In der Schweiz gibt es mittlerweile rund 300 Biotech-Firmen. «Einige dieser jungen Unternehmen werden die Erfolgsgeschichten von morgen schreiben», sagt Dominik Escher, Managing Partner von BB Pureos Bioventures, im Gespräch mit finews.ch.

Die Coronakrise der vergangenen Monate hat das Thema Healthcare in vielfältiger Hinsicht neu aufgemischt. Das Warten auf eine wirksame Impfung gegen Covid-19, aber auch das verstärkte Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung hat dazu geführt, dass das Interesse für diese Branche vielleicht noch nie so gross war wie jetzt.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht erstaunlich, dass viele Anleger die Branche und dabei vor allem auch biologische Arzneimittel (Biopharmazeutika) mit neuem Blick beurteilen und nach Investitions-Möglichkeiten suchen. Ähnlich wie im Technologiesektor sind dabei junge, aber noch wenig bekannte Unternehmen sehr attraktiv, weil sie sich möglicherweise zu Perlen oder gar «Unicorns» entwickeln, also zu Firmen, die an der Börse mit mindestens einer Milliarde Franken bewertet sind.

Mühe mit der Finanzierung

«Hierzulande existieren mittlerweile rund 300 Biotech-Firmen, die etwa 15‘000 Personen beschäftigen. Für potenzielle Investoren gibt es also mehr als genug interessante Startups. Doch in vielen Fällen müssen diese Unternehmen in die USA, um Kapital für die Entwicklung von Medikamenten aufzutreiben. Tatsächlich haben gerade junge, innovative Biotech-Unternehmen Mühe, sich zu finanzieren», sagt Dominik Escher (Bild unten), Managing Partner von BB Pureos Bioventures, im Gespräch mit finews.ch. Dabei handelt es sich um einen 2018 lancierten Venture-Fonds von Bellevue Asset Management (BAM), der in junge Forschungsunternehmen für innovative Arzneimittel investiert.

Dominik Escher 512

BAM ist laut eigenen Angaben einer der grössten und erfahrensten Healthcare-Investoren in Europa. Das Unternehmen blickt auf eine lange Tradition als Anleger in dem Bereich zurück. Seit 1995 hat die Gesellschaft in mehr als 80 private Healthcare-Unternehmen über ihre Anlageprodukte investiert. «Insofern ist es bedauerlich, dass die Finanzierung für Biotechnologie in der Schweiz ein Mauerblümchen-Dasein fristet», erklärt Escher.

Einzigartiger Cluster

Im vergangenen Jahr entstanden rund 50 Startups, und insgesamt haben inländische Firmen in dem Sektor im letzten Jahr gerade einmal 1,2 Milliarden Franken erhalten, wie dem im vergangenen April publizierten Swiss Biotech Report 2020 hervorgeht. Die Schweizer Biotech-Industrie erwirtschaftete 2019 ausserdem einen Umsatz von rund 4,8 Milliarden Franken, was immerhin 800 Millionen Franken mehr ist als noch im Vorjahr.

Welchen Einfluss die Coronakrise auf die weitere Entwicklung haben wird, muss sich erst noch zeigen. Immerhin verfügt die Schweiz zwischen Zürich, Lausanne und Basel gerade im zukunftsträchtigen Biotechnologiesektor über einen einzigartigen Cluster, also über ein dichtes Netzwerk innovativer Startups, international führender Hochschulen und damit erstklassigen Forschungszentren im Medizinalbereich sowie über etablierte Pharmaunternehmen, was zu einer enormen Kompetenz und Leistungsfähigkeit führt. Ein vergleichbares Einzugsgebiet existiert nur in den USA, nämlich rund um Boston sowie in San Francisco in Kalifornien.

Hoffen auf institutionelle Anleger

«Hierzulande wird relativ wenig Geld in die Frühphasenfinanzierung von Jungunternehmen investiert», stellt Escher fest. Mit 0,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) ist es ungefähr gleich viel oder wenig wie in Spanien. Andere europäische Länder weisen dreimal höhere Werte auf. «In der Schweiz gibt es durchaus vermögende Privatpersonen, die das Potential des Biotech-Bereichs erkannt haben. Doch der Kapitalbedarf reicht weit darüber hinaus», erklärt Escher.

