In der Generalversammlungs-Saison hat Kritik an den Banker-Boni Konjunktur. Für Matthias Dockner vom Beratungsunternehmen ZEB ergeben Boni aber je nach Situation viel Sinn, wie er im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Die Geschäftsberichte der Banken belegen: Die Berechnung der Gehälter der Führungsebene eines Unternehmens hat sich inzwischen fast zu einer eigenständigen Wissenschaft entwickelt. Seitenlang wird in den Vergütungsberichten erläutert, welche Zielmarken für welche kurz- und langfristigen Boni gelten. Neben Geschäftskennzahlen fliessen neuerdings auch Kriterien wie Nachhaltigkeits-Ziele oder Diversität in die Bewertungen ein.

Das Gehalts-Instrumentarium hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich verfeinert. Dazu haben neben der gesellschaftlichen Diskussion über Banker-Boni auch die Regularien an die gute Geschäftsführung (Corporate Governance) beigetragen.

Besonders wichtig wird die Gehaltsstruktur, wenn es um Transformations-Prozesse im Unternehmen geht. «Bei Strategiewechseln oder organisatorischen Veränderungen ist ein funktionierendes HR-System, und daraus abgeleitet ein zeitgemässes Bonus-Konzept, zwingend», sagt Matthias Dockner vom deutschen Beratungsunternehmen ZEB im Gespräch mit finews.ch.

Für einmal kurzfristig

Die Firma begleitet unter anderem Banken in solchen Phasen und berät bei der Umsetzung von Strategiewechseln. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld mit sinkenden Margen müssten sich Banken konstant wandeln und dazu auch fähig sein. «Dabei sind auch die Bonus-Systeme entscheidend», betont Dockner.

So seien etwa bei Umstrukturierungen langfristige Anreize nicht angezeigt und eher kurzfristige Zielsetzungen erforderlich. Wenn kurzfristige Effekte beabsichtigt sind, müssten auch die Anreize kurzfristig angelegt sein. «Veränderungen müssen von den Mitarbeitenden mitgetragen werden, sonst droht ein Rückfall in alte Verhaltensmuster», erklärt der Berater.

Die strategische Ebene und die Richtung müssten ebenfalls klar sein. Dazu zählt Dockner etwa die Struktur und Organisation, Hierarchien, das Verhalten, Arbeitsabläufe oder die Kommunikation. «Die Strategie und die Unternehmens-Kultur müssen übereinstimmen», erklärt der Experte, «sonst droht ein Leerlauf».

Keine Einzelkämpfer, keine Stichtage

Bei der Kompensation auf Management-Stufe sollten die variablen Anteile die fixen übersteigen, sagt der Berater weiter. «Auf CEO-Ebene sollten 80 Prozent variabel sein – langfristig meist über Aktien, kurzfristig in bar.» Das entspricht einer Abweichung vom aktuellen Trend im Schweizer Finanzwesen, die Fixanteile am Lohn zulasten der Boni zu steigern.

Auch auf tieferen Ebenen müssten das Verhältnis der Ziele für die Gruppe oder das Team und die individuellen Boni-Zielmarken stimmen. «Höhere Gruppenziele fördern die Teamarbeit», so Dockner.

Wenn man eine Kulturveränderung erreichen und wegkommen will vom Einzelkämpfer, brauche es Gruppenziele. Auch die Orientierung an rollende Zeiträumen statt an der Erfüllung der Ziele auf einen fixen Stichtag hin, könne einen positiven Effekt zeitigen.

Eiertanz um den Durchschnitt

Gerade bei Banken sei das System mit Stichtagen oft viel zu kurzfristig. Manager würden dann alles daransetzen, auf das Datum hin die Ziele zu erreichen. Was danach passiere, sei dann zweitrangig. Veränderungen in Unternehmen würden fast immer auf Widerstände stossen. Dabei sei die Ansprache der Mitarbeitenden wichtig, und neben der Boni-Struktur könnten auch andere «Perks», also Vorteile neben dem Lohn, wichtig sein.

Die in der Finanzbrache weiter steigenden Gehälter im oft zitierten Kampf um Talente erklärt sich Dockner unter anderem damit, dass jedes Unternehmen versucht, mit den Gehältern «knapp über dem Durchschnitt» zu liegen. Dadurch steigt die branchenweite Lohnsumme kontinuierlich.