Northern Trust hat den Ruf einer Institution, die keine grossen Risiken eingeht. Im diesem Zusammenhang gilt denn auch die Firmenkultur, dass Wertschriften von Kunden sicher aufgehoben sind. Das Unternehme ist aber auch bereit für innovative Ansätze, wie Wim van Ooijen und Gil Platteau im Interview erklären.


Northern Trust bietet seit fast 30 Jahren Dienstleistungen für grosse institutionelle Anleger in der Schweiz. Stimmt der Eindruck, dass das Unternehmen hierzulande noch eher unbekannt ist?

Das Unternehmen ist ein 131 Jahre altes globales Finanzinstitut mit einem verwahrten Vermögen von 12,1 Billionen Dollar, wobei Ende Juni 2020 rund 1,3 Billionen Dollar an Vermögen auch verwaltet wurden. Von unserem Ruf und unserer Kultur her sind wir tendenziell eine konservative, straff geführte Institution, die von ihrer «Festungs-Bilanz» getragen wird. Ausserdem zählt eine diversifizierte Belegschaft mit breitem Erfahrungswissen zu unseren Stärken.

In Übereinstimmung mit unseren Werten besteht unsere Vision darin, der bevorzugte Finanzpartner unserer Kunden zu sein, dem sie am meisten vertrauen – und genau darauf konzentrieren wir uns. Wir sind keine Organisation, die darauf abzielt, für sämtliche Kunden alles zu bieten.

«Unser Ruf beruht auf unserer Verlässlichkeit und Widerstandsfähigkeit»

Stattdessen verfolgen wir einen stark fokussierten Ansatz, dies um sicherzustellen, dass die von uns angebotenen Dienstleistungen – Asset Management, Asset Servicing (Wertpapiergeschäft) und Vermögensverwaltung – für unsere Zielkunden von Relevanz sind. Als Unternehmen investieren wir über rollierende Dreijahres-Zeiträume etwa 3,4 Milliarden Dollar in Technologie und IT. In den vergangenen Jahren haben wir in allen unseren Geschäftsbereichen ehrgeizige Ziele bei der Digitalisierung verfolgt.

Unser Ruf beruht auf unserer Verlässlichkeit und Widerstandsfähigkeit. Diese Werte kommen insbesondere in einem schwierigen Umfeld wie der aktuellen Pandemie zum Tragen, in welcher Krisenpläne von Unternehmen auf die Probe gestellt werden.

Auch wenn es nicht glamourös klingt, stellen Dienstleistungen rund um das Asset Servicing doch einen sehr wichtigen Teil des Finanzsystems dar, auf den sich alle verlassen. Unser Haus kann institutionellen Anlegern mit globalen, stabilen und sicheren Plattformen diese Stabilität bieten.

Wie hat sich das Asset Servicing, also das Wertpapiergeschäft, von Northern Trust in der Schweiz bis heute entwickelt?

Es gab eine Reihe von Meilensteinen auf unserem Weg in der Schweiz. Der sichtbarste war sicherlich die Gründung unserer Einheit in Basel mit Büros vor Ort. Dies war im Oktober 2017 und erfolgte durch die Übernahme der Fondsadministrations-Einheiten von UBS Asset Management.

Welche Ambitionen hegt Northern Trust hierzulande?

Wir verfügen über enge und langjährige Beziehungen zu bedeutenden Kunden. Dazu zählen einige der weltweit anspruchsvollsten Asset Owner (Besitzer von Anlagen) und Asset Manager. Darauf wollen wir aufbauen und unser Geschäft in diesem strategisch wichtigen Markt weiter entwickeln.

«Wir bieten unseren Schweizer Kunden eine breite Palette von Lösungen aus dem Bereich Asset Servicing an»

Deshalb investieren wir auch inskünftig in unser Team vor Ort. Gil Platteau beispielsweise stiess vor etwas mehr als einem Jahr zu unserem lokalen Führungsteam, um sicherzustellen, dass wir die spezifischen Bedürfnisse von unseren hiesigen Kunden genau kennen und uns gemeinsam mit ihnen weiterentwickeln können.