Diesem Mangel will BB Pureos Bioventures Abhilfe schaffen. Insbesondere hofft Escher, dass künftig mehr institutionelle Anleger, also Pensionskassen und andere Versicherungs- und Vorsorgeeinrichtungen, dafür gewonnen werden können. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis Ende dieses Monats (Juli) rund 200 Millionen Franken zu sammeln und dieses Geld anschliessend in Tranchen von bis zu 10 Millionen Franken in vielversprechende Startups zu investieren. Jüngsten Angaben zufolge verfügt BB Pureos Bioventures aktuell über rund 170 Millionen Franken. «Es gibt einige junge Unternehmen und Projekte in der Schweiz, die in unseren Augen die Erfolgsgeschichten von morgen schreiben könnten», betont Escher.

Die Hälfte schaffen es

Aktuell ist das Unternehmen an sechs Jungunternehmen (Alentis Therapeutics, AM Pharma, Eyevensys, ImCheck Therapeutics, NovaGo Therapeutics und Vico Therapeutics) sowie am Basler Inkubator BaseLaunch beteiligt. Ziel ist es, im Verlauf der nächsten zwei Jahre auf die Zielgrösse von bis zu 20 Portfolio-Gesellschaften zu kommen, wie Escher weiter erklärt. Den Einwand, wonach Anlagen in solche Startups oftmals höchst riskant sind, kontert der Fachmann, dass nach seiner Erfahrung gut die Hälfte der Firmen es schaffen würde.

«Einige von ihnen bringen dem Investor ein Vielfaches des eingesetzten Kapitals zurück», unterstreicht Escher und bedauert, dass gerade Pensionskassen, die einen vergleichsweise langen Anlagehorizont haben, diesen Bereich bislang kaum beachtet hätten, zumal die Beteiligungen in solche Firmen einen Horizont von fünf bis sieben Jahren hätten. Insofern wandert der Erfolg mancher Schweizer Gesellschaft somit ins Ausland ab – mehrheitlich in die USA.

Personell aufgerüstet

Kommt hinzu, dass Investitionen in nicht-kotierte Jungunternehmen mit der Börsenentwicklung relativ wenig korrelieren. Um gerade solche Chancen noch besser zu packen, hat BB Pureos Bioventures in den vergangenen Wochen mit dem Engagement einiger Fachleute personell aufgerüstet.

Omar Khwaja 512

Mit Omar Khwaja (Bild oben) holte sich das Unternehmen einen Experten auf dem Gebiet der Neurowissenschaft- und Genetik ins Beraterteam, wie auch finews.ch berichtete. Der Mediziner ist Chief Medical Officer und Forschungschef von Voyager Thearapeutics, ein Biotech-Unternehmen aus Boston. Vor seiner Zeit dort arbeitete er für den Basler Pharmakonzern Roche, wo er als Global Head of Neuroscience Translational Medicine und Global Head of Rare Diseases tätig war.

Erfahrungen bei Roche gesammelt

Und im vergangenen April holte das Unternehmen Anja Harmeier (Bild unten) an Bord. Bevor sie zu BB Pureos Bioventures stiess, führte sie ihre eigene Biotech-Firma. Anschliessend wechselte sie zuerst in die Forschung und Entwicklung bei Roche und danach war sie die vergangenen vier Jahre als Investment Director beim Roche Venture Fund tätig, wo sie Investitionen in verschiedene Bereiche und Phasen der Medikamentenentwicklung verantwortete.

anja harmeier 512

Die Risikokapitalgesellschaft, welche mittlerweile ein gutes Dutzend Personen beschäftigt, hat zahlreiche ehemalige Kaderleute von Roche und Novartis an Bord. Auch dies ist ein Vorteil, der aus dem Schweizer Healthcare-Cluster resultiert und es erst ermöglicht, das neue Investmentgesellschaften auf einem zukunftsträchtigen Gebiet hierzulande entstehen können.

«Dank unserer Erfahrungen sind wir in der Lage, den Bedarf eines neuen Medikaments relativ genau abzuklären, haben wir doch die entsprechenden Geschäftsbeziehungen, darüber hinaus aber auch das Know-how, die Qualität der Firmengründer und des Managements zu beurteilen und die Patentsituation zu prüfen», sagt Escher.

 

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