Die Konsolidierung in der Schweizer Vermögensverwaltung geht weiter, aber in einer anderen Qualität, wie die jüngsten Beispiele illustrieren. Die Risiken sind deswegen nicht unbedingt kleiner, aber die Strategie dahinter ist vielfältiger.

Das Swiss Private Banking erweist sich bis heute als ergiebiges Jagdrevier. Allein in diesem Jahr fanden drei bemerkenswerte Transaktionen statt: Die italienische Intesa Sanpaolo schnappte sich die Genfer Privatbanken-Gruppe Reyl, die deutsch-französische Oddo BHF schloss sich mit dem Lausanner Traditionsinstitut Landolt zusammen, und die Tessiner One Swiss Bank, die sich zuvor schon mit der Banca Arner sowie mit der GS Bank liiert hatte, übernahm kürzlich noch die Kontrolle der Genfer Banque Profil de Gestion, wie auch finews.ch berichtete.

Solche Deals sind nichts Aussergewöhnliches. Sie sind vielmehr die logische Konsequenz der rückläufigen Zahl an Schweizer Privatbanken, die in den vergangenen fünf Jahren um 13 Prozent schrumpfte, wie entsprechenden Daten des Beratungsunternehmens PwC zu entnehmen ist. Trotzdem ist bei den jüngsten Transaktionen etwas anders, wie eine Analyse von finews.ch zeigt. 

Neues Kompetenzzentrum

Grundsätzlich gibt es im Private Banking keine unfreundlichen Übernahmen, da in einem solchen Fall das Risiko zu gross wäre, dass Kunden respektive Kundengelder abwandern. Bei den jüngsten Übernahmen offenbart sich jedoch eine neue Qualität des Umgangs zwischen Käufern und Verkäufern. Das zeigt sich beispielsweise an der Transaktion zwischen Reyl und Intesa.

Die Genfer Bank ist zwar um ein Vielfaches kleiner als der italienische Konzern, doch Reyl spielt in der weiteren Private-Banking-Strategie von Intesa eine zentrale Rolle – wird sozusagen zum internationalen Kompetenzzentrum für die Vermögensverwaltung.  

Klare Verhältnisse

Unter diesen Prämissen wollen die beiden Partner ihre betreuten Kundengelder von derzeit gut 20 Milliarden Franken in den kommenden Jahren signifikant erhöhen.

Dieser Ansatz stellt eine Abkehr von früheren Übernahmen dar, als die Verhältnisse von Anfang an feststanden. So akquirierte die Bank Julius Bär 2012 das internationale Wealth-Management-Geschäft von Merrill Lynch und integrierte es in das eigene Unternehmen. Ähnlich erging es auch den Depots der britischen Bank HSBC in der Schweiz, die direkt zur liechtensteinischen Fürstenbank LGT wanderten.

Partner an Bord

Mit anderen Worten: Der Verkäufer respektive dessen Vermögenswerte «verschwanden» im «Gebilde» des Käufers. Im Gegensatz dazu illustrieren die drei jüngsten Transaktionen so etwas wie einen kooperativen Ansatz. «Privatbanken brauchen heute nicht mehr 100 Prozent an etwas zu besitzen. Vielmehr suchen sie neue Wege der Zusammenarbeit, indem der übernommene Partner immer noch eine gewisse Rolle spielt», sagt Ralph Kreis, Leiter für Finanzdienstleistungen Zürcher Beratungsunternehmen Alix Partners.

Das zeigt sich gut beim Zusammenschluss von Landolt mit Oddo BHF. Pierre Landolt und Thierry Lombard (ein Nachfahre der Gründerfamilie Lombard Odier), der vor vier Jahren einstieg, halten gemeinsam vier Prozent an Oddo BHF, die wiederum vom französischen Bankier Philippe Oddo kontrolliert wird.

Mehr «DNA»

Mit anderen Worten: Oddo BHF sieht Landolt als Sprungbrett, um mehr Vermögen, mehr Teams und mehr «DNA» hierzulande zu gewinnen, sagte Joachim Häger, Chef für Wealth Management bei Oddo BHF unlängst in einem Interview mit finews.ch.

Das scheint ein sehr wichtiger Aspekt zu sein, zumal bis zu 20 Prozent der Schweizer Privatbanken Schwierigkeiten bekunden, eine genügende Rentabilität zu erreichen, wie einer Studie von PwC zu entnehmen ist. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nicht überraschend noch beschleunigt.

Neue Übernahme-Gelüste

Diese neue Art der Akquisition könnte auch in den künftigen Wachstumsplänen der Bank Julius Bär ihren Niederschlag finden. Derzeit darf das Institut auf Geheiss der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) aufgrund von Compliance-Vorschriften keine Übernahmen tätigen. Doch im nächsten Jahr könnte dieses Verbot fallen, wie Julius-Bär-CEO Philipp Rickenbacher kürzlich in einem Interview mit der Schweizer Börsenplattform «The Market» andeutete.

Gut möglich, dass Julius Bär dann ebenfalls einen solchen Weg einschlägt. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bank, wie andere Finanzinstitute auch, ihre Expertise im Bereich von Privatmarkt-Anlagen mit einem Spezialisten der UBS markant ausgebaut hat, wie auch finews.ch unlängst berichtete. Insofern könnte Julius Bär durchaus auch dieses Know-how einsetzen, um eine Akquisition zu tätigen.

Bank als Hub

Dies bestätigt indirekt auch Ralph Kreis von Alix Partners. «In den vergangenen zwei oder drei Jahren sind viele Investoren aufgetaucht, die im Sinne von Private Equity nach Engagements suchen und dabei den Schweizer Markt als Plattform betrachten.»

Ein solches Beispiel ist auch die von katarischen Investoren kontrollierte Privatbanken-Gruppe Quintet, die ihren Wealth-Management-Hub von der Schweiz aus betreibt und dafür die Bank am Bellevue vor einigen Monaten übernahm. Auch dies eine Übernahme, die nicht mehr dem gängigen Muster einer klassischen Akquisition entspricht, sondern aus klaren strategischen Überlegungen zustande kam.

Reiz einer Partnerschaft

Der neue Ansatz birgt allerdings auch Risiken. Zum einen müssen die Partner genau festlegen, wer welche Rolle spielt. Zum andern sind bei internationalen Schulterschlüssen die regulatorischen Hürden immer sehr gross und komplex. Last but not least sind bei grenzüberschreitenden Verbunden auch die Gebühren für bestimmte Dienstleistungen immer wieder eine Herausforderung. 

Trotzdem haben Akquisitionen, die auf einer Partnerschaft beruhen, in der sich epochal wandelnden Finanzwelt durchaus ihre Existenzberechtigung. Oder wie es Ralph Kreis von Alix Partners formuliert: «Der Reiz einer Partnerschaft besteht darin, dass man sozusagen gefordert ist, zusammenzuarbeiten.»

 

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