Rückstellungen und Abschreiber aus der Coronakrise drohen die Gewinnkraft von Schweizer Banken noch länger zu belasten. Das heizt die Konsolidierung an – die aber nicht zwingend zum Bankensterben führen muss.

«Einmal mehr hat sich gezeigt: Unsere Banken sind ein stabiler Pfeiler des Wirtschaftssystems, der sich in Krisenzeiten besonders bewährt», brüstete sich die Schweizer Bankiervereinigung (SBVg) am (gestrigen) Bankiertag. Tatsächlich war die Coronakrise bisher keine Bankenkrise, wie finews.ch analysierte und Branchenbeobachter wie Ralph Kreis festhalten.

«Die Finanzindustrie hat die Krise bisher viel besser überstanden als andere Branchen», sagte der in Zürich für die Betreuung von Banken und Versicherern zuständige Experte der internationalen Beratungsfirma Alix Partners kürzlich vor Journalisten.

Gut vorbereitet

Wie die Halbjahreszahlen der meisten hiesigen Geldhäuser zeigen, ist es für Banker noch zu früh, um zu jubilieren. Mehrere Trends sorgen dafür, dass die Profitabilität der Institute unter Druck gerät. Damit stellen sich für die Branche grundlegende Fragen zur Zukunft, und wer darin noch vorkommt. «Die Konsolidierung insbesondere für subkritische Anbieter wird deutlich an Fahrt gewinnen», prophezeite Kreis. Doch das muss, wie sich zeigt, nicht zwingend zu einem Bankensterben führen.

Wohlgemerkt: Der Umstand, dass die Banken derzeit gut in Schuss sind, hat viel mit Faktoren zu tun, die sie nur wenig kontrollieren. Dass sie etwa viel stabiler dastehen als vor zehn Jahren – die Kernkapital-Quote hat sich im europäischen Durchschnitt auf 12 Prozent verdoppelt –, ist eine Lehre aus der Finanzkrise und auf Befehl der Aufsicht hin erfolgt.

In der Pandemie von 2020 haben die Banken nun das grosse Glück, dass ihre Lieferketten kaum unterbrochen wurden, und die Kunden die meisten Dienste auch im Shutdown nachfragten.

«Die Kapitalpuffer schmelzen»

Brüsten kann sich die Branche, wenn schon, mit der schnellen Überweisung der Corona-Notkredite an KMU- und Gewerbekunden sowie mit der einigermassen reibungslosen Umstellung aufs Homeoffice und Remote-Dienste.

Dennoch sind die aktuellen Semesterausweise nun nicht rein von Tolggen. Abschreiber und Rückstellungen haben die Resultate vieler in der Schweiz tätigen Institute zerzaust, vereinzelte Akteure wie die Auslandsbank BNP Paribas Schweiz wurden gar tief Minus gedrückt. «Die Kapitalpuffer schmelzen», beobachtete Kreis, «sie müssen nach der Krise wieder aufgebaut werden».

Dazu müssten die Banken aber mehr einnehmen als bisher. Das ist angesichts des Tiefzinsumfelds sowie vorsichtigen Firmen und Anlegern schwierig. Also wäre Sparen angesagt. Da gleichzeitig bei diversen Instituten eine Erneuerung der IT nötig wird, ist auch dies nicht einfach. Daraus folgt: Die Banken müssen sich grundsätzlich überlegen, wofür sie überhaupt noch Geld ausgeben wollen.

Verbünden statt verkaufen

Das wird laut Alix Partners eine neue Form der Konsolidierung befeuern: Institute werden nicht verkaufen oder fusionieren, sondern sich von Angeboten trennen. Um diese nicht ganz aus dem Sortiment nehmen zu müssen, holen sie spezialisierte Anbieter ins Boot. Dazu Kreis: «Die Konsolidierung wird sich voraussichtlich weniger in Übernahmen und Fusionen niederschlagen, sondern verstärkt in Partnerschaften.»

Die Spartenbereinigung hat in der Schweiz schon begonnen. Prominentes Beispiel ist die Credit Suisse (CS), die im vergangenen August die Integration der regional tätigen Tochter Neue Aargauer Bank ankündigte. Der Entscheid schien vorab von Effizienzüberlegungen getrieben. Wie zahlreiche andere wichtige Akteure – darunter die Zürcher Kantonalbank – arrondiert die CS zudem ihr Filialnetz.

Revival für die Superbank?

Partnerschaften sind derweil vor allem im Bereich der neuen Geschäftsmodelle und Technologien zu beobachten. So bauen diverse Banken an Angebots-Ökosystemen und sind grundsätzlich gewillt, dabei die Konkurrenz einzubinden. Ebenfalls hat sich die Branche im Bereich Open Banking auf einen gemeinsamen Standard geeinigt, dem es allerdings noch an Breitenwirkung fehlt.

Ähnliches gilt im Bereich der Kryptoanlagen, wo sich verschiedene Banken den Tokensierungs-Konsortien Daura und CMTA angeschlossen haben.

Laut Kreis wird man im Schweizer Banking vermehrt so genannte Industrie-Utilities sehen. Diese nehmen den Banken rückwärtige oder nicht zentrale Prozesse ab, damit die Institute voll auf ihr Kerngeschäft fokussieren könnten. Über Dekaden hinweg stand hierzulande etwa das Projekt einer «Transaktionsbank» oder Schweizer «Superbank» im Raum. Vielleicht verhilft dem das Coronavirus doch noch zum Durchbruch.

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