Negativzinsen wären ein stumpfes Schwert

Die Schweizerische Nationalbank hat nach der letzten Zinssenkung auf Null immer wieder ihren Unwillen bekundet, auf Negativzinsen zurückzugreifen. Sollten die geplanten US-Zölle auf Einfuhren aus der Schweiz in Kraft treten und für einen längeren Zeitraum Bestand haben, könnte sich das aber ändern. Eine Reihe von Volkswirten zweifelt indes an, ob damit der gewünschte Effekt erzielt werden könnte.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist nicht gerade dafür bekannt, auf Marktbewegungen panisch oder überhastet zu reagieren. Und so kann man auch im Fall der nun durch US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle von 39 Prozent auf Waren aus der Schweiz vermuten, dass man erst einmal abwartet und sich die Auswirkungen der Massnahmen auf die Schweizer Wirtschaft ansehen wird.

Die Folgen werden von Ökonomen unterschiedlich beurteilt. Sollten die Zölle trotz Nachverhandlungen wie geplant in Kraft treten, dann könnte das die Schweizer Wirtschaftsleistung gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) um bis zu 0,5 Prozentpunkte pro Jahr drücken, heisst es in ersten Einschätzungen.

Erhebliche negative Auswirkungen

«Sollten die angedrohten US-Importzölle tatsächlich umgesetzt werden und längere Zeit in Kraft bleiben, wäre für die Schweizer Wirtschaft mit weitreichenden negativen Folgen zu rechnen,» heisst es etwa von der ZKB. Auch Hans Gersbach von der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich geht von erheblichen negativen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft aus, wenn die Zolldrohung umgesetzt wird, und der hohe Tarif lange Zeit in Kraft bleibt.

Branchen, die dann als nur bedingt oder gar nicht mehr wettbewerbsfähig gelten, sind etwa die Maschinen-, Elektronik- und Metallindustrie sowie die Uhrenindustrie. Sie sind nicht nur zyklisch, sondern auch sehr preissensitiv.

Zusammen mit den Ausnahmen für die Pharmaindustrie und den ohnehin nicht betroffenen Dienstleistungen würde der Durchschnitts-Zollsatz der Schweiz in Richtung USA von derzeit 6 Prozent auf über 16 Prozent ansteigen, schreibt Matthias Ramser von Reichmuth & Co. Zwar sind die USA nach Ländern betrachtet der grösste Abnehmer für Schweizer Waren. Doch rund 80 Prozent der Exporte gehen in andere Länder, allen voran die EU-Staaten mit Deutschland an der Spitze.

Inflation sinkt weiter

Auch bei der Teuerung, die zuletzt bei der Kerninflation mit einem Wert von 0,1 Prozent auf Jahressicht sehr tief blieb, dürfte eine durch die Zölle verursachte Konjunkturabschwächung weiter abmildernd wirken.

Dem stehen Hoffnungen auf eine Konjunkturbelebung in der EU entgegen, insbesondere mit Blick auf die geplanten Ausgabenpakete in Deutschland. Das könnte zumindest für einen Teilausgleich sorgen.

Dass die SNB keinen einzelnen Branchen verpflichtet ist, ist bekannt. Ihr oberstes Ziel ist die Preisstabilität, wobei die SNB dabei auch die konjunkturelle Entwicklung berücksichtigt. Das ist ihr Beitrag zu berechenbaren Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft.

Effekt wäre gering

Mit einer weiteren Zinssenkung etwa im September auf dann -0,25 Prozent könnte der Franken geschwächt, der Export gestärkt und die Kreditvergabe angekurbelt werden. Doch ob der Effekt stark genug wäre, um die negativen Zoll-Folgen spürbar zu lindern, ist zu bezweifeln. Die Geldpolitik ist bereits jetzt ausgesprochen expansiv.

«Negativzinsen helfen nicht, die politisch getriebene Zollproblematik zu lösen oder zu mindern», ist etwa Renato Flückiger von Valiant überzeugt.