Wenn die Energiewende auf die reale Welt trifft
Ist die Energiewende nachhaltig? Haben wir den Höhepunkt der Investitionen in die Energiewende bereits überschritten?
Die 47. Präsidentschaft der USA hat Anordnungen erlassen, mehr Land und Meeresgebiete für die Gewinnung fossiler Brennstoffe zu öffnen, während gleichzeitig die Entwicklung sauberer Energien eingeschränkt und der Prozess des Austritts des Landes aus dem Pariser Klimaabkommen eingeleitet wurde. Es besteht die Gefahr, dass die Produktion und Infrastruktur erneuerbarer Energien nicht nur in den USA, sondern weltweit ins Hintertreffen geraten, wenn andere Länder dem Beispiel der USA folgen.
Diese Bedenken sind mittlerweile weit verbreitet. In Wirklichkeit gibt es jedoch kaum Anzeichen dafür, dass Investitionen in erneuerbare Energien ins Hintertreffen geraten.
«Infrastruktur- und Transformationsprojekte sind in Europa und Asien sehr dynamisch», sagt Raphaël Lance, MD – Global Head of Private Assets and Energy Transition Funds bei Mirova, einer Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers.
«Derzeit gibt es in den USA einige Zweifel, aber insgesamt stehen Investitionen in diesem Bereich ausser Frage. Es handelt sich um eine einfache wirtschaftliche Notwendigkeit.»
Das politische Paradoxon in den USA
Die politischen Veränderungen in den USA, die sich mit «Drill, Baby, Drill» zusammenfassen lassen, sind ein offensichtlicher Gegenwind für die Erzeugung erneuerbarer Energien.
Allerdings hat die Politik – so wichtig sie auch ist – keinen Vorrang vor der wirtschaftlichen Realität. «Das Paradoxe daran ist, dass es in den USA noch nie so viele Projekte mit hohem Energieverbrauch gegeben hat wie heute», sagt Raphaël. Er verweist auf Rechenzentren, das Wachstum der KI und die Beobachtung des ehemaligen CEO von Google, der aussagte, dass Rechenzentren bis 2030 99 Prozent des aktuellen Stromverbrauchs verbrauchen werden1.
«Die einzige Möglichkeit, diesen Bedarf ohne Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energien zu decken, sind Gaskraftwerke, aber die grossen Rechenzentrumsbetreiber wollen keine Energie aus fossilen Brennstoffen, da sie alle Null-Emissions-Ziele verfolgen», sagt Raphaël.
Eine Alternative ist die Kernenergie, aber diese hat einen Bauzyklus von 15 bis 20 Jahren, sodass das Angebot frühestens 2040 steigen wird, selbst wenn heute die Entscheidung für die Kernenergie getroffen würde.
Raphaël geht davon aus, dass die derzeitige Situation nur von kurzer Dauer sein wird. «Die politische Position ist wirtschaftlich nicht fundiert, daher wird sie nicht ewig Bestand haben», sagt er. «Es zeichnet sich eine enorme Veränderung in der Energiepolitik ab, und es gilt, eine grosse Finanzierungslücke zu schliessen.»
Diese Lücke wird wahrscheinlich von Investoren und Betreibern geschlossen werden, die in der Zwischenzeit Technologien und Erfahrungen auf den europäischen Märkten entwickelt haben.
Europäische erneuerbare Energien legen trotz Streichung von Subventionen weiter zu
Der europäische Markt hingegen, der durch eine positive Politik gestützt wird, ist lebhaft. Dies gilt trotz einer sich wandelnden Marktstruktur, da staatliche Subventionen schrittweise zurückgefahren werden und immer mehr Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu Marktkosten und -preisen betrieben werden.
Dieser Strