Während die Volkswirte fest mit dem Beginn des Zinssenkungszyklus bei der EZB ab Juni rechnen, trüben sich die Erwartungen für die US-Zinsen gerade wieder etwas ein. Der US-Arbeitsmarkt hat am Freitag eine robuste Verfassung signalisiert.

Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur «Bloomberg» rechnen die Volkswirte mit einer ersten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im Juni. Doch die Stimmung der Ratsmitglieder weist immer noch ein breites Spektrum auf.

Mit einer ersten Senkung um 25 Basispunkte von dem derzeitigen Niveau von 4,0 Prozent dürfte die EZB einen kontinuierlichen Sinkflug pro Quartal übergehen, so die Erwartung. Ende 2025 werden die Zinsen bei 2,25 Prozent erwartet.

Tauben und Falken

So hatte der griechische Notenbankchef Yannis Stournaras für Senkungen noch vor dem Sommer plädiert. Demgegenüber hatte der Österreicher Robert Holzmann bisher gar keine Senkungen im laufenden Jahr für angezeigt gehalten. Zuletzt zeigte er sich dann aber doch für einen Juni-Schritt offen, wenn es die Konjunktur erlaubt.

Doch die Unsicherheit bei den Prognosen sind hoch. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zuletzt noch einmal betont, dass man die Entscheidungen von den Makrodaten leiten lassen werde.

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Christine Lagarde (Bild: Keystone)

Senkungspfad unsicher

«Da der Beginn von Zinssenkungen in naher Zukunft so gut wie beschlossen scheint, wird sich die Aufmerksamkeit nun darauf richten, was die Geschwindigkeit der geldpolitischen Lockerung bestimmt», sagte Ökonom Kristian Tödtmann von der Dekabank. «Die Ratsmitglieder scheinen kein gemeinsames Verständnis der Datenabhängigkeit zu haben.»

Und bei den Daten gab es hier zuletzt positive Impulse. So ist die Kerninflation in der Eurozone im März auf 2,9 Prozent gesunken. Auch bei anderen Indikatoren gab es positive Signale. Dem stehen aber etwa zwar erholte aber unter den Erwartungen liegende deutsche Industrieaufträge oder ein Rückgang im Einzelhandel entgegen.

Die Zuversicht, dass die Zinssenkungen näher rücken, nimmt zu, reicht aber noch nicht aus, um zu handeln. Der Ansatz «Sitzung für Sitzung» bedeutet, dass wir keine Hinweise auf das Tempo und die Tiefe des Zinssenkungszyklus erwarten sollten», heisst es von Ruben Segura-Cayuela von der Bank of America in einem Kommentar.

US-Wirtschaft läuft auch ohne Senkung

Auch die Zinshoffnung in den USA wurde einmal mehr gedämpft. Zurückhaltende Aussagen von US-Notenbankern haben in den vergangenen Tagen die Aktienmärkte zurückgebunden.

«Es ist nicht undenkbar, dass die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde ihre Geldpolitik bereits zweimal gelockert haben werden, bis Jerome Powell in den USA nachziehen kann», sagt etwa Mark Dowding, CIO bei RBC BlueBay Asset Management. Die Annahme, dass eine günstige Inflationsentwicklung einen längeren geldpolitischen Lockerungszyklus einleiten würde, sei verfrüht gewesen. Die US-Wirtschaft und der Arbeitsmarkt zeigten sich weiter robust.

So hat der Arbeitsmarktbericht am Freitag einen kräftigeren Beschäftigungsanstieg ausgewiesen als erwartet. Die US-Wirtschaft hat im März ausserhalb der Landwirtschaft 303'000 Stellen geschaffen. Auch die Werte der beiden Vormonate wurden nach oben revidiert. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,1 Prozentpunkte auf 3,8 Prozent.

Daten müssen Senkung zulassen

Die Investoren wollen aber offenbar an Zinssenkungen glauben. Man habe den Eindruck, dass der Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, gerne die Zinsen senken würde – wenn die Daten dies nur zuliessen, sagte Downing weiter.

In der Schweiz wächst unterdessen die Wirtschaft solide und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Der überraschende Zinsschritt der SNB im vergangenen Monat mit einer Senkung auf 1,5 Prozent wurde mit der tieferen Inflationserwartung begründet. Ein günstiger Nebeneffekt ist dabei die Abschwächung des Franken, der insbesondere der exportorientierten Wirtschaft zugute kommt.

Nachträgliche Bestätigung

Nun haben die jüngsten Inflationszahlen die Haltung des SNB-Direktoriums unter Präsident Thomas Jordan im Nachhinein bestätigt. Der Landesindex der Konsumentenpreise sank auf 1,0 von 1,2 Prozent im Vormonat. Auch hierauf reagierte der Franken mit einer erneuten Abschwächung.

Wann – und ob überhaupt – die SNB die Zinsen nochmals in diesem Jahr senkt, dürfte damit ebenfalls von der Konjunktur, der Inflation und der Währungsentwicklung abhängen.

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Thomas Jordan (Bild: Keystone)

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