Im Zwist um Mängel im Geschäftsbericht der Credit Suisse zeigte die US-Börsenaufsicht unlängst ihre Zähne. Darum musste die Grossbank zurückkrebsen, wie sich aus der jetzt öffentlichen Korrespondenz rekonstruieren lässt.

Die Credit Suisse (CS) und die US-Börsenaufsicht SEC haben eine monatelange Debatte über die Schwere der Berichtsmängel geführt. Die Unnachgiebigkeit der mächtigen SEC veranlasste die Schweizer Bank schliesslich dazu, ihren Jahresbericht zu verschieben und anzupassen.

Dies geht aus der am Dienstag in der Online-Datenbank der SEC veröffentlichten Korrespondenz hervor, welche die Nachrichtenagentur «Reuters» auswertete. Die Auseinandersetzung begann demnach bereits im Juli 2022, als Mitarbeiter der Behörde erstmals an Vertreter der CS herantraten.

Löchriges Kontrollsystem

Am 9. März 2023 erklärte dann die CS, sie habe die Vorlage des Jahresberichts nach einem «späten Telefonat» mit der Aufsichtsbehörde verschoben, bei dem Fragen zu früheren Finanzberichten aufgeworfen wurden. Die CS wolle sich kurz Zeit nehmen, um die eingegangenen Kommentare besser zu verstehen.

Dabei ging es um Änderungen, welche die Grossbank bei der Verbuchung einer Reihe von Zahlungsströmen vorgenommen hatte, wie auch finews.ch berichtete.

Betroffen waren aktienbasierte Vergütungen und Devisenabsicherungen. Gleichzeitig ging es um die Frage, ob Kontrollmängel gegenüber dem Prüfungsausschuss offengelegt oder an die Anleger weitergegeben werden müssen.

Verunsichernde Verzögerung

Erst am 10. März 2023 forderte die SEC gemäss den Unterlagen die Bank auf zu erklären, wie sie zu dem Schluss kam, dass für die Geschäftsjahre 2021 und 2022 keine wesentlichen Schwachstellen auf Unternehmensebene vorlagen.

Die Verzögerung in letzter Minute beunruhigte die Analysten und liess die Aktien der CS auf einen Tiefstand fallen. Das Hin-und-Her zwischen der Bank und der US-Aufsichtsbehörde zog sich über eine weitere Woche hin, während der Finanzsektor wegen der Bankenkrise in den USA in Aufruhr geriet.

Doch wesentliche Schwachstelle

Wesentliche Schwachstellen gelten als die schwerwiegendste Form der Kontrollmängel. In früheren Schreiben an die SEC im August und November bezeichneten der ehemalige Finanzchef der CS, David Mathers, und sein Nachfolger Dixit Joshi die Mängel als «deficiencies», die als weniger schwerwiegend gelten.

In dem Schreiben vom 10. März 2023 an Joshi bestätigten die SEC-Mitarbeiter Gespräche mit der Bank vom 8. bis 10. März 2023. Joshi antwortete am 12. März 2023 und erklärte in einem Schreiben, dass das Unternehmen die Bedenken zur Kenntnis genommen und seine Position neu bewertet habe, wie es bei «Reuters» heisst.

«Wir werden berichten, dass wir eine wesentliche Schwachstelle in der internen Kontrolle der Finanzberichterstattung haben und hatten», so Joshi in dem Schreiben, das in der Online-Datenbank der SEC veröffentlicht wurde.

Warnung der SEC

Die CS hatte die Aktionäre am 14. März 2023 in ihrem Geschäftsbericht über die Schwachstellen informiert, einen Tag bevor ihr die Schweizerische Nationalbank eine Liquiditätshilfe gewährte. Am 19. März 2023 wurde dann die Übernahme der Bank durch die Schweizer Rivalin UBS angekündigt.

Der oberste Rechnungsprüfer der SEC warnte im März 2022 börsenkotierte Unternehmen davor, Fehler in der Rechnungslegung einseitig als unwesentlich für die Anleger zu betrachten.

Wesentliche Schwachstellen sind bei grossen, hochentwickelten Unternehmen ungewöhnlich, sagte Miguel Angel Minutti-Meza, Lehrstuhlinhaber für Rechnungswesen an der Universität von Miami gegenüber «Reuters». Für Unternehmen in der Spitzengruppe seien diese Art von Problemen sehr selten und würden die Investoren umso mehr beunruhigen.

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