H-1B-Visagate: Vereinigte Arabische Emirate wittern ihre Chance

Die neue Visabewilligungspolitik der Regierung Trump sorgte über das vergangene Wochenende für einige Verwirrung: H-1B-Visabesitzer stornierten ihre Heimat- und Geschäftsreisen ins Ausland, aus Sorge, sie könnte bei der Rückkehr von den US-Grenzbehörden abgewiesen werden. In den sozialen Medien gingen Videoaufnahmen von Fliegern an US-Flughäfen viral, die verspätet starteten, weil indische Gastarbeiter von ihren Bossen telefonisch oder per WhatsApp angewiesen wurden, das Land vorsichtshalber nicht zu verlassen und besser von Bord zu gehen. 

Inzwischen haben die US-Behörden klargestellt: die neue Gebühr gilt nur für H-1B-Visa, die nach dem 21. September gestellt werden. 

Wahlversprechen eingelöst

Das H-1B-Visum richtet sich an hochqualifizierte Arbeitnehmer, die zeitlich begrenzt in einer US-Firma vertraglich mitarbeiten wollen. Mit der Summe von einer Zehntelmillion pro H-1B-Visum will die Regierung in Washington heimische Firmen davon abschrecken, ausländische Arbeitskräfte bevorzugt einzustellen und damit die Chancen für Inländer auf dem heimischen Arbeitsmarkt (Stichwort: «America First») zu erhöhen. 

«Dubai statt Dallas»

Schon fordert der einflussreiche emiratische Unternehmer und Gründer der Barjeel-Stiftung für junge Talente, Sultan Al-Qassemi, sein Heimatland und die Nachbarstaaten sollten die Gunst der Stunde beim Schopf packen: «Die Golfstaaten sollten die Störung des H-1B-Visaprogramms in den USA nutzen und diese hochqualifizierten Fachkräfte – von denen die meisten im Bereich Künstliche Intelligenz und Technologie tätig sind – dazu bewegen, sich hier niederzulassen und zu arbeiten», schrieb er auf X. 

Ahmed Bin Sulayem, Chairman der grössten emiratischen Freihandelszone DMCC (25'000 ansässige Firmen) in Dubai, retweetete das Posting artig. Schliesslich beherbergt das DMCC auch das Krypto-Zentrum, in dem sich 800 Firmen aus den Bereichen Blockchain, Fintech und Gaming niederliessen. Es sind eben diese Firmen, die auf Zukunftstechnologien setzen, die um die besten Köpfe in der Branche buhlen.

Die VAE haben in den vergangenen Jahren eine Reihe von Visa-Erleichterungen für Gutverdiener und talentierte Expats in bestimmten Bereichen geschaffen. Neben dem «Golden Visa», das 10 Jahre gültig ist (für Mitarbeiter ab einem Monatseinkommen von 8’200 Dollar oder 550’000 Dollar Reinvermögen), gibt es auch das Grüne Visum für Talente im Umweltschutzbereich. Die Kosten für diese Kategorien belaufen sich auf ein paar Tausend Dollar. Qua Gesetz müssen Firmen die Visa-Kosten stets selbst tragen, falls ein vertragliches Angestelltenverhältnis vorliegt. 

Auch China hat es mit dem neuen K-Visum auf ambitionierte Tech- und andere Talente aus dem Ausland abgesehen. Die ersten K-Visa werden ab dem 1. Oktober 2025 vergeben. 

Der Trump-Wind weht weltweit

Das gestrenge Visa-Regime ist indes kein US-amerikanisches Phänomen. Auslandsinder (Non-Resident Indians oder NRIs) in Dubai berichteten gegenüber Finews, dass viele NRIs (Non-Resident Indians) mit neuen bürokratischen Hürden konfrontiert werden, wenn sie ein Reise- oder Geschäftsvisum für viele Teile der Welt beantragten, sei es für den Schengen-Raum, Nordamerika, oder Ostasien.  

Den Herbstbeginn, der auch den Start der Geschäftshochsaison im dritten und vierten Quartal markiert, hatten sich viele IT-Ingenieure und Hightech-Spezialisten mit US-Ambitionen anders vorgestellt. Der Kampf um Talente verschärft sich weltweit. So auch das Wettrennen um begehrte Arbeitsvisa.