Der Wissenschafter und Unternehmer sieht Schweizer Fintech-Startups an Hindernisse stossen – die Klimadebatte ist eines davon. Sinnigerweise lösen sich dabei die geographischen Grenzen im Finanzwesen auf, sagt Christian Hoffmann zu finews.ch.

Herr Hoffmann, zahlreiche unabhängige Schweizer Fintechs haben operativ zu kämpfen. Von Disruption redet kaum jemand mehr. Ist die Fintech-Revolution inzwischen ganz abgesagt?

Einer der Gründe, warum Disruptionen nicht mehr im Fokus stehen, ist die Tatsache, dass traditionelle Marktteilnehmer wie Banken und Versicherungen begonnen haben, sich ernsthaft mit der Digitalisierung ihrer Wertschöpfungsketten zu beschäftigen. Diese Besinnung hat das Potenzial für Disruptionen wesentlich gemindert und verzögert damit den gesamten Prozess der Einführung disruptiver Elemente. Daraus folgt jedoch nicht, dass das Potenzial per se erschöpft ist.

Sondern?

Einerseits ist Fintech ein sehr vager Begriff, weshalb er auch künftig fast beliebig erweitert werden kann, um neue Disruptionen darin Platz finden zu lassen. Am Swiss Fintech Innovation Lab der Universität Zürich fokussieren wir uns anderseits auf nachhaltigere oder grüne digitale Finanzsysteme, wo wir neue Bruchlinien erwarten.

Worin bestehen heute die grössten Herausforderungen für Schweizer Fintechs?

Der Markt in der Schweiz ist klein. Damit junge Unternehmen florieren können, müssen sie ausserhalb der Landesgrenzen skalieren und wachsen. Neben den Skalierungsproblemen sehen sich Fintechs auch mit kulturellen Barrieren im Markt konfrontiert, da die Marktteilnehmer in der Schweiz skeptisch gegenüber Innovationen sind.

«Die Anfälligkeit des Systems für Cyberkriminalität nimmt exponentiell zu»

Allen voran tritt diese Reserviertheit auf, wenn die angebotene Technologie nicht einfach zu verstehen ist und die Transparenz fehlt – man denke etwa an Machine-Learning-Anwendungen. Eine grosse Herausforderung für Schweizer Fintechs ist das mangelnde Vertrauen, das ihren Lösungen entgegengebracht wird.

Doch gerade das ist ja die Raison d’être von Fintechs: unerfüllte Kundenbedürfnisse finden und diese mit Hilfe der neuesten technologischen Entwicklungen zu befriedigen. Wie wird das in Zukunft gelingen?

Ich gehe davon aus, dass sich die Digitalisierung der Wertschöpfungskette sowie der zugehörigen Prozesse von Finanzinstituten in den nächsten zehn Jahren beschleunigt. Dies, während die Host-Architekturen immer offener werden. Dadurch werden Daten in grossen Ökosystemen verfügbar gemacht, unabhängig davon, wo sie aufbewahrt werden.

Was wäre die Folge?

Dies könnte die Chancen kleinerer Fintechs erhöhen, Grössenvorteile zu realisieren. Die Kehrseite der Medaille ist, dass gleichzeitig die Anfälligkeit des Systems für Cyberkriminalität exponentiell zunimmt, was irgendwann einige natürliche Grenzen für das Systemwachstum und die Machbarkeit bestimmter Innovationen setzen könnte. Darüber hinaus werden diese Restriktionen die Eintrittsbarrieren für Startups auf dem Fintech-Markt kontinuierlich erhöhen. Ein Aspekt, der bis dato nicht angemessen in Diskussionen und Prognosen behandelt wurde, ist dabei die notwendige Energie, um die dann vollständig digitalisierten Finanzmärkte und ihre Ökosysteme zu erhalten, und welche Auswirkungen dieser gesteigerte Verbrauch wiederum auf Umwelt und Gesellschaft zeitigen wird.

Die Fintechs als Energiefresser?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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