Mit der Wahl zum US-Präsidenten hat Donald Trump die Analogie zum Brexit geschafft – mit globalen Auswirkungen. finews.ch-Reporter Peter Hody war in der Wahlnacht in New York vor Ort. 

Donald Trump ist mit seiner Wahl zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika die Sensation gelungen, deren politische und wirtschaftliche Folgen noch nicht einmal im Ansatz absehbar sind.

In der Ausmarchung zwischen Trump und Hillary Clinton hat New York, Weltmetropole und das wichtigste Finanzzentrum überhaupt, kaum Einfluss gehabt. finews.ch war in den Tagen vor der Wahl und während der Wahlnacht vor Ort.

Neue Wählerschaft mobilisiert

Drückten die New Yorker mit dem Nahen des «Super Tuesday» bloss ihre Erleichterung aus, dass dieser wohl hässlichste Wahlkampf in der Geschichte bald zu Ende geht, spiegelten sie damit die Stimmung im gesamten Lande wider: Noch nie waren zwei US-Präsidentschaftskandidaten so unpopulär wie Clinton und Trump.

In seiner Unpopularität hat Trump hingegen geschafft, woran Clinton schon in den Vorwahlen gescheitert ist: Er hat einen Nerv getroffen, Begeisterung geschürt und eine Wählerschaft mobilisiert, die von keiner einzigen der hunderten von Umfragen im Vorfeld erfasst worden war.

Spürbare Abneigung

New York hat traditionell demokratisch gewählt, mit der traditionell tiefen Wahlbeteiligung. Die New Yorker mögen ihren Donald nicht, und auch nicht die zugezogenen Clintons.

Die Abneigung war in der Wahlnacht spürbar. finews.ch ging, den Umfragen entsprechend, von einem knappen Sieg Clintons aus und besuchte eine Wahlveranstaltung im hippen «The Bell House» in Brooklyn, wo sich in den letzten Jahren eine junge, liberale und wohlhabende Mittelschicht niedergelassen hat und das Publikum an diesem Abend stellte.

Zunehmende Konsternation

Auf der Bühne machte Mike Pesca, Journalist beim populären Slate-Magazin und Talkmaster der Trumpcasts, seine Zoten über den republikanischen Kandidaten. Je mehr Wahlresultate im Verlaufe des Abends eintrafen, desto einsilbiger wurde Pesca und im zuvor so siegessicheren Saal machte sich Konsternation breit.

finews.ch zog weiter, nach Manhattan, liess eine weitere «Election Watch Party» der Demokraten aus und nahm einen Augenschein vor dem Trump Tower an der Fifth Avenue. Doch hier blieb die Rallye von begeisterten Trump-Fans in überschaubarem Rahmen.

Was ist in dieser Dienstagnacht geschehen? Zunächst hat Trump alle Prognosen Lügen gestraft und die entscheidenden Elektorenstimmen gewonnen. Er hat die wichtigen «Battleground-Swing»-Staaten wie Ohio, Florida und North Carolina gewonnen. Der Grund: Trump hat eine neue Wählerschaft mobilisiert, die von keiner einzigen Umfrage erfasst worden ist.

Im Stich gelassen

Die Landkarte der gewonnen Staaten zeigt die Essenz des Trump'schen Erfolgs: Er hat den «Rustbelt» gewonnen, den «Biblebelt» und den Mittleren Westen, jene Staaten, die vom Niedergang der US-Stahl- und Kohleindustrie am stärksten betroffen sind und einer multikulturellen Gesellschaft ablehnend gegenüber stehen.

Es ist jener immer grössere Teil der amerikanischen Bevölkerung, der von der Globalisierung abgehängt worden ist, dem der Freihandel nichts gebracht hat und der sich von den Eliten in Washington und in den US-Metropolen im Stich gelassen fühlt.

Rassistische Neigungen

Trump ist für sie der «Outsider», der nicht zum Polit-Establishment gehört und dem sie zutrauen, dass er die verkrusteten und zunehmend oligarchischen Strukturen im verfilzten Polit- und Wirtschaftestablishment aufzubrechen vermag. Sie glauben an seinen Slogan «We make America great again».

Nun ist Trump über die allerweitesten Strecken seiner Wahlkampagne die Antworten schuldig geblieben, wie, mit welchen Mitteln und mit welcher Politik er dieses Ziel erreichen will. Trump, der Milliardär und Immobilien-Tycoon, ist sehr wohl zu den Gewinnern und grossen Profiteuren jenes amerikanischen Systems zu zählen, das so viele zurückgelassen hat. Doch das, wie auch seine rassistischen Neigungen, sein Sexismus und sein mitunter ordinäres Auftreten, ist der Mehrheit der Amerikaner offenbar egal.

Trump als Hoffnung

Insofern ist Trump die Projektion eines unbekannten Weges zu einer Verbesserung von Lebensverhältnissen. Ganz ähnlich wie der Brexit in Grossbritannien ist Trumps Wahl keine der Vernunft, sondern des Protestes – und irgendwie auch eine der Hoffnung einer bislang unbekannten, weil frustriert schweigenden Mehrheit.

Was sind die Folgen? Auch hier sind die Parallelen zum Brexit schnell gezogen – die unmittelbare Reaktion an den Finanzmärkten ist ein klarer Ausdruck davon. Trump schürt Unsicherheit, aber eine mit globalen Auswirkungen.

Unsicherer als der Brexit

Trump wird als US-Präsident für alles andere als Kontinuität sorgen. Wird er die Freihandelsabkommen aufkünden? Wird er eine radikal repressive Immigrationspolitik einschlagen? Die Steuern senken? Wird er die USA isolieren? Einen neuen Krieg in Syrien anzetteln, das Atom-Abkommen mit dem Iran aufkünden, eine neue Eiszeit gegenüber Kuba einleiten? Und was geschieht auf dem Finanzplatz? Wird er den Dodd-Frank-Act aufheben, die Bankenregulierung auflockern, US-Notenbank-Chefin Janet Yellen absetzen?

Jede einzelne von Trumps Ankündigungen und jedes seiner Wahlversprechen haben eines gemeinsam: Die Anwort, wie er sie umsetzen will, ist der 70-Jährige bislang schuldig geblieben. Die Folgen von Trumps Wahl zum US-Präsidenten sind insofern weit unberechenbarer und somit unsicherer als jene des Brexit. Man ist versucht, zu hoffen, dass er einfach seinen Wahlslogan wahr macht: «Make America great again.»

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