finews.ch wirft zu Jahresbeginn den Blick auf je fünf Frauen und Männer, von denen in den nächsten Monaten in der Schweizer Finanzbranche einiges zu erwarten ist.


1. Francesca McDonagh – Restrukturiererin mit dem Zeug zu mehr

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(Bild: CS)

Eigentlich hätte sie Europachefin der Credit Suisse (CS) werden sollen. Doch noch bevor die Irin Francesca McDonagh zur zweitgrössten Schweizer Bank stiess, wurde sie für höhere Weihen bestimmt: Als operationelle Leiterin (COO) wirkt sie nun als rechte Hand von Konzernchef Ulrich Körner.

Zusammen mit Finanzchef Dixit Joshi bilden sie das Trio, dass den Umbau des Instituts orchestrieren soll. Gelingt dieser, empfiehlt sich die 47-Jahre-junge Managerin für noch verantwortungsvollere Posten. Als Stellvertreterin des 60-jährigen Körner könnte sie diesen als nächste CEO der CS durchaus beerben.


2. Francesco De Ferrari stemmt sich gegen die Flut

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Bild: PD)

Mit Francesco De Ferrari möchte wohl derzeit kaum jemand den Job tauschen. Nach Vermögensabflüssen von bis zu 100 Milliarden Franken im von ihm verantworteten Wealth Management der CS steht der schweizerisch-italienische Banker 2023 unter massivem Erwartungsdruck. Nach Aussagen seiner Vorgesetzten ist es seinen Private Bankern zwar kurzfristig gelungen, die gröbsten Abflüsse zu stoppen.

Doch das angekratzte Vertrauen der reichen und superreichen Kunden wieder herzustellen, wird mehr Zeit in Anspruch nehmen. Derweil nehmen mit dem gesunkenen Volumen die Erträge im Kerngeschäft der Bank ab – und der für 2025 angestrebte Turnaround wird nochmals schwieriger. Was also wird De Ferrari 2023 tun?


3. Iqbal Khan: Jetzt bloss keinen Fehler machen

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(Bild: PD)

Seit er 2019 zur UBS stiess, lief es für Iqbal Khan wie am Schnürchen. Im Jahr 2021 trug er als Co-Leiter der Globalen Vermögensverwaltung (GWM) wesentlich zum Rekordjahr der Schweizer Nummer eins im Swiss Banking bei; nach der Pensionierung von Tom Naratil verantwortet er das Kerngeschäft der Grossbank im Alleingang.

Damit ist er für viele Beobachter als Nachfolger von Bankchef Ralph Hamers gesetzt. Dies umso mehr, als der neue Präsident Colm Kelleher das Geschäft mit superreichen Privatkunden noch forcieren will. Nachdem mächtige Interne wie Josef «Joe» Stadler «gebändigt» sind, steht dem ambitionierten Khan niemand mehr im Weg.

Wer das Sagen hat, trägt allerdings auch die ganze Verantwortung. Das erwartbar schwierige Umfeld von 2023 hält hier wohl einige Fallstricke für Khan bereit.


4. Naureen Hassan auf dem Trek mit den amerikanische Reichen

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(Bild: UBS)

Als Iqbal Khan im vergangenen Oktober von Co-Leiter Tom Naratil die Gesamtverantwortung für die GWM-Sparte übernahm, übernahm Naureen Hassan als Präsidentin die Leitung des Amerika-Geschäfts.

Die Amerikanerin indischer Abstammung ist in US-Finanzkreisen bestens vernetzt, war sie doch vor ihrer Berufung bei der UBS die Nummer zwei der New Yorker Federal Reserve, der wichtigsten der zwölf gleichberechtigten lokalen Notenbanken. Den UBS-Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher kennt sie aus gemeinsamen Zeiten bei der Wallstreet-Institution Morgan Stanley; heute teilen sie sich das Ziel, das Standing des Schweizer Instituts in den USA massgeblich zu erhöhen.

