Nach den jüngsten Massnahmen der US-Notenbank kommt der erste Zinsschritt in Europa wohl früher als erwartet, ist Franz Wenzel von Axa Investment Managers, überzeugt.

Franz Wenzel ist Anlagestratege für institutionelle Kunden bei AXA Investment Managers. Er schreibt monatlich abwechselnd mit Richard Mooser eine Kolumne für finews.ch.

Die Ökonomen sind gefordert. Die Berichtssaison für das Wachstum des zurückliegenden Quartals als auch das gesamte Kalenderjahr steht an. Umso erfreuter haben die Anleger die frohe Kunde vernommen: Das Wachstum ist noch stärker als bisher angenommen.

Die weltweite expansive Geldpolitik hat gewiss einen nennenswerten Teil hierzu beigetragen. Mit knapp unter vier Prozent wird 2018 wohl zu den starken Jahren gehören. Nicht nur in den USA, sondern auch in der gemeinsamen Währungszone wird das Wachstum an die Drei-Prozent-Marke rücken. Davon wird auch die Schweiz profitieren, für die wir gute 1,5 Prozent prognostizieren. Allerdings neigt sich die geldpolitische Schützenhilfe dem Ende.

Erste Hinweise im März

Angesichts negativer Realzinsen kann man davon ausgehen, dass die US-Notenbank den Trend zu höheren Zinsen extrapolieren wird. Dank des robusten Wachstums und der Tatsache, dass die Eurokrise zumindest auf absehbare Zeit beigelegt scheint, haben die Marktteilnehmer die Erwartungen seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) überdacht. Eine drastische Kursänderung der EZB ist nicht zu erwarten. Aber der erste Zinsschritt kommt wohl früher als erwartet.

Erste Hinweise sind bereits für das Märztreffen in Frankfurt zu erwarten. Die Notenbank wird ihre sogenannte «Forward Guidance» anpassen, um damit den ersten Zinsschritt in zwölf Monaten vorzubereiten.

Amerikanische Blaupause

Wichtiger als das exakte Timing erscheint vielmehr die Frage nach den Modalitäten, genauer gesagt Zinserhöhungen oder Verkauf von Vermögensbeständen. Dies determiniert die Zinsstrukturkurve. Für die Schweizerische Notenbank (SNB) stellt sich de facto genau dieselbe Frage. Angesichts des noch niedrigeren Zinsniveaus und einer Notenbankbilanz, die mittlerweile bei knapp 120 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) liegt, hat diese Frage noch mehr Gewicht.

Die EZB wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der amerikanischen Blaupause folgen und zunächst die Zinsen anheben. Die theoretischen Wirkmechanismen und praktischen Auswirkungen sind landläufig bekannt. Mitglieder des Direktoriums haben durchblicken lassen, dass sich die EZB der Markttiefe und -liquidität durchaus bewusst ist. Im Klartext: Die EZB wird den Bestand an Vermögenswerten, der sich Ende September auf etwa 2'000 Milliarden Euro oder 30 Prozent des ausstehenden Marktvolumens beziffern liess, nicht im ersten Arbeitsgang reduzieren ‒ zur Freude des einen oder anderen Finanzministers.

Verschiebungen antizipieren

Für die Investoren hat dies weitreichende Auswirkungen. Abgesehen von dem generell höheren Zinsniveau sind Investoren gut beraten, die Verschiebungen der Zinsstrukturkurve zu antizipieren. Die Historie belegt aber, dass sich diese mit einer Vorlaufzeit von etwa sechs bis zwölf Monaten abzuflachen beginnt. Heute bewegt sich die Zinsdifferenz (Rendite 10-jähriger abzüglich der Rendite von zweijährigen deutscher Bundesanleihen) bei etwa 120 Basispunkten. In einem Zeithorizont von 12 bis 18 Monaten können wir uns eine flachere Kurve von deutlich unter 100 Basispunkten vorstellen.

Nachdem die Schweizerische Notenbank (SNB) 2015 die Bindung des Schweizer Frankens an den Euro aufgegeben hatte, war sie primär auf Schadensbegrenzung bedacht. Angesichts des starken Wachstums und der willkommenen Frankenschwäche drängt sich die Frage auf, wie sich die SNB dieser Situation stellen wird. Ein Königsweg ist nicht erkennbar. Vielmehr stellt sich die Frage nach dem kleineren Übel. Eine Zinserhöhung, insbesondere noch vor der EZB, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erneute Frankenstärke einleiten.

Gegenmassnahmen der SNB erzwingen

Dies wäre zwar gut für ihre Devisenbestände, würde aber die Konjunktur belasten und damit Gegenmassnahmen der SNB erzwingen. Ein Abverkauf der Notenbankbilanz würde die Buchgewinne realisieren und wäre daher buchhalterisch zu begrüssen. Eine steilere Zinsstrukturkurve sowie Aufwärtsdruck des Frankens wären wohl nicht auszuschliessen, zumal die Vermögenswerte der SNB zu einem Grossteil in Devisen angelegt sind.

Aus heutiger Sicht scheint die Verlängerung der bisherigen Zentralbankpolitik die bequemste Lösung, zumal der Takt in Frankfurt vorgegeben wird. Folgt die SNB der Geldpolitik in Frankfurt, wird sich wohl auch die Zinsstrukturkurve entsprechend bewegen. Ein aktives Portfoliomanagement ist gefordert.


wenzel franz 134 192Franz Wenzel gehört seit Oktober 2016 dem Team ‹Multi Asset Client Solutions› von Axa Investment Managers an. Seit Mai 2012 koordinierte er als Chefstratege die Abteilungen makroökonomische Forschung und Investment-Strategie. Zwischen 2005 und 2010 war er stellvertretender Direktor der Abteilung Research & Investment. Wenzel stiess Ende 1997 als Senior Investment Strategist zu Axa IM und war verantwortlich für die makroökonomische Analyse der Eurozone und daran angrenzender Länder. Ab 2000 beschäftigte er sich schwerpunktmässig mit dem weltweiten Aktienmarkt und Rohstoffen als Anlageklasse.

Zuvor hatte er drei Jahre als Chief Investment Officer für das Bankhaus Metzler in Frankfurt/Main gearbeitet. Zu Beginn seiner Karriere war er als Marktstratege und Produktentwickler bei der Commerzbank in Frankfurt/Main tätig gewesen. Von 1985 bis 1988 hatte er einen Lehrauftrag im Fach Banking and Finance an der Universität Würzburg, Deutschland, wo er 1989 in Betriebswirtschaft promovierte.

 

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