Wir bieten unseren Schweizer Kunden eine breite Palette von Lösungen aus dem Bereich Asset Servicing an. Dazu zählen insbesondere die Segmente Fondsadministration, Transfer Agency oder Global Custody (Wertschriftenverwahrung), aber auch die Auslagerung von Middle- und Backoffice-Arbeiten sowie integrierte Handels- und Treasury-Lösungen. Wir beabsichtigen selbstverständlich, unser Angebot an lokalen Dienstleistungen und Lösungen zu erweitern, wenn es unseren Kunden Mehrwert bringt.

Woraus bestehen die grössten Herausforderungen für Anbieter von Asset-Service-Lösungen hierzulande?

Es ist wichtig, dass die Branche ihre globale Wettbewerbsfähigkeit erhält. Die schweizerischen Asset-Service-Anbieter unterstützen eine umfassende Palette von Fondsanbietern, welche in der Vergangenheit nach einem Unternehmen suchten, das Lösungen in den Bereichen Verwahrung, Abwicklung, Depotbank, Fondsadministration und Asset Management als Paket anbieten konnte.

Inskünftig werden Kunden vermehrt auch versuchen, diese Wertschöpfungskette aufzubrechen und für verschiedene Komponenten die jeweils bestmögliche Lösung zu finden.

«Fintechs haben in den vergangenen Jahren das Innovationstempo in der Schweiz beschleunigt»

Diesen Trends und Entwicklungen kann durch eine Fokussierung auf Partnerschaftsmodelle und gemeinsame Lösungen begegnet werden. Dadurch lassen sich nicht zum Kerngeschäft gehörende Elemente stärken und die Schweizer Finanzdienstleistungs-Industrie vorantreiben. Von einer Kombination aus lokalem Schweizer Verständnis der Kundenbedürfnisse und einer globalen Asset-Servicing-Plattform dürften sowohl die Kunden als auch die lokalen oder internationalen Asset-Servicing-Anbieter profitieren.

Wie reagieren Asset Service-Anbieter auf die Vielzahl an Innovationen und verbesserte Technologien?

Das erhebliche Wachstum des Schweizer Finanztechnologie-Sektors, das wir in den letzten Jahren erlebt haben, erhöhte die Notwendigkeit für Asset Servicing – Anbietern, entsprechende Innovationen umzusetzen – dies sowohl zum Nutzen ihrer Kunden als auch für sich selbst.

Fintechs haben in den vergangenen Jahren auch das Innovationstempo in der Schweiz beschleunigt, was strukturelle Veränderungen in der Branche mit sich brachte und wohl weiter bringen wird.

«Unser Unternehmen ist innovativ und denkt beständig strategisch über Technologie nach»

Northern Trust als Organisation geht keine unnötigen Risiken ein und verfolgt seit jeher eine Kultur, die der Sicherheit anvertrauter Vermögenswerte eine hohe Bedeutung beimisst. Dennoch müssen auch wir uns schnell bewegen und verändern können. Unser Unternehmen ist innovativ und denkt beständig strategisch über Technologie nach. Dies ist so notwendig, denn es entspricht dem Gang der Zeit.


Wim van Ooijen leitet das Schweizer Geschäft von Northern Trust aus Basel, wo das Unternehmen eine breite Palette von Asset-Service-Lösungen offeriert – sowohl für Asset Manager, Wertschriften-Besitzer als auch Finanzinstitute. Er kam 2004 von der KAS Bank N.V. zu Northern Trust und war vor seiner jetzigen Aufgabe als Leiter der niederländischen Unit tätig.

Gil Platteau ist Senior Vice President und Mitglied des Führungsteams von Northern Trust Switzerland. Er pflegt wichtige Beziehungen zu institutionellen Anlegern in der Schweiz und der gesamten EMEA-Region. Er stiess im September 2019 zu Northern Trust und bringt 20 Jahre Branchenerfahrung mit. Er arbeitete unter anderem in leitenden Positionen bei Rothschild Asset Management, Barclays und Mercer Delegated Solutions in Zürich als Länderchef.