Vermeintlich erfolgreiche Geldhäuser verabschieden sich aus der Paradedisziplin im Schweizer Private Banking. Warum?

Von der Konsolidierung in der Schweizer Vermögensverwaltung (Private Banking) ist seit Jahren die Rede. Namhafte Akteure sind denn auch schon verwunden. Mit der (gestrigen) Übernahme von Pâris Bertrand durch die renommierte Bank Rothschild hat diese Entwicklung jedoch eine neue Eskalationsstufe erreicht.

Aus den verschiedenen Transaktionen der vergangenen 18 Monate schält sich ein klarer Trend heraus: Das beschauliche Swiss Private Banking neigt sich seinem Ende entgegen. Ob Bank am Bellevue, Landolt, GS Bank, Banca Arner oder Banque Profil de Gestion und nun auch Pâris Bertrand – diese Institute scheinen vermeintlich alles richtig gemacht zu haben.

Ohne Überlebenschancen

Sie besassen eine solide Schweizer Klientel, schoben keine Altlasen vor sich her und waren einer seriösen Vermögensverwaltung verpflichtet wie sie im Buche steht. Trotzdem hatten sie in dieser Ausgestaltung ganz offensichtlich keine Existenzberechtigung mehr. Warum?

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt, dass sich das Verschwinden solcher Institute auf vier Faktoren zurückführen lässt: das Ende der Schwarzgeld-Ära, die verschärften Gesetze und Bestimmungen im Geschäft mit der Klientel aus Schwellenländern, die Komplexität der Bedürfnisse superreicher Knden sowie der fehlende Mehrwert in der Angebotspalette.

Schwarzgeld und Geldwäscherei-Skandale

Die ersten zwei Punkte sind rasch erklärt: Seit dem faktischen Ende des Schweizer Bankgeheimnisses ist die Verwahrung von Schwarzgeld für hiesige Finanzinstitute kein Geschäftsmodell mehr; und die Jagd auf Kunden aus Schwellenländern entpuppte sich in vielen Fällen als heikles Unterfangen, das nicht wenigen Banken am Ende des Tages mehr Probleme als Mehrerträge einbrockte. Der PDVSA-Geldwäscherei-Skandal in Venezuela illustriert zum Beispiel gut, wie sich mehrere Schweizer Privatbanken in die Bredouille brachten.

Aber auch das Geschäft mit sehr reichen Privatkunden, sogenannten Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWIs), ist eine delikate Angelegenheit; heutzutage weniger wegen der Geldwäscherei-Problematik als vielmehr, weil die Bedürfnisse der Superreichen mittlerweile so komplex sind, dass eine gewöhnliche Privatbank da gar nicht mehr mithalten kann. Ausserdem schieben viele UHNWIs gewiefte Berater vor, die die Kommissionen und Gebühren dermassen drücken, dass sich superreiche Kunden für viele Banken gar nicht mehr rechnen.

Kapital und Kredite

Kleine und mittelgrosse Finanzinstitute verfügen auch nicht über die Bilanz, um grosse Privatkunden bei komplexen Kapitalfinanzierungen oder Krediten zu unterstützen; zudem haben sie oftmals auch nicht mehr die modernste IT, um dieser Klientel erstklassige Lösungen zu bieten.

Kein Wunder, ist das Geschäft für viele Privatbanken in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. Nun gesellt sich noch ein vierter Faktor hinzu: Welchen Mehrwert kann eine klassische Privatbank überhaupt noch bieten?

Alte Welt gegen neue Welt

Die Beratung beim Handel mit Wertschriften – in der Vergangenheit einer der wichtigsten Ertragspfeiler – fällt weg, weil heute viele Kunden selber bestens informiert sind, bisweilen sogar einen Informationsvorsprung gegenüber ihrem Berater besitzen und die meisten Transaktion in Eigenregie online abwicklen können. Ausserdem bezahlen sie bei entsprechenden digitalen Anbietern einen Bruchteil der Gebühren einer Privatbank.

Kommt hinzu, dass viele Finanzprodukte der Privatbanken wenig innovativ sind respektive nicht den jüngsten Entwicklungen im Finanzuniversum Rechnung tragen, wie Kryptowährungen, Privatmarktanlagen oder Club Deals. Das hat damit zu tun, dass viele Mitarbeitende klassischer Privatbanken noch selber in der «alten Welt» verhaftet sind, so dass eine noble Privatbank für jüngere Leute kaum mehr die erste Jobadresse ist.

Das führt zwangsläufg dazu, dass sich die Klientel vieler Privatbanken nicht mehr gross verjüngt, sondern «wegstirbt», zumal die Erben – die sogenannte Next Generation – auch lieber ein moderneres Institut in Betracht ziehen.

Banking wie Kaffee trinken

Mit anderen Worten: Vielen Privatbanken fehlt ein Differenzierungsmerkmal, um neue Kunden anzuziehen. Vor allem fehlt vielen Häusern eine emotionale Komponente, mit der sich der Kunde identifzieren kann, genauso wie er dies in anderen Branchen etwa mit Apple, Starbucks oder On-Turnschuhen macht. Ohne User-Experience bleiben die Kunden aus. 

Unter diesen Prämissen steht die Übernahme der Bank Paris Bertrand durch Rothschild sinnbildlich für eine ganze Reihe von Finanzinstituten, die es tatsächlich nicht mehr braucht. Mit der weiteren Digitalisierung und den neuen Herausforderungen, die eine Welt im Corona-Modus stellt, wird der Markt dies zwangsläufig richten. 

 

 

 

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