Es wird immer deutlicher, dass der Bieterstreit GAM in eine ausweglose Situation gebracht hat. Neuerdings wird auf Zeit gespielt, obschon das krisengeschüttelte Fondshaus gerade die nicht hat.

Nach dem Schlagabtausch in offenen Briefen und Pressemitteilungen ringen die Parteien im Bieterstreit um GAM nun um Zeit. So hat die britische Kaufinteressentin Liontrust die Frist für ihr Angebot für das Schweizer Fondshaus unlängst erneut verlängert. Auch die Investoren-Allianz um die Westschweizer Firma NewGAMe, die den Verkauf an Liontrust bekämpft, hat sich am (gestrigen) Dienstag gemeldet.

Sie hat GAM ein Ultimatum gestellt, die Generalversammlung auf Ende August zu verschieben. Dies, um den Ausgang des Liontrust-Angebots abzuwarten.

Seit Wochen keine Titel mehr zugekauft

Beide Seiten können dabei eine Verlängerung gut gebrauchen. Liontrust etwa bekundet grosse Mühe, die nötige Zweidrittel-Mehrheit an GAM zusammenzubekommen. Das leuchtet ein: Der Aktienkurs von GAM handelt mit 54 Rappen aktuell zu einer deutlichen Prämie von mehr als 20 Prozent zum Gebot Liontrust. Diese Fondshaus bietet 0,0589 eigene Aktien pro GAM-Papier.

Die Investorengruppe um NewGAMe bietet den Aktionären ihrerseits 55 Rappen je GAM-Titel, will allerdings nur 17,5 Prozent aller ausstehenden Aktien erwerben. Wie finews.ch erfahren hat, wartet die Allianz weiterhin auf grünes Licht von den Behörden, um die 10-Prozent-Schwelle bei GAM überschreiten zu dürfen. Die Gruppe hält weiterhin 9,6 Prozent am Schweizer Fondshaus und hat offenbar seit Wochen keine Titel mehr zugekauft.

GAM-Verwaltungsrat hat mächtige Verbündete

Bieterin Liontrust wiederum hat wiederholt erklärt, dass sie ihren Einsatz bei GAM nicht nachbessern wird. Ende vergangenen Juli betonte der Asset Manager, dass das Angebot für GAM «vollständig und endgültig» sei. Das sind nicht blosse Worte, sondern im britischen Rechtsraum, wo Liontrust zuhause ist, ein bindendes Statement.

Während Liontrust mit seinem Angebot scheinbar nicht weiter kommt, müssen NewGAMe & Co eine Niederlage an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 18. August fürchten. Die Allianz will die Versammlung nutzen, um Teile des GAM-Gremiums mit genehmen Mitgliedern auswechseln. Doch der Verwaltungsrat kann an der Abstimmung auf die Unterstützung von Grossaktionärin Silchester, einer britischen Finanzinvestorin, sowie auf die einflussreichen Aktionärsvertreter ISS und Glass Lewis zählen.

Insofern kommt jeder zusätzliche Tag, mit dem sich die Kräfteverhältnisse unter den GAM-Aktionären noch verschieben könnten, wohl auch NewGAMe zupass. Allerdings erklärte GAM am Mittwoch, den Termin nicht verschieben zu wollen. Im Gegenzug müsste NewGAMe nun die im Ultimatum angedrohte Reaktion einleiten.

Ohne Liontrust-Kredit droht Zahlungsunfähigkeit

Zeit ist wiederum das, was GAM selber nicht mehr hat. Nur dank einem Kredit von Liontrust kann sich die Fondsfirma so lange über Wasser halten, bis die Integration in die britische Käuferin vollzogen wäre. Das Problem: Kommt die Übernahme durch Liontrust nicht zustande, wird der Kredit hinfällig – und GAM droht die Zahlungsunfähigkeit.

Eine Kapitalspritze von 25 Millionen Franken im Form einer Wandelanleihe, welche die Investoren-Allianz als Alternative zum Liontrust-Kredit in Aussicht stellt, müsste derweil von den GAM-Aktionären erst durchgewunken werden. Dieses Geld liegt somit auch nicht direkt auf dem Tisch.

Raum zu Verhandlungen schwindet

Recht verfahren ist die Situation für GAM auch deshalb, weil der Raum zu Verhandlungen zwischen den Bieterparteien schwindet. So erklärt Liontrust das Angebot für endgültig, ist aber für Gespräche mit anderen Investoren immerhin offen, wie es heisst. Derweil betrachtet es die Investoren-Allianz inzwischen für undenkbar, ihre GAM-Aktien Liontrust jemals anzudienen.

Die Gruppe wittert Liquiditätsrisiken bei einem grossen Liontrust-Fonds und fürchten einen «zweiten Fall GAM», wie sich ein Akteur aus jenem Lager ausdrückt. GAM hatte sich nach der Ende 2018 nötig gewordenen Schliessung seiner in Liquiditätsnöte geratenen Absolute-Return-Bond-Fonds (ARBF) nie mehr richtig erholt.

Schweizer Deus ex machina?

Das Angebot von Liontrust verfängt also (noch) nicht bei den Aktionären, der teils schon konsumierte Kredit an GAM hängt in der Schwebe, und Grossaktionäre sind in ihrem Kurs festgefahren: «Rien ne va plus», liesse sich die Situation von GAM in einer Anlehnung als Glücksspiel beschreiben.

Ob nun ein Unbekannter die Situation als «Deus ex machina» noch retten kann, muss sich weisen: Bekanntlich will NewGAMe einen eigenen, neuen CEO für das Fondshaus vorschlagen. Dessen Identität soll allerdings erst kurz vor der Generalversammlung gelüftet werden – es soll sich um einen Schweizer Finanzprofi handeln, der sich im Hedgefonds-Business einen Namen gemacht hat und umittelbar für die Aufgabe bereitsteht.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel