menschenrechte?

Von diesen Ausschlusskriterien sind Unternehmen betroffen, «die grundlegende Menschenrechte massiv verletzen, systematisch gravierende Umweltschäden verursachen oder in die Produktion international geächteter Waffen involviert sind.»

Im Falle von Alibaba käme einzig die Missachtung von Menschenrechten in Frage. Allerdings wäre es erstaunlich, wenn sich die SNB im Fall von Alibaba als Hüterin der Menschenrechte profilieren würde, wenn die Eidgenossenschaft der gleichen Firma gleichzeitig den Zuschlag für ein IT-Projekt erteilt.

Globaler Aktienindex angepasst?

Denkbar wäre, dass der Verkauf mit dem Rebalancing des globalen Aktienindex MSCI World vom vergangenen Mai beziehungsweise der damaligen Verschiebung der Alibaba-Aktien nach Hongkong zusammenhängt.

 

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