Vorsorge-Apps heizen mit Tiefstgebühren den Wettbewerb an. Das zwingt selbst Finanzkonzerne zum Aufgeben – und der Kampf um Kunden könnte noch härter werden, wie Recherchen zeigen.

Zwei Dinge gelten für alle Vorsorgesparenden in der privaten Säule 3a gleich: Bis Ende Dezember muss die Einzahlung überwiesen sein, und für alle Angestellten beträgt die Obergrenze 7’056 Franken. Doch damit enden schon die Gemeinsamkeiten.

Denn es kommt enorm darauf an, wo das Geld eingezahlt wird. Dies gilt insbesondere, wenn sich Sparerinnen und Sparer nicht fürs klassische Säule-3a-Konto mit fester Verzinsung entscheiden, sondern für Vorsorgefonds.

Laut einer aktuellen Erhebung des Online-Vergleichsdiensts Moneyland gibt es riesige Unterschiede bei den Angeboten, nicht nur bei der Performance, sondern vor allem beim Preis.

Um ein Mehrfaches günstiger

So ist laut Moneyland der teuerste Vorsorgefonds mehr als viermal so teuer wie der Günstigste. Dabei sind die aktiv verwalteten Fonds sind fast doppelt so teuer wie passive. Und die digitalen Vorsorge-Apps sind im Durchschnitt nochmals deutlich günstiger als klassische Vorsorgefonds: Die Gesamtkosten beim Robo-Advisor True Wealth betragen lediglich 0,15 Prozent pro Jahr. Damit ist True Wealth laut dem Vergleich siebenmal günstiger als ein durchschnittlicher Vorsorgefonds.

Diese Diskrepanzen beschäftigen nicht nur die Kunden, sondern auch die Anbieter selbst. So sind die neuen Säule-3a-Apps aus der Warte von traditionellen Banken und Versicherern dermassen günstig, dass mit ihnen kaum noch mitzuhalten ist.

Pando gibt auf

Dem Vernehmen nach ist das mit ein Grund, warum Swiss Life – immerhin der grösste Schweizer Lebensversicherer – die eigene Säule-3a-App Pando einstellt. «Leider hat sich Pando nicht so entwickelt, wie wir uns das erhofft haben. Wir haben uns deshalb entschieden, das Angebot nicht mehr weiterzuführen», heisst es aktuell auf der Webseite des Swiss-Life-Projekts. Kunden müssen nun bis Ende Mai 2024 mitteilen, wohin sie ihr Vorsorgevermögen transferiert haben wollen.

Pando sei zu teuer gewesen und habe deshalb zu wenig Nachfrage gefunden, berichtete die Schweizer «Handelszeitung» zum Übungsabbruch. Laut Kennern des Projekts hat man aber auch bei Swiss Life genau kalkuliert und ist zum Schluss gekommen, dass sich zu tieferen Gebühren das Unterfangen nicht gerechnet hätte.

Das Rennen der Roboter

Entsprechend ist in der Branche allenthalben der Vorwurf zu hören: Die günstigen Säule-3a-Apps würden mit ihrer Tiefpreisstrategie zwar Volumen bolzen. Dabei sei die Profitabilität sekundär, und das Wachstum jener Angebote in der Folge wenig nachhaltig.

Tatsächlich gibt es im Bereich der privaten Vorsorge einen Boom der Digitalangebote. Dieser erreichte vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 einen ersten Höhepunkt. Fintech-Aficionados erkannten, dass sich der stark regulierte Markt ideal für den Einsatz von Algorithmen eignet und zudem beträchtliche Skalen bietet: Die Vermögen in der 3. Säule werden auf 120 Milliarden Franken geschätzt. Die Kapitalbezüge aus der beruflichen Vorsorge, wo weit über 800 Milliarden Franken von Pensionskassen und Stiftungen verwaltet werden, belaufen sich nochmals auf jährlich 7 Milliarden Franken.

