In Zusammenhang mit den jüngsten Skandalen bei der Credit Suisse steht auch die Finanzaufsicht unter Beobachtung. Der neue angetretene Direktor Urban Angehrn hat ausgerechnet bei der Grossbank erste Karriereschritte unternommen.

Urban Angehrn (Bild unten) hat am (heutigen) Montag sein Amt als Direktor an der Spitze der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) angetreten.

Der Wechsel an der Spitze – Angehrn löst den intermistisch mit der Leitung beauftragten Banken-Aufseher Jan Blöchliger ab – fällt in eine heisse Phase bei der Aufsicht: Vergangenen Oktober hat die Behörde die Credit Suisse (CS) in einem aufsehenerregenden Doppelschlag wegen schweren Verfehlungen sowohl im sogenannten «CS-Spygate» auch in der Mosambik-Affäre gerügt.

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Ein «riesiges Kasino»

In diesem Zusammenhang stellte die Finma diverse Auflagen an die Grossbank, welche sowohl die Aufsicht wie auch das beaufsichtigte Institut länger beschäftigen werden. Und damit auch den neu amtierenden Direktor Angehrn. Dies umso mehr, als im Nachgang an die CS-Rüge medial ein härteres Durchgreifen gegen fehlbare Banken gefordert wurde.

Für Angehrn bedeutet dies, dass er noch an einer zusätzlichen Front gefordert sein wird. Dass er in seiner Karriere auch Berührungspunkte mit der CS hatte, kann sich für ihn dabei als zweischneidiges Schwert entpuppen: In den Nullerjahren war der 56-jährige Schweizer über sechs Jahre im US-Investmentbanking der Credit Suisse First Boston (CSFB) tätig, unter anderem im Marketing von Derivaten. John Mack, der 2001 die Leitung dieser Einheit übernahm, bezeichnete diese öffentlich als «riesiges Kasino».

Vorhaltungen an Mark Branson

Angesichts der aktuellen Debakel um die Pleite der New Yorker Finanzfirma Archegos und um die zweckentfremdeten Anliehen-Gelder in Mosambik stellte sich auch finews.ch die Frage, wie sehr die Kasino-Mentalität im Unternehmen noch nachhallt; immerhin hat sich der amtierende CS-Präsident António Horta Osório vorgenommen, auch bei der Kultur der Bank anzusetzen. Seine neue Strategie, die er am 4. November vor den Investoren präsentieren wird, musste er dabei mit der Finma abgleichen.

Angehrn, der zuletzt als Investmentchef des Allversicherers Zurich amtete, kennt also die CS von einst noch aus eigener Erfahrung. Das mag ihm beim Einarbeiten helfen. Die Karrierestation kann dem neuen Direktor aber künftig auch vorgehalten werden, sollte er in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig «durchgreifen». Sein Vorgänger Mark Branson erlebte dies wiederholt in Bezug auf seine einstige Karriere bei der UBS.

Untersuchungen zu Greensill-Fonds laufen

In der Spygate-Affäre bei der CS hat die Behörde gegen drei ungenannte Ex-Angestellte der Bank ein Enforcerment-Verfahren eröffnet und lässt nachprüfen, ob die verhängten Massnahmen greifen. Im Mosambik-Skandal hat die Finma einen externen Prüfer berufen und gewisse Geschäfte der Bank mit Schwellenländern deutlich eingeschränkt. Im Debakel um die geschlossenen Greensill-Fonds schliesslich dauern die Untersuchungen der Aufsicht an.

Übrigens gelten für Angehrn nach dem Antritt die Ausstandsregeln der Finma: Bis Ende Oktober 2022 muss er bei allen Geschäften in den Ausstand treten, die seinen letzten Arbeitgeber Zurich betreffen. Die Behörde prüft zudem, ob darüber hinaus Ausstandsgründe vorliegen.

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