Der Chef der britischen Notenbank hat sich mit seiner Wortwahl arg in die Nesseln gesetzt. Seine alarmistische Beschreibung der Inflation hatte es in sich – und bricht mit Gepflogenheiten seines Metiers.

Andrew Bailey (Bild unten) warnte anlässlich einer Anhörung vor dem Parlament in Westminster am vergangenen Montag vor «apokalyptischen» Preissteigerungen für Lebensmittel; der Präsident der Bank of England (BoE) gab damit auch seiner Hilfslosigkeit angesichts der galoppierenden Teuerung Ausdruck.

Diese sei getrieben durch eine Serie von externen Schocks wie der Attacke Russlands auf die Ukraine und Lieferketten-Unterbrüchen in China. Insbesondere die Schwierigkeiten der Ukraine, den Weizen aus dem Land zu bringen, hat im Lebensmittelbereich für steigende Preise gesorgt.

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(Bild: Bank of England)

«Lächerlich» und «verantwortungslos»

Bei der britischen Regierung an der Downing Street kam die Wortwahl des Chefs der unabhängigen Bank of England (BoE) gar nicht gut an, wie ein Artikel in der britischen Zeitung «Times» am Mittwoch zeigte (Artikel hinter Bezahlschranke). Während sich der Nordirland-Minister Brandon Lewis noch mit typischem Understatement «überrascht» zeigte, geisselte eine nicht identifizierte Quelle aus der Regierungszentrale die Kommentare als «lächerlich» und «schlichtweg verantwortungslos».

Der ehemalige konservative Handelsminister Liam Fox stimmte in den Chor der Kritiker ein – für ihn machte sich Bailey der totalen Übertreibung schuldig. Fox ist ein Brexiteer der ersten Stunde und ein Veteran in Westminster.

Bailey nahm seinen Posten als Governor der Bank of England im März 2020 auf, gerade als die Pandemie anrollte. Nun kämpft er in seiner noch jungen Amtszeit schon mit der zweiten grossen Krise.

In der Schweiz unvorstellbar

Tatsächlich ist die drastische Wortwahl Baileys in einem Metier, das jede Silbe auf die Goldwaage legt, höchst auffällig. So erscheint es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass die drei Direktoriums-Mitglieder der Schweizerischen Nationalbank (SNB) je Worte wie «apokalyptisch» in den Mund nehmen würden, um eine Preissteigerungen zu beschreiben.

Auch hierzulande streiten sich die Auguren zwar über die Qualifizierung des Frankens im Vergleich zum Euro, aber sie verwenden dazu Ausdrücke wie «sehr» oder «stark». Die Äusserungen der SNB sind über Jahrzehnte geprägt von grosser Ausgeglichenheit und Moderation – vielleicht etwas langweilig, dafür berechenbar und effizient.

Die Kritik an Bailey zielte denn auch direkt auf den Mann und auf die Leistung der BoE. So erklärte Handelsminister Fox die Geldpolitik der BoE für gescheitert und die Wortwahl ihres Vorsitzenden als blosse Verschleierungstaktik, um von dessen Scheitern abzulenken.

Ist die Inflation global oder nicht?

«Seine Argumentation, dass dies eine globale Inflation ist, ist schlicht nicht wahr», wird Fox zitiert. Der Politiker verwies dabei auf Japans Inflationsrate von 1,2 Prozent. Die Briten kämpfen gerade mit einer ganz anderen Dimension des Phänomens: Die Teuerung lag bei etwa 9 Prozent im April, ein Anstieg von 7 Prozent im März und ein 40-Jahre-Rekord. Dies ist fast fünfmal so hoch wie der Wert, den die Bank of England anstrebt.

Baileys Bank of England war eine der grossen Notenbanken, die schon früh mit der Zinswende angefangen haben. Der Leitzins liegt seit einer Erhöhung im Mai 2022 bei 1 Prozent und dürfte nun weiter steigen. Allerdings warnte die Bank beim jüngsten Zinsschritt, dass 80 Prozent der Inflation globaler Natur seien und deshalb nicht durch den britischen Zinssatz beeinflussbar.

«Das ist extrem schwierig»

Dies veranlasste Bailey im Parlament zur Bemerkung, er fühle sich nicht einfach hilflos ob der Lage, es sei viel schlimmer. «10 Prozent Inflation vorauszusagen und gleichzeitig festzustellen, dass man nicht viel tun kann bezüglich 80 Prozent dieser Inflation, ist extrem schwierig».

Und er schloss mit einer Aussage, die Kritikern wie Fox direkt widerspricht, nämlich dass die BoE nichts wirklich hätte anders machen können, um Preisschocks zu vermeiden: «Wir können Dinge wie Kriege nicht voraussagen».

Im Vergleich äusserst gut

In der Schweiz ist der Anstieg der Konsumentenpreise momentan noch relativ moderat und lag im April bei 2,5 Prozent. Dies liegt zwar über der 2-Prozent-Marke, welche die SNB als Maximum vorgibt. Im Vergleich zur EU und Grossbritannien steht die Schweiz aber äusserst gut da, nicht zuletzt weil der Anstieg des Frankens während der ersten Kriegsmonate einen guten Teil der importierten Inflation auszugleichen vermochte.

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