Die Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen wächst bei Blackrock exponentiell. finews.ch hat mit dem Schweizer Vertriebschef Ed Gordon zu den Pflichten gesprochen, die dieser Ansturm mit sich bringt – und über die Konsolidierung im Asset Management.

Für Blackrock war es ein Quartal der Superlative. Im ersten Jahresviertel 2021 hat der amerikanische Finanzkonzern 1,2 Milliarden Dollar verdient, 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit rund 172 Milliarden Dollar an neuen Kundengeldern sowie verwalteten Vermögen von 9’000 Milliarden Dollar ist die Vormachtstellung des «schwarzen Felsen» zementiert: Kein Konkurrent kommt auch nur entfernt an den New Yorker Fondsgiganten heran.

An der Geldschwemme hat auch das Schweizer Business der Amerikaner seinen Anteil. Ed Gordon, der sich bereits im März 2020 von der Nachfrage «überrannt» fühlte, hat hier weiterhin alle Hände voll zu tun.

Laut dem schweizerisch-britischen Doppelbürger, der 2018 von der Grossbank UBS zu Blackrock Schweiz wechselte und dort den gesamten Vertrieb verantwortet, gilt dies besonders für einen Bereich: die Investments in Nachhaltigkeit.

Auf einer Reise

Gordon zufolge ist das Geschäft mit Geldanlagen, das Positives für Umwelt, Gesellschaft und gute Geschäftsführung (ESG) bewirken will, längst jenseits von Buzz-Wörtern und Marketing angelangt. Im ersten Quartal seien bei Blackrock weltweit 17 Milliarden Dollar in nachhaltige börsengehandelte Finanzprodukte geflossen. In Indexfonds (ETF) zur Thematik würden beim Unternehmen erstmals mehr als 100 Milliarden Dollar verwalten, mehr als das Doppelte als noch vor fünf Jahren, sagt der Finanzprofi.

Mit Blick auf den Start ins Jahr hält er es nun für möglich, dass sich die Zuflüsse in ESG-Fonds im Vergleich zum Vorjahr vervierfachen. «Das sind zur Mehrheit Neugelder, obwohl auch eine Rotation von herkömmlichen zu ESG-Finanzprodukten in Gange ist», erklärt der Blackrock-Kader. «Ob Institutionelle oder Privatanleger: sie alle sind auf einer Reise hin zu Nachhaltigen Investments.»

Kritik bis zum CEO hinauf

Doch Blackrock ist nicht nur mit Entgegennahme und der gewinnbringenden Anlage der ESG-Milliarden gefordert – sondern auch mit den Pflichten, welche diese Investmentthema mit sich bringt.

Denn exponentiell laut klingt inzwischen auch die Kritik am Fondsriesen: Ihm wird angesichts seines gewaltigen Einflusses als Aktionär bei praktisch jeder börsenkotierte Firma vorgeworfen, viel zu wenig auf Nachhaltigkeit zu pochen. Hinzu kamen zuletzt Blackrock-interne Diskriminierungs-Vorwürfe. Auch finews.ch hielt Blackrock-Chef Larry Fink (Bild unten) unlängst vor, ein «Wasserprediger» zu sein.

Fink 500

Finks Schweizer Vertriebschef kann diesbezüglich nur die Bemühungen hervorheben, welche der Fondsriese bei der Durchsetzung von ESG-Prinzipien bei den Firmen unternimmt. «Wenn wir der Meinung sind, dass ein Unternehmen ein Geschäftsrisiko nicht angemessen angeht oder nicht auf die Bedürfnisse der Aktionäre eingeht, besteht unsere häufigste Vorgehensweise darin, dass wir gegen die Wiederwahl der verantwortlichen Mitglieder der Unternehmensführung stimmen», sagt Gordon.

Gegen 200 Firmen unter Beobachtung

Eigenen Angaben zufolge hat Blackrock so im vergangen Jahr gegen 64 Verwaltungsräte und 69 Unternehmen gestimmt, sowie 191 Unternehmen unter Beobachtung gesetzt. Der Finanzmulti geht dabei davon aus, dass die Unterstützung von Aktionärsanträgen eine immer wichtigere Rolle in Bezug auf Nachhaltigkeit spielen wird.

Wie Gordon erklärt, führt für den Marktführer im weltweiten ETF-Geschäft auch gar nichts an diesem Vorgehen vorbei. «Bezüglich Nachhaltigkeit sind wir gerade im Indexgeschäft mit einem Paradoxon konfrontiert. Wir können nicht einfach verkaufen, wenn die Investments ESG-Standards nicht genügen – wir sind ja den Index gebunden.» Stattdessen müsse Blackrock auf die Firmen einwirken, damit sie Mängel in den Bereichen Governance oder Umwelt angehen.

Der Wert von Transparenz

Dass es auch noch andere Gefahren als Klimarisiken an den Finanzmärkten zu gewärtigen gibt, zeigte das Debakel um die Greensill-Fonds bei der Credit Suisse (CS) auf: Die Schweizer Grossbank, die beim Thema Nachhaltigkeit eng mit Blackrock zusammenarbeitet, blockierte vergangenen März notfallmässig vier Fonds mit anfänglich über 10 Milliarden Dollar an Vermögen. Die CS muss sich dabei vorwerfen lassen, die sich in den Vehikeln anbahnenden Risiken viel zu spät erkannt zu haben.

Obwohl Gordon sich gegenüber finews.ch nicht direkt zum Fall Greensill äussern will, erkennt er eine Grundproblematik, die solche Finanzaffären begünstigt. Wegen des Tiefzinsumfelds müssten die Anleger mehr Risiken nehmen, um auf die gewünschte Rendite zu kommen. «Wenn man mit diesem Ziel dann vermehrt in intransparente Vehikel investiert, erlebt man auch Überraschungen», sagt der Blackrock-Mann. Transparenz sei beim Investieren eben etwas wert.

Enge Bande zur Credit Suisse

Eine Folge des Greensill-Debakels ist nun auch, das die Fondssparte der CS neu organisiert wird – und zumindest gerüchteweise zum Verkauf steht. Dies, während im europäischen Asset Management gerade eine grosse Übernahmewelle anrollt, wie finews.ch unlängst analysierte. Auch US-Firmen wie Ameritrade greifen dabei zu. Und Blackrock?

«Für Blackrock müssen Zukäufe ergänzend sein – zuletzt haben wir solche Opportunitäten vorab im Technologiebereich gefunden», sagt Gordon. Ein Beispiel sei die Firma Efront, ein Unternehmen für die Verwaltung von Privatmarkt-Anlagen, das vergangenen Sommer in die Blackrock-Risikoplattform Aladdin integriert wurde. Eine Übernahme einer traditionellen Fondssparte wie dem CS Asset Management, bei der massiv Jobs wegfallen würden, käme diesen Worten zufolge weniger infrage.

Doppelter Druck in der Schweiz

Dessen ungeachtet hält der ehemalige UBS-Banker den Konsolidierungs-Druck im Schweizer Metier für doppelt hoch. Dies, weil die Branche in der Vergangenheit wegen des Bankgeheimnisses eine Art von Protektionismus genossen habe. Nun würden auch noch alte Wertschöpfungsketten mit diversen Gebührentreibern wegfallen.

«Wenn die Erträge versiegen, muss man Skalen schaffen, um zu überleben», findet Gordon. «Banken werden sich deshalb weiter konsolidieren, und Asset Manager müssen dies auch tun, weil sie in derselben Wertschöpfungskette agieren.»

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