Wegen eines «Late Call» der US-Börsenaufsicht bezüglich einer technischen Bewertung konnte die Credit Suisse ihren Geschäftsbericht nicht wie geplant veröffentlichen. Über eine relativ unbedeutende Umbuchung zu stolpern, zeugt von der Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen und Risiken richtig einzuschätzen, wie finews.com-Redaktor Andrew Isbester in einem Kommentar schreibt.

Wer sich am Ende am meisten blamiert hat, wird sich wohl im Nebel der Zeit verlieren: Der Mitarbeiter der Securities and Exchange Commission (SEC), der den Anruf am Mittwochabend getätigt hat, oder die gestressten Mitglieder des Teams im Rechnungswesen der Credit Suisse (CS), die für die wenig geprüften Teile der jährlichen Finanzberichterstattung der Bank verantwortlich sind.

Auf jeden Fall sind die Verantwortlichen für die konsolidierte Kapitalflussrechnung oder diejenigen, die für die grundlegenden Anpassungen zuständig sind, spätestens seit Mittwoch sehr leise im Büro herumgeschlichen.

Etwas aufgeblasen

Wie finews.ch berichtete, waren die Ereignisse von vergangener Woche ein Ausdruck der verordneten Nulltoleranz der neuen CS-Führung nach Jahren der Verluste und Debakel, von denen die meisten selbst verschuldet waren. Wenn dem so war, dann war es ein äusserst schlechtes Beispiel.

Denn es zeigt die Unfähigkeit, Risiken zu priorisieren und richtig einzuschätzen. Am Ende wurde etwas aufgeblasen, das sehr überschaubar erscheint.

Was wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt? Bankinterne Quellen behaupten, dass es sich tatsächlich um eine späte Anfrage im Zusammenhang mit Cashflow-Anpassungen handelte. Die SEC lehnte eine Stellungnahme auf Anfrage ab.

Etwas ist faul

Aber wie schon andere Kommentatoren auf finews.ch angedeutet haben, ist hier etwas faul. Wahrscheinlich hätte die SEC diese Bemerkung schon früher machen sollen. Kompliziert wird der Fall ausserdem, weil der jährliche Offenlegungsprozess einer Grossbank mühsam ist.

Die Planung beginnt in der Regel relativ früh im Jahr. Alle Berichte werden von internen und externen Revisoren gründlich geprüft, bis hin zu einer abschliessenden Kontrolle Seite für Seite, bei der jede Zahl, die gedruckt wird, von den beteiligten Teams gelesen und bestätigt wird.

Kaskade von Unterschriften

Ausserdem überprüfen interne und externe Rechtsberater alle wesentlichen Informationen und sind in der Regel mit allen offenen Fragen einer so wichtigen Aufsichtsbehörde wie der SEC vertraut.

Darüber hinaus muss das Management jedes Detail absegnen, was in vielen kotierten Unternehmen zu einer komplizierten und schwerfälligen Kaskade von erforderlichen Unterschriften geführt hat.

Jemand musste Bescheid wissen

Dies macht die Entscheidung des Managements noch weniger verständlich. Irgendjemand muss gewusst haben, dass es offene Fragen gab, und es wäre seine Aufgabe gewesen, das Management dazu zu bringen, sich doch noch mit der Veröffentlichung vertraut zu machen.

Insofern kann von einer Nulltoleranz gegenüber Risiken keine Rede sein, zumal nichts davon die aktuellen Zahlen der Bank beeinflusst. Wenn dem so wäre, dann wäre das ein Grund zur Sorge.

Wie weiter?

Aber wenn die Bank mit einem offenbar kleinen Problem so umgeht, dann ist es mehr als wahrscheinlich, dass sie auch in Zukunft grössere und bedeutendere Probleme falsch einschätzen oder sogar übersehen wird.

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