Wer es an die Spitze eines Unternehmens schafft, hat oft das gewisse Etwas. Doch Genie und Wahnsinn trennt oft eine dünne Linie. Ein Experte nennt Tipps im Umgang mit schwierigen Vorgesetzten.

Dass ein Top-Manager ein gesundes Selbstvertrauen und eine grosse Begeisterungsfähigkeit braucht, steht ausser Frage. Doch hinter einem scheinbar gelungenen Auftritt kann sich ein psychisches Problem verbergen, welches den Erfolg des ganzen Unternehmens gefährdet.

Reinhard Leiter, der als Coach für Führungskräfte tätig ist, hat vier Krankheitsbilder zusammengetragen, welche unter Managern vorkommen können. Um die entsprechenden Probleme aus der Welt schaffen zu können, müssen die Betroffenen allerdings zuerst Hilfe akzeptieren.

Angst vor Karriereknick

Dies ist nicht nur deshalb schwierig, weil zum Beispiel ein Narzisst schwerlich einsehen wird, dass er Hilfe braucht. Die Angst, durch ein entsprechendes Eingeständnis der eigenen Karriere zu schaden, spielt dabei ebenfalls eine Rolle.

Wohl auch, weil psychische Probleme von Angestellten und Chefs sich auf das Arbeitsumfeld negativ auswirken können, haben mehrere globale Grossbanken entsprechende Massnahmen ergriffen. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat zum Beispiel sogenannte «Mental First Aiders» ausgebildet, wie die Nachrichtenagentur «Reuters» berichtete.

Diese sollen frühzeitig erkennen, wenn der Druck der Finanzbranche für einen Kollegen zu viel wird. Laut dem Artikel haben zwei Drittel der Angestellten in diesem Sektor schon aufgrund ihrer Arbeit psychische Probleme.

Vier häufige Störungen

Wenn ein Vorgesetzter unter einer entsprechenden Veranlagung leidet, ist dies für Mitarbeitende gravierend. An diesen Merkmalen erkennt man laut Coach Leiter die vier häufigsten Persönlichkeitsstörungen:

1. Der Narzisst

Fünf Begriffe umschreiben den Narzissten: Egozentrik, Eigensucht, Empfindlichkeit, Empathie-Mangel und Entwertung anderer. Diese Ausprägung sei die bei Top-Managern häufigste, so der Experte.

Unabhängig von der Situation, ist jener Typ stets darauf bedacht, selbst gut dazustehen. Die Regeln, denen sich alle anderen zu unterwerfen haben, gelten für ihn nicht.

Hinter diesem Verhalten steht eigentlich ein Mangel an Selbstvertrauen. Dies zuzugeben fällt den Betroffenen allerdings enorm schwer, weshalb es sich grundsätzlich empfiehlt, schnellstmöglich das Weite zu suchen. Wirklich helfen kann nur ein Profi – und zu diesem will der Narzisst nicht gehen.

2. Manisch Depressiv

Kompromisse gibt es für diese Chefs keine. Im Hoch werden Entscheide getroffen, ohne die Konsequenzen abzuwägen, die Energie lässt sich kaum im Zaum halten. Die Kehrseite der Medaille ist eine tiefe Depression.

Da sich diese Krankheit negativ auf das ganze Leben der Betroffenen auswirken kann, scheint ein Wille zur Besserung wahrscheinlich. Ausserdem gibt es wirksame Medikamente gegen eine solche bipolare Störung.

3. Passiv-Aggressiv

Ein passiv-aggressiver Chef wirkt grundsätzlich sehr entgegenkommend. Diese Menschen sabotieren allerdings Ideen und Forderungen von aussen auf subtile Art, zum Beispiel, indem sie zu Sitzungen verspätet auftauchen oder Ausflüchte erfinden, wenn sie nicht liefern.

Unter Druck funktionieren passiv-aggressive Führungskräfte nicht. Der Trick ist, den Betroffenen dazu zu bringen, seinen Gefühlen direkt Ausdruck zu verleihen – so kann er nicht im Nachhinein auf subtile Weise seine eigentlichen Ziele verfolgen.

4. Gefühlsblindheit

Manche Manager wirken wie Roboter. Wer seine eigenen Aufgaben völlig unabhängig von den Gefühlen und Reaktionen anderer erfüllen kann, hat gute Chancen auf eine erfolgreiche Karriere. Einmal an der Spitze angekommen, wird die Gefühlsblindheit allerdings zum Hindernis. Immerhin ist als Chefin auch Kreativität gefordert und eine gewisse Einfühlsamkeit.

Ebenso wie fachliche Kompetenz lässt sich jedoch auch emotionale Intelligenz bis zu einem gewissen Grad lernen. Im Unterschied zum Narzissten dürfte eine solche Vorgesetzte allerdings Empfänglich für Verbesserungsvorschläge oder ein Coaching sein, immerhin hilft es der Karriere.