Beim australischen Vermögensverwalter AMP hängen Firmenkultur und Haussegen schief. Jetzt hat das grosse Reinemachen eingesetzt – der Chef und ex-CS-Banker Francesco De Ferrari muss sich trotzdem eine Frage stellen.

Für den australischen Parlamentarier Tim Wilson war der Fall schon letzte Woche klar: Diverse Spitzenleute beim heimischen Vermögensverwalter seien unhaltbar geworden, befand der Leiter der Wirtschaftskommission. Jetzt rollen die Köpfe bei AMP, wie unter anderem die im Skandal um sexuelle Belästigung gut informierte Wirtschaftszeitung «Financial Review» berichtete.

So musste der umstrittene Asset-Management-Chef Boe Pahari seinen Posten räumen; die Verwaltungsräte David Murray und John Fraser (siehe Bild ganz unten) verlassen das Unternehmen ganz. Bereits vor Tagen hatte AMP-Chef Francesco De Ferrari (siehe Bild unten) den Heimmarkt-Leiter Alex Wade gefeuert. Wade war Mitarbeiterinnen offenbar zu nahe getreten und soll Bilder mit eindeutigen Inhalten verschickt haben.

DeFerrari 508

Beförderung trotz Busse

Pahari war erst letzten Juni zum Leiter des Asset Management (AMP Capital) befördert worden. Dies, obwohl er 2018 nach sexuellen Übergriffen zur Zahlung einer Busse von 500'000 Dollar verdonnert worden war. Diese «Vorstrafe» war intern bekannt und bei der Ernennung offensichtlich kein Thema, hat aber nach Enthüllungsberichten in Australien zu einem Sturm der Entrüstung geführt, dem sich Politik und AMP-Grossaktionäre angeschlossen haben.

Pahari arbeitet mit sofortiger Wirkung wieder in seiner vormaligen Funktion. De Ferrari, einst bei der Credit Suisse (CS) erfolgreicher Chef des asiatischen Private Banking, übernimmt interimistisch die Leitung von AMP Capital.

Verwaltungsräte nehmen den Hut

Die Konsequenzen aus dem Skandal und der offensichtlich entgleisten Firmenkultur zog Präsident Murray; ebenfalls den Hut genommen hat Fraser, der im Verwaltungsrat von AMP und von AMP Capital sass und die Beförderung Paharis direkt abgesegnet hatte.

Fraser ist einer der erfolgreichsten Finanzexperten in «Down Under» – und hatte einst bei der Schweizer CS-Rivalin UBS Karriere gemacht. So war der Australier 1993 zum UBS-Vorgängerinstitut, dem Schweizerischer Bankverein (SBV), gestossen und avancierte zum Architekten des weltweiten Finanzprodukte-Verkaufs der UBS (Global Asset Management), als dessen Chef er jahrelang wirkte. Als solcher soll er zeitweise Verkaufsgespräche für die UBS-Sparte geführt haben.

Fraser 500

Von der UBS zu höheren Weihen

Ende 2013 musste Fraser anlässlich eines Revirements innerhalb der Grossbank die operative Leitung seiner Sparte an UBS-Konzernleitungsmitglied Ulrich Koerner abtreten, der bis dahin als Chief Operating Officer die internen Abläufe der Bank dirigiert hatte. Koerner wurde bei der UBS auf dem Posten seinerseits 2019 von Suni Harford abgelöst.

Doch Fraser stieg nach der UBS zu noch höheren Weihen auf. 2015 wurde er zum Staatssekretär im Finanzministerium Australiens ernannt. Das einflussreiche Amt übte er bis 2018 aus.

Mit ihm verliert AMP nun ein Schwergewicht mit besten Beziehungen. Und die Frage stellt sich für CEO De Ferrari: Ist genügend Blut geflossen? Ansonsten darf sich der italienisch-schweizerischen Doppelbürger seines Amtes ebenfalls nicht mehr sicher sein. Immerhin war wohl er es, der Wade zum Unternehmen lotste – ebenfalls segnete er Paharis Beförderung ab.

Kehrt De Ferrari noch gut genug?

Ohne De Ferrari stünde die neue AMP-Präsidentin Debra Hazelton allerdings ohne ihren wichtigsten Hoffnungsträger da. Der Starbanker war 2018 zum Unternehmen geholt wurden, um als Externer die Firma auszukehren. Die Vermögensverwalterin war nach einem riesigen Finanzskandal von der Aufsicht gezwungen worden, das Geschäftsmodell neu auszurichten und Millionen an Schadenersatz an Kunden zu zahlen.

Auch die verärgerten Investoren, darunter die in der Schweiz als CS-Grossaktionärin bekannte US-Fondsfirma Harris Associates, möchten wohl nicht auf De Ferrari bei AMP verzichten. Vielleicht lassen sie es beim jüngsten Reinemachen bewenden.

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