Welchen Einfluss haben diese Crossborder-Regeln auf die Kundentransfers?

Es ist sicher so, dass in einigen Weltregionen die Komplexität bei Kundentransfers aufgrund strikterer Crossborder-Regeln der Finma und der ausländischen Regulatoren sehr hoch ist.
Ohne entsprechende lokale Lizenzen können Kunden nicht vor Ort beraten werden, Kontobeziehungen nicht eröffnet oder Kundendokumente nicht unterschrieben werden. Und dies bei immer strengeren Sorgfaltspflichten, Due Diligence und Know-your-customer-Regeln.

Wenn sie also tausende Beziehungen übernehmen, wird der Kundentransfer sehr komplex und aufwendig.

Sehen Sie da auch Herausforderungen betreffend der Weissgeldstrategie der Schweiz?

Diese wird ebenfalls zum Thema. Die Mehrheit der IWM-Kunden in Lateinamerika beispielsweise ist kaum steuerkonform.

Ganz generell wird auch das Private Banking Geschäft mit Lateinamerika – und anderen Weltregionen – aus steuerlicher Sicht bald einmal zur sehr komplexen Angelegenheit für Banken und Finanzdienstleister.


«Teure Broker-Rentention»


Zurück zu den Kunden. Die Broker, die diese bei IWM beraten, sind für die Übertragung dieser Kunden matchentscheidend?

Absolut. Die meisten Kunden werden das tun, was ihr Broker ihnen rät. Aus diesem Grunde bekommt die Broker-«Retention» eine zentrale Rolle. Und dies kann teuer werden! Vor allem die Broker mit den grössten, interessantesten Kundenbüchern werden von der Konkurrenz stark angegangen.

Es ist zu vermuten, dass diese Broker mit grossen Summen zum Verbleib motiviert werden müssen. Und dies mit vermutlich mehrjährigen Programmen. Wobei dann bei Ablauf dieser Retention-Programme wiederum die grosse Gefahr besteht, dass die besten Broker trotzdem die Bank verlassen – die Konkurrenz bleibt dran! – oder sich selbstständig machen.

Also eine teure Broker-Retention?

Effektiv muss dies realistischerweise angenommen werden. Zudem könnte es auch noch einen Einfluss auf Forderungen seitens bestehender Senior-Kundenberater der Bank, mit grossen Kundenbüchern, haben.

Wenn IWM-Leute «vergoldet» werden, könnten diese Bankberater aufbegehren, weil ihr Payout-Ratio wesentlich tiefer sein dürfte.
Kostenmanagement wird zur zentralen Frage der IWM-Integration

Droht eine grosse Kostenwelle, sei es wegen komplexen Integrationsaufwendungen, sei es wegen teuren Vergütungsprogrammen?

Es zeigt sich immer wieder, dass es das Broker-Modell auch mit grössten Anstrengungen kaum unter 90 Prozent Cost/Income-Ratio schafft. Das «Payout-Ratio» an die Broker ist sehr hoch, meist gegen 50 Prozent  der Brutto-Einkommen. Und das Private Banking steht ja generell aufgrund des Marktumfeldes und regulatorisch bedingter Anpassungen und Aufwendungen unter einem enormen Kostendruck.

Das Kostenmanagement wird also unter den oben erwähnten Umständen zur zentralen Frage bei der IWM-Integration. Gleichzeitig müssen Massnahmen zur Ertragssteigerung angepackt werden, was bei der Übernahme von IWM nicht ganz einfach sein dürfte. Man will die Kunden ja nicht brüskieren. Ich bin gespannt sein, welches Cost/Income-Ratio Julius Bär in den nächsten Jahren erreichen wird.


«Es treffen zwei Kulturen aufeinander»


Wenn Julius Bär durch die IWM-Integration 40 Prozent mehr verwaltete Vermögen hat und 50 Prozent der Kunden aus Wachstumsmärkten stammen: Welche Bedeutung hat dies für die zukünftige Unternehmenskultur der Bank?

Die Annahme, dass Julius Bär nach dieser Integration die gleiche Schweizer Privatbank sein wird, ist sicher nicht realistisch. Julius Bär ist sich dies ohne Zweifel bewusst.

Es treffen hier zwei klar verschiedene  Geschäftsmodelle und -kulturen aufeinander. Solche Tatbestände können natürlich auch befruchtend wirken und viel neue Energie auslösen. Darin liegt die Chance.

Es muss klar definiert werden, was man will. Auch im Interesse der Aktionäre gilt es einen kulturellen «Reverse Takeover» durch eine amerikanisierte Kultur zu vermeiden. Zudem will man sich in Zukunft im Markt  ja sicherlich weiterhin von den Grossbanken unterscheiden.
Julius Bär muss klar entscheiden und kommunizieren, für was sie – ganz konkret – als Privatbank stehen will. Dies darf man von der neuen Referenz im Private Banking erwarten.


Bernardo P. Brunschwiler ist Gründer von Bernardo Brunschwiler Consulting. Er besitzt über dreissig Jahre Front- und Führungserfahrung im lateinamerikanischen Wealth-Management Markt bei der Credit Suisse, BSI, UBS und Clariden Leu.

Gold hat mit 2'400 Dollar ein neues Allzeithoch erklommen. Ist dies der Anfang einer nachhaltigen Hausse?
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