Die Präsidentschaftswahlen in den USA drohen äusserst knapp auszugehen und sich noch über Tage hinzuziehen. Die Unsicherheit schmeckt den Börsianern gar nicht, wie von finews.ch gesammelte Anlagekommentare zeigen.

Bei der Credit Suisse (CS) hält der oberste Investmentchef Michael Strobaek eine «blaue Welle», also eine Sieg der Demokraten auch im Senat, immer noch für möglich. «Obwohl die blaue Welle nicht wie von uns erwartet eingetroffen ist, bleibt sie immer noch im Bereich des Möglichen, da in Schlüsselstaaten die Stimmenzählung immer noch läuft, darin eingeschlossen die Briefwahl-Stimmen, die nach unserer Einschätzung mehrheitlich für Joe Biden ausfallen.»

Siegt Donald Trump doch?

Bei der deutschen Privatbank Berenberg klingt es hingegen ganz danach, als könnte der bisherige Präsident Donald Trump das Rennen machen. «Die Kapitalmärkte reagieren bereits auf die Entwicklung: Hatten sie in vielen Bereichen über die letzten zwei Monate einen Biden-Sieg oder gar eine blaue Welle teilweise eingepreist, zeigt sich nun die abnehmender Wahrscheinlichkeit eines demokratischen Sieges durch eine Gegenbewegung», sagt Chefstratege Bernd Meyer. Sollte Trump wirklich Präsident bleiben, dürfte die Handelsunsicherheit wieder zunehmen, so dass US-Aktien entsprechend nachgefragt bleiben würden.

Über das Wahlresultat hinaus blickte bereits Solita Marcelli, Investmentchefin bei der UBS in Amerika. Selbst wenn der demokratische Kandidat Biden das Rennen mache, komme es sehr darauf an, ob die Demokraten auch die Mehrheit im Senat erobern können. «Das ist extrem wichtig für die Wirtschaft und die Börsen», betonte die Anlageexpertin. Wenn die US-Regierung gespalten sei, könnte sich das erwartete staatliche Anschubprogramm für die Firmen verspäten oder geringer ausfallen.

Silicon Valley und Marshall-Plan

Mit der Gefahr einer «divided Government» rechnet auch der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock. Dem US-Riesen zufolge müssten sich Aktienanleger dann auf das besinnen, was schon in den Turbulenzen der letzten Monate gut funktionierte: Die Technologie-Werte aus dem Silicon Valley.

Jeremy Grantham, der beissend pessimistische Börsen-Guru und Gründer der amerikanischen Fondsfirma GMO, warnte schon im vergangenen Oktober vor einer Börsenblase, die bald platzen werde. In seinem neuesten Investorenbrief rief er nun nach einem massiven Konjunkturprogramm für die USA, vergleichbar mit dem Marshall-Plan für das darniederliegende Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Nur damit liesse sich dem fehlenden Wachstum, der Kluft zwischen Arm und Reich sowie den Folgen des Klimawandels begegnen.

Zurücklehnen oder zittern?

Die skandinavische Nordea Bank ist hingegen mehr aufs Hier und Jetzt fixiert: Sie gab am Mittwoch Durchhalteparolen aus. Auch dort habe man heute Morgen Unsicherheiten im Markt festgestellt, berichtet Sébastien Galy, Senior Macro Strategist bei Nordea Asset Management, das werde sich aber in nächster Zeit nicht ändern: «In den kommenden Tagen und Wochen wird es Nachzählungen geben, die zu Volatilität auf dem Markt führen werden.» Es sei jedoch wichtig, sich darauf zu konzentrieren, dass der Markt inzwischen die Regierung Trump recht gut verstehe. Bei Biden wiederum könne habe man eine ziemlich gute Vorstellung davon, was er tun wird. Nun solle man sich zurücklehnen und auf ein Ergebnis warten.

Bei der einheimischen St. Galler Kantonalbank sieht es Chefstrategin Caroline Hilb-Paraskevopoulos allerdings nicht so gelassen. «Geduld bleibt (also) gefragt. Starke Nerven wahrscheinlich auch: Donald Trump hat soeben in einer Rede angekündigt, dass er einen Wahlsieg Bidens nicht akzeptieren würde», schrieb sie. Der Ausgang kündige sich, wie so oft, ultra-knapp. «Je knapper der Ausgang, desto länger dürfte das Resultat auf sich warten lassen.»

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