Das kleine Basler KMU-Institut hat in den letzten Jahren viel Innovationssinn bewiesen. Jetzt beteiligt sich die WIR Bank an einer unterirdischen Güterbahn für die Schweiz – und tunnelt wie Tesla-Gründer Elon Musk.

Zugegeben, im Vergleich mit The Boring Company kommt Cargo sous terrain (CST) bescheidener daher. Während die Firma des amerikanischen Tech-Visionärs Elon Musk Passagiere in Shuttles mit 240 Kilometern pro Stunde durch Tunnel jagen möchte, lässt CST Frachtwägelchen (Bild unten) mit gemächlichen 30 Kilometern pro Stunde unter der Schweiz hindurch zuckeln. Die erste Strecke soll bis zum Jahr 2030 Härkingen-Niederbipp und Zürich verbinden.

Dennoch: Für die Etappe von 66,7 Kilometern sind rund 3,55 Milliarden Franken veranschlagt, was schnell erahnen lässt, dass es sich für die Massstäbe der Schweiz um ein gewaltiges Vorhaben handelt. Eines, das so recht nach dem Gusto des Tesla-Gründers wäre. Weitere Streckenabschnitte sollen sukzessive gebaut werden und schliesslich von Genf bis nach St. Gallen und von Basel nach Luzern reichen, mit einem Tunnel von Bern nach Thun. Vergangenen Januar hat der Bundesrat eine Gesetzesgrundlage für die unterirdische Frachtbahn geschaffen.

CST 500

(Bild: CST)

Credit Suisse ebenfalls im Boot

Bei diesem Mammutvorhaben tut nun auch die Basler WIR Bank mit, wie das schweizweit tätige Institut am Dienstag vermeldete. Noch mehr: Die kleine KMU-Bank, die hierzulande vor allem für ihre Komplementärwährung WIR bekannt ist, steigt gleich als Hauptaktionärin ein. Die Beteiligungssumme bleibt geheim, sei aber für das Institut ohne weiteres zu stemmen, heisst es auf Anfrage.

Wie ein Banksprecher erklärt, ist die Beteiligung auf informellen Weg zustande gekommen; das Institut wie auch CST sind in Basel beheimatet. Dessen ungeachtet nimmt sich die Bank mit ihren gut 14 Millionen Franken Jahresgewinn und 5,53 Milliarden Franken Bilanzsumme in der Schar der anderen Projektsponsoren als Zwerg aus. Weitere Hauptaktionäre sind etwa die Schweizer Post, die Bundesbahnen SBB, die Retailriesen Migros und Coop, die Grossbank Credit Suisse (CS) sowie die Zürcher und die Basellandschaftliche Kantonalbank.

Tunnel-Ticket mit WIR zahlen

Trotz des Grössenunterschieds stösst WIR-Chef Bruno Stiegeler nun zum Verwaltungsrat der CST, während Finanzchef Mathias Thurneyse dem Finanzkomitee der Tunnelbahn mit Rat und Tat beispringt. Diese aktive Beteiligung sei auf ausdrücklichen Wunsch von CST geschehen und passe gut zur eigenen Strategie, heisst es beim Institut: Die WIR Bank will sich an Schweizer Zukunftsprojekten und Netzwerken beteiligen, und das Logistik-Angebot von CST käme auch den KMU-Kunden zugute.

Daneben gibt es seitens der WIR Bank auch handfestere Absichten: «Über den Kundennutzen hinaus ist denkbar, dass die Komplementärwährung WIR bei der Begleichung von Transportgebühren als Variante zum Thema wird», so der Sprecher.

Trendsetter mit Viac

CST ist nicht das einzige Innovationsprojekt, das die WIR Bank angerissen hat. Seit 2017 sind die Basler Bankenpartner des Robo-Advisors Viac, der mit Angeboten im Bereich Vorsorgesparen erfolgreich unterwegs ist und bis Ende 2019 rund 300 Millionen Franken von 20‘000 Kunden eingesammelt hat. Das Fintech wird daher zunehmend von anderen Akteuren am Markt kopiert – so lancierte die Zürcher Kantonalbank die Säule-3a-App Frankly, die UBS hat ein ähnliches Angebot in Arbeit.

Vergangenen Mai lancierte die WIR Bank eine weitere Partnerschaft im Fintech-Bereich. Zusammen mit dem Startup Amnis lancierte das Institut die Devisenhandel- und Zahlungsplattform «FX Trading». Dabei wurde das Pricing wie schon zuvor bei Viac aggressiv tief angesetzt; laut der WIR Bank stösst jenes Angebot ebenfalls auf reges Interesse.

Bald ein WIR-Token?

Während Musk mit seiner Firma Space X dieser Tage erstmals eine Falcon-9-Rakete ins Weltall geschickt hat, bleibt die Basler Bank zwar am Boden – arbeitet aber ebenfalls an ihrer Innovations-Pipeline. «WIR wird sich auch künftig an Zukunftsprojekten beteiligen, sofern diese zum KMU-Spirit der Bank passen und für die Privat- und Firmenkunden des Instituts Nutzen stiften», heisst es.

Denkbar seien etwa weitere Lösungen im Bereich Digital Banking. Und eventuell entern die KMU-Banker bald auch die Kryptoszene mit dem WIR. Die Komplementärwährung, die von KMU und Gewerbe seit 1930 eingesetzt wird und auf ein Umschlagvolumen von etwas über 1 Milliarde Franken pro Jahr kommt, darf hierzulande als Vorläufer von digitalen Coins und Token gelten. «Das Thema Tokenisierung der Komplementärwährung WIR wird zudem immer wieder an uns herangetragen – das analysieren wir natürlich sehr genau.»

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