Beim Schweizer Asset Manager Bellevue kommt es zu einem Wechsel an der operativen Spitze. Damit hatten nur die wenigsten gerechnet. Auf den langjährigen CEO folgt ein Manager von der Credit Suisse.

Der baldige Abgang von André Rüegg als langjähriger CEO des Schweizer Vermögensverwalter Bellevue hat am gestrigen Montag für einige Verwunderung in der hiesigen Finanzbranche gesorgt.

Immerhin steht der Manager seit 15 Jahren im Sold der Bellevue Gruppe, davon die letzten acht Jahre als CEO. In seiner Amtszeit galt der erfahrene Rüegg stets als souveräner und erfahrener Mann auf der Kommandobrücke, der massgeblich dazu beitrug, das Unternehmen in seinem Profil als spezialisierter Asset Manager – vor allem im Gesundheitsbereich – zu schärfen.

Bank verkauft

Konkret gelang ihm der sukzessive Ausbau der Asset-Management-Kompetenz und die unverkennbare Positionierung von Bellevue, während die zugehörige Bank veräussert wurde.

Heute ist die Anlageexpertise von Bellevue insbesondere im Healthcare-Bereich international gesucht und geschätzt, wie aus Investorenkreise zu hören ist.

Gute Gründe

Umso grösser war daher die Überraschung am Montag, dass Rüegg nun einem langjährigen Credit-Suisse-Manager per Ende 2023 weichen wird, wie auch finews.ch berichtete. Gleichwohl gibt es aus Sicht des Fondshauses wohl gute Gründe, dass ein Grossbanker nun als CEO übernimmt.

Zum einen sind solche Top-Leute (von der CS) derzeit aus bekannten Gründen auf dem (Arbeits-)Markt, zum andern ist es eine Tatsache, dass Bellevue in jüngster Zeit erheblich an Dynamik eingebüsst hatte, was sich auch im Aktienkurs äussert, der innert einem Jahr 16 Prozent und über 24 Monate fast 30 Prozent an Wert einbüsste.

Zwischen Euphorie und Ernüchterung

Nun muss man auch einräumen, dass dies nicht allein ein Bellevue-Problem ist. Generell hat der Gesundheitssektor (Healthcare) nach der Euphorie bis weit in die Covid-Zeit hinein brilliert, um dann im Sog der Zinswende im Frühjahr 2022 massiv einzubrechen.

Ein anderes, treffendes Beispiel dafür ist auch die Zuger Beteiligungsgesellschaft HBM, der es in diesem Zeitrahmen nicht besser ergangenen ist. Besonders schwer ins Gewicht fiel dabei auch der Umstand, dass Healthcare-Startups und nicht-kotierte Firmen im Zuge dieser Ernüchterung markant an Unternehmenswert einbüssten, was sich wiederum auf die Portefeuilles bei Bellevue oder eben auch bei HBM niedergeschlagen hat.

Enorm unter Druck

Das ist insofern ein Phänomen, als dass niemand daran zweifelt, dass der Healthcare-Bereich ein riesiges Wertschöpfungs- und Kurspotenzial besitzt; untermauert wird dies noch durch die grossen demografischen Veränderungen in der Welt einerseits und dem Trend zu mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit. Gleichwohl hat sich dies im aktuell eher volatilen und richtungslosen Börsenumfeld in keiner Weise als stützend erwiesen.

Mit dem Resultat, dass sich ein Chef wie André Rüegg einem enormen Druck ausgesetzt sieht respektive sah. Frühzeitig eingeleitete Diversifikationsbestrebungen, sei es im Private-Equity-Bereich (namentlich Secondaries) oder in Aktien von familien- und unternehmergeführten Firmen, leisteten bislang nicht ausreichend den erhofften Ausgleich zu den Wertverlusten im Healthcare-Bereich.

In die nächste Geländekammer

Unter diesen Prämissen und nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass Rüegg nunmehr acht Jahre die Geschicke von Bellevue leitete, ist der Wechsel verbunden mit der Hoffnung auf eine neue Dynamik nicht abwegig, selbst wenn der Branchenspezialist Rüegg durchaus einen anderen Abgang verdient hätte.

Mit Gebhard Giselbrecht rückt ein gestandener Asset Manager nach, der durchaus das Zeug besitzt, Bellevue in die nächste «Geländekammer» zu führen. Doch dazu müssen auch die Märkte spielen, und das ist vorderhand nicht der Fall.

«Mit seiner umfassenden und langjährigen Erfahrung wird er neue Impulse einbringen und Akzente setzen, um die Bellevue Group auf ihren Wachstumspfad zurückzuführen», zeigte sich Bellevue-Präsident Veit de Maddalena am Montag zuversichtlich.

Grossbanken-Kultur versus Startup-Groove

Mit seiner langen CS-Erfahrung dürfte der künftige CEO (ab Anfang 2024) vermutlich auch etwas Grossbanken-Kultur in die «kleine» Firma Bellevue einbringen. Das mag für gewisse Wachstumsambitionen durchaus von Vorteil sein. Gleichzeitig läuft das Unternehmen so aber auch Gefahr, den unter Rüegg bis zuletzt gepflegten Startup-Groove definitiv zu verlieren.

Es wird spannend sein, den Kurs der Bellevue-Aktien in den kommenden Wochen und Monaten genauer zu verfolgen.

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