Die Zürcher Kantonalbank wagt sich mit grossen Ansagen in den Markt der digitalen Vorsorgelösungen vor. Da wird sie bereits erwartet.

Ob es wohl eine späte Rache des Credit-Suisse-Gründers Alfred Escher sei, dass am (heutigen) Freitagmorgen nur vier Medienschaffende zur Zürcher Kantonalbank (ZKB) gefunden haben, fragte sich ZKB-Präsident Jörg Müller-Ganz. Escher hatte die Gründung der ZKB vor 150 Jahren stets abgelehnt.

Dabei verkündete das Zürcher Staatsinstitut an diesem Freitag gross: In 40 Tagen beginnt sie ihre Offensive in den digitalen Vorsorgemarkt, mit einer eigenen App. Die soll «frankly» heissen. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Wortwitz, der sich aus der Verbindung zwischen der englischen Bedeutung des Worts, «geradeaus, offen gesagt» und der schweizerisch-allgegenwärtigen Verniedlichung «Fränkli» ergibt.

Mit dieser App soll die Kundschaft ab dem Mitte März ihre Altersvorsorge, zumindest die 3. Säule, selbst in die Hand nehmen können. Laut ZKB-CEO Martin Scholl auch mit der Möglichkeit, in Wertschriften «zu investieren, zu devestieren, die Strategien zu ändern, sich für aktive oder passive Produkte zu entscheiden».

Gleichzeitig verspricht Scholl, dass die ZKB mit allen heute gängigen Preismodellen aufräumen will: «Wir bringen etwas ganz anderes.» Heute sei es sehr häufig unklar, welcher Anbieter auf welche Art was für Gebühren verlangt. Das will die ZKB mit ihrem Angebot ändern und habe somit für den Schweizer Markt wohl eine Überraschung parat.

Der Markt ist umkämpft

Ob das die Konkurrenz einschüchtert, die sich bereits länger dicht im Vorsorgemarkt tummelt, bleibt abzuwarten. Diese Konkurrenz ist gross, da früher oder später fast jeder grössere Finanzplayer ein digitales Vorsorgeangebot lancieren wird. Dies nur schon, um wegen den Negativzinsen sinkende Zinserträge irgendwie längerfristig kompensieren zu können.

Da wäre zum Beispiel das Startup Viac, das mit der Bank WIR zusammenarbeitet, vor zwei Jahren eine dritte-Säule-App lanciert hat und inzwischen über 23'000 Kunden mit rund 380 Millionen Franken Vermögen hat.

Oder da wäre die Vermögensverwaltungsbank VZ, die schon seit zehn Jahren eine digitale Anlagelösung für die dritte Säule anbietet und damit 26'000 Kunden mit gut 900 Millionen Franken Vermögen betreut. Und auch Descartes Finance bietet eine entsprechende App im Vorsorgegeschäft an, wie finews.ch im vergangenen November berichtete.

Grossbanken ziehen nach

Nicht zuletzt bringen sich auch die beiden Grossbanken in Position, um mit einer digitalen Lösung in den Schweizer Vorsorgemarkt einzudringen: So hat die UBS eine neue Einheit, «Retirement & Pension Solutions», geschaffen, wo in absehbarer Zeit Konkurrenz zu erwarten ist.

Und schliesslich hat auch die Credit Suisse, Alfred Eschers Vermächtnis, mit ihrer letzen August angekündigten neuen Einheit «Direct Banking» vor, die Kundschaft in Zukunft noch stärker über digitale Kanäle bedienen zu wollen. Dass dort früher oder später auch digitale Vorsorgelösungen dazukommen könnten liegt also im nicht unrealistischen Bereich des Möglichen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.56%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.2%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.13%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.49%
pixel