Angebote haben noch zugenommen

Dieses Potenzial zieht weiterhin. Mittlerweile listet Moneyland in einem separaten Vergleich der hierzulande angebotenen Vorsorge-Apps nicht weniger als 14 einzelne Angebote auf. Innert vier Jahren sind demnach noch einige Akteure hinzugekommen, und der Abstecher in die 3. Säule hat sich für manche Robo-Advisor der ersten Stunde, so etwa Selma Finance oder True Wealth, als lohnende Strategie erwiesen.

Denn das Wachstum lässt sich sehen. Viac, einer der Pioniere unter den Schweizer Säule-3a-Apps, verwaltet aktuell rund 2,8 Milliarden Franken Vermögen von über 85'000 Kunden. Im kommenden Jahr wird die App mit dem neuen Dienst Viac Invest auch im privaten Anlegen aktiv, um über 65-jährigen Kundinnen und Kunden ein Anschlussangebot an die Säule 3a zu bieten. Preisführer True Wealth betreut nach eigenen Angaben über 1 Milliarde Franken von über 18'000 Kundinnen und Kunden.

Das Problem mit den Auszahlungen

Frankly, die Vorsorge-App der Zürcher Kantonalbank, weist aktuell Kundenvermögen von 2,25 Milliarden Franken von über 88'000 Nutzerinnen und Nutzern aus.

Während Frankly auf eine Grossbank und ein üppiges Marketing-Budget zählen kann, setzen Neugründungen wie Viac und True Wealth vor allem auf schlanke Prozesse. Auf der «grünen Wiese» gebaut, stemmen sie einen Bruchteil der Ausgaben, welche bei einem Finanzkonzern mit bestehender IT anfallen würden.

Allerdings hat der Erfolg der Startups auch eine Kehrseite. Mit dem Wachstum und dem «Alter» des Kundenkreises häufen sich auch die Spezialsituationen, vor allem aber die Auszahlungsfälle – dies, weil Nutzer der Apps das Rentenalter erreichen. Die Abfertigung dieser Fälle muss wenigstens teilweise «händisch» erledigt werden. Wird hier nicht riogoros automatisiert, droht eine schleichende Zunahme der Kosten.

Erträge werden reinvestiert

Bei Viac heisst es hierzu: «Da wir als Pionier der digitalen Säule 3a bereits sechs Jahre am Markt sind, haben wir diesbezüglich bereits gute Erfahrungswerte, und unsere Prozesse sind bereits heute vielfach automatisiert.» Auch True Wealth hat nach eigenen Angaben in die Digitalisierung der Abwicklung von Auszahlungen investiert. Für die komplexeren Kapitalbezugsfälle, die manuelle Prüfungen erfordern, arbeitet das Fintech mit Partnerunternehmen zusammen.

Zumindest bisher zeigen jene Anbieter trotz ihrer Tiefpreisstrategie keine Anzeichen von Schwäche. «Viac ist bereits seit längerem profitabel – doch werden die erzielten Erträge direkt wieder in die Plattform reinvestiert», heisst beim Jungunternehmen. True Wealth macht den Zeitpunkt der Schwarzen Null davon abhängig, wie in das Unternehmenswachstum investiert werde. «Wenn wir auf weitere Innovationen unserer Anlageplattform verzichten würden, wäre eine Schwarze Null bereits jetzt möglich», heisst es dort selbstbewusst.

Auch Frankly muss rentieren

Selbst die ZKB hat sich für Frankly eine Profitabilitätsziel gesetzt. «Ja, der Businessplan rechnet mit einem Gewinn – dies war Voraussetzung beim Start des Projektes», sagt dort ein Sprecher auf Anfrage.

So schnell scheint also den Preisbrechern der Atem nicht auszugehen. Eher ist das Gegenteil der Fall: «Wir würden weitere Gebührensenkungen nicht per se ausschliessen, um unsere Kunden an den Skalierungserfolgen teilhaben zu lassen», heisst es bei Viac.

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