Die UBS wie auch die Credit Suisse verfügen in London über ikonische Hauptsitze. Ob sich die kombinierte Grossbank den Luxus von zwei teuren Standorten in der britischen Metropole in der Zukunft noch leisten kann, ist allerdings zu bezweifeln.

Der Londoner Stadtteil Canary Wharf ist ein geschichtsträchtiger Ort. Wo früher die Lagerhäuser der Docklands standen und Schiffe aus allen Ecken des Empires ihre Waren umschlugen, entwickelte sich im 19. Jahrhundert einer der wirtschaftlichen Knotenpunkte des Welthandels. Hier entstanden ganze Epochen und gingen auch da zu Ende.

Einer der Autoren, der die Gegend des alten Londoner Hafens gerne und ausführlich beschrieben hat, ist Joseph Conrad. In vielen seiner Bücher diente dieses menschengemachte Labyrinth aus Kanälen, Schleusen, Hafen-Bassins, Lagerhäusern, Brücken und Strassen als Ausgangspunkt für seine Erzählungen, sei es in das «Herz der Finsternis» oder «Der Spiegel der See».

Credit Suisse als Geburtshelferin

Der Niedergang dieses einstigen Knotenpunkts dauerte Jahrzehnte. Doch spätestens in den 1960er-Jahren war klar, dass London als Gezeitenhafen keine Zukunft hat. Mit den neuen Terminals an der Themsemündung konnten die alten Anlagen nicht mithalten. Die Gegend verwandelte sich in eine Brache.

Im Jahr 1984 besichtigte Michael von Clemm, Chef der Credit Suisse Investmentbank, im Auftrag eines Kunden die Docklands, um einen Standort für einen Lebensmittel-Verarbeitungsbetrieb zu suchen. Dabei hatte von Clemm die Idee, das Gebiet für Bürobauten zu nutzen.

Ohne Erwartungen

Dafür war allerdings eine gewisse Grösse nötig. Denn nur so liess sich ein entsprechendes Vorhaben profitabel betreiben. Unter diesen Prämissen entstanden Pläne zusammen mit der US-Bank Morgan Stanley, aus denen jedoch nichts wurde. Als 1987 die Docklands Light Railway (DLR) eröffnet wurde, hatte man in Canary Wharf keine Station errichtet, da man nicht mehr mit einer Entwicklung des Gebiets rechnete.

One Cabot Square (Bild: CS)

Das änderte sich erst 1988, als das vom Immobilienunternehmer Paul Reichmann geleitete kanadische Unternehmen Olympia and York (O&Y) das Projekt übernahm und es zur Baureife brachte. Bei der Neuentwicklung von Canary Wharf und der gesamten «Isle of Dogs» war die CS verständlicherweise von Beginn an dabei.

Und unter diesen Vorzeichen bot auch der 1991 eröffnete Büroturm «One Cabot Square» der damaligen Credit Suisse First Boston (CSFB) ein standesgemäss modernes und imposantes Zuhause.

HSBC macht den Anfang

Doch nun scheinen für Canary Wharf härtere Zeiten anzubrechen: Einer der Vorboten ist der Umzug der Grossbank HSBC in ein deutlich kleineres Gebäude in der Londoner City. Damit geht einmal mehr eine Epoche zu Ende. Das 45-Stockwerk-Hochhaus der HSBC prägt neben den Türmen der Konkurrenten Barclays und Citi die Skyline der Halbinsel in der Themse-Schleife.

Vermieterin war Aktionärin

Der CS-Tower ist zwar nicht einer der höchsten, bietet aber auf 21 Stockwerken und gut 50'000 Quadratmetern auch für eine Grossbank sehr viel Platz. Das Hochhaus wurde zwischen 2015 und 2019 vollständig renoviert. Zu guten Zeiten waren hier mehr als 5'000 CS-Mitarbeitende beschäftigt, wie die CS-Medienstelle auf Anfrage von finews.ch mitteilte.

Doch die CS ist in dem Gebäude nur Mieterin. Besitzerin ist seit 2012 die Qatar Investment Authority (QIA), die nach der Saudi National Bank (SNB) die zweitgrösste Aktionärin der Credit Suisse war. Der Mietvertrag läuft noch bis ins Jahr 2034.

Eher in die Breite, denn in die Höhe

ubs broad lon

5 Broadgate (Bild: Shutterstock)

Einen anderen Weg in London ging die UBS. Sie logiert seit 2016 im 2012 gebauten Komplex «Broadgate 5» mitten in der Londoner City. Das Gebäude ist kein Büroturm im klassischen Sinn, sondern ein sogenannter «Groundscraper», der eher in die Breite als in die Höhe strebt.

Der Bau, der mit seiner metallenen Fassade an eine gigantische Maschine erinnert, ist ebenfalls grosszügig dimensioniert und sollte auf rund 65'000 Quadratmeter bis zu 6'000 Mitarbeitenden Platz bieten.

Buchhalter als Untermieter

Seit Herbst 2022 hat die UBS zwei Stockwerke mit rund 9'800 Quadratmeter an die Buchhaltungsfirma Grant Thornton vermietet. Die flexiblen Arbeitsmodelle und die Arbeit von zu Hause haben die Auslastung durch die UBS-Beschäftigten stark schrumpfen lassen.

Besitzer hier ist der National Pension Service Südkoreas, der das Gebäude 2022 für 1,21 Milliarden Pfund (damals rund 1,49 Milliarden Franken) von der CK Asset Holding des chinesischen Tycoons Li Ka-shing erworben hat. Auch hier besteht ein langfristiger Mietvertrag der UBS bis 2035.

Standortfrage bald auf der Agenda

Sobald die Chefetage in Zürich weiss, wie die «neue» UBS in Zukunft in Grossbritannien aufgestellt sein soll, dann wird auch die Standortfrage auf der Agenda landen. Ein Umzug der «Rest-CS» von Canary Wharf ins Herz der «Square Mile» der Londoner City wäre die naheliegendste Lösung.

Damit würde in dem Stadtteil, der wie kein anderer für die Boom-Zeit der Ära von Margaret Thatcher steht, ein grosses Loch gerissen. Vorläufig ist nichts entschieden. Vorderhand hüllen sich sowohl die UBS als auch die CS in Schweigen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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