Zu diesem Zweck hat Hassan im vergangenen November bereits die erste Reorganisation eingeleitet. Damit reagiert die UBS unter anderem auf den Trend, dass reiche Amerikaner in Scharen die Grossstädte Richtung Texas und Florida verlassen.


5. Peter Romanzina goes West für Vontobel

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(Bild: Vontobel)

Um reiche Amerikanerinnen und Amerikaner kümmert sich künftig auch Peter Romanzina. Dies allerdings nur, wenn sie ihr Geld in die Schweiz und zu Vontobel bringen.

Der langjährige Leiter der Research-Abteilung des Zürcher Investmenthauses hat im vergangenen November überraschend die Leitung der Vontobel-Tochter Vontobel Swiss Wealth Advisors (VSWA) übernommen. Romanzina soll auch die neue Einheit führen, die mit der rechtlichen und operativen Zusammenführung der Vontobel SFA (ehemals UBS Swiss Financial Advisers) und VSWA zum Ende des ersten Quartals 2023 entsteht.

Diese verwaltet dannzumal rund 10 Milliarden Franken an Vermögen und ist die Schweizer Marktführerin im Offshore-Geschäft mit US-Bürgern. Angesichts des neuen Amerika-Fokus im Swiss Banking steht das Zürcher Traditionsinstitut Vontobel damit zusätzlich im Rampenlicht.


6. Verena Gross – Schweizer Wachstumshoffnung von Pictet

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(Bild: Pictet)

Verena Gross wird im kommenden Juli die Leitung des Private Banking von Pictet in der Deutschschweiz übernehmen. Sie löst dabei Victor Aerni ab, der von Singapur aus die Leitung in Asien übernimmt, wie finews.ch exklusiv meldete. Damit verantwortet sie zugleich den Markt, in dem die Genfer Privatbank hierzulande am schnellsten wächst.

Keine geringe Verantwortung, zumal Pictet 2021 mit dem Einzug in den Zürcher Prestigebau Leuenhof an der Bahnhofstrasse entsprechende Wachstumsambitionen unmissverständlich signalisierte. Die Kompetenz solche Erwartungen zu erfüllen, dürfte die erfahrene Bankerin durchaus mitbringen. Sie arbeitet seit 13 Jahren für Pictet und betreute zuvor für die als höchst fordernd bekannte US-Bank Goldman Sachs superreiche Kunden von Zürich aus.


7. Jay Bidermann – Nächste Generation übernimmt Verantwortung

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(Bild: R+B)

Mit Jay Bidermann hat Anfang 2023 die vierte Generation der Familie Bidermann bei der Zürcher Privatbank Rahn+Bodmer im Kreis der unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen haftenden Teilhaber Einzug gehalten. Damit sichert das 1750 gegründete Institut seine Kontinuität und gleichzeitig den Glauben an die Zukunft im nicht immer einfachen Swiss Banking.

Entsprechend sagt Bidermann auch: «Für mich steht die zeitgenössische persönliche Betreuung im Mittelpunkt. Ich sehe grosses Zukunftspotential in diesem individuellen Ansatz, da dies andernorts mehr und mehr verloren gegangen ist und dort zunehmend auf standardisierte Lösungen gesetzt wird.» Das ist eine klare Ansage, an den man den jungen Bidermann ab diesem Jahr messen wird. C’est à suivre.


8. Nicole Curti – Galionsfigur des Wandels in der EAM-Szene

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(Bild: Christophe Senehi)

Der Generationswechsel beschäftigt das Metier der unabhängigen Vermögensverwalter mehr denn je. Diverse Erhebungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren die Hälfte der heute aktiven External Asset Managers (EAM) das Rentenalter erreicht und entsprechend ihren Laden dicht macht – oder verkauft. Entsprechend gesucht ist junges Blut.

Insofern war die Wahl von Nicole Curti zur Präsidentin der Branchenvereinigung Allianz Schweizer Vermögensverwalter (ASV) beispielhaft; die perfekt viersprachige Bernerin (Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch) baute die Genfer Niederlassung der Vermögensverwalterin Stanhope Capital auf und war zuvor lange für die Privatbank Lombard Odier tätig. Sie verkörpert die «Next Generation» unter den EAMs, die mehr Zusammenarbeit anstrebt und den Einsatz neuer Arbeitsmittel und -formen forciert.

Im neuen Jahr will sie bekannt geben, bei welchem unabhängigen Vermögensverwalter sie – nach Stanhope Capital – wieder eine Führungsfunktion übernimmt wird. Das ist insofern wichtig, um ihre Position als ASV-Präsidentin zu rechtfertigen.


9. Luca Venturini bringt Dynamik auf den Tessiner Finanzplatz

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(Bild: PKB)

Kaum eine andere Schweizer Privatbank auf dem Tessiner Finanzplatz hat im vergangenen Jahr mehr von sich reden gemacht als die PKB. Konsequent und gradlinig entledigte sie sich ihrer Altlasten und schwenkte auf einen zukunftsgerichteten Wachstumskurs um, mit dem sie selbst vom Tessin aus realistische Ambitionen anmelden kann. Massgeblich zu diesem Neuanfang hat Luca Venturini beigetragen, der 2019 von Julius Bär zum Unternehmen stiess und seit 2020 CEO der Bank ist.

Er verstand es 2022 eindrücklich, frische Kräfte an Bord zu holen, darunter die frühere UBS- und CS-Bankerin Monica Malnati als HR-Chefin in der Geschäftsleitung, Ex-UBS-Banker René Meyer als Senior Relationship Manager Private Banking mit Schwerpunkt «Latam» sowie einem Team der Credit Suisse unter der Leitung von Raimondo Morandi, und last but not least dem früheren UBS-Manager Stefano Veri als Mitglied des Verwaltungsrats.

Sie sollen dafür garantieren, dass das Unternehmen der Familie Trabaldo Togna sich glaubwürdig und kompetent als Adresse für Private-Banking-Dienstleistungen auf einem nach wie vor wichtigen und auch unterschätzten Finanzplatz empfehlen kann. 

Die PKB ist indessen nicht auf Lugano beschränkt. Sie ist ebenso in Bellinzona, Zürich, Genf sowie in Panama präsent. Ausserdem hat sie mit der Tochtergesellschaft Casa Lombarda auch einen Brückenkopf nach Italien – und ist so nicht vom nach wie vor fehlenden Marktzugang vieler Schweizer Finanzinstitute nach Italien betroffen.


10. Karin Keller-Sutter: Mit feinem Gespür in grossen Fussstapfen

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(Bild: EFD)

Nach dem Rücktritt von Ueli Maurer bleibt das wichtige Finanzdepartement in bürgerlicher Hand. Mit Karin Keller-Sutter hat eine Bundesrätin, die sich in der Vergangenheit nicht nur durch Sattelfestigkeit in den Dossiers auszeichnete, sondern auch durch ein feines Gespür für Stimmungen in der Bevölkerung und durch eine gute Portion an Machtinstinkt, die Nachfolge angetreten.

Der Vorgänger von Keller-Sutter hat die Messlatte sehr hoch gelegt. Wie nur wenige Finanzminister zuvor pflegte Maurer die Beziehungen zur Finanzbranche intensiv, was auch Vertreter des Schweizer Finanzplatzes bestätigten. Der gut vernetzten neuen Finanzministerin ist durchaus zuzutrauen, dass sie sich mit derselben Verve für einen attraktiven Schweizer Finanzplatz einsetzt und einen guten Draht zu den wichtigen Akteuren der Branche findet. Das muss sie 2023 beweisen.


Mitarbeit: Claude Baumann, Samuel Gerber

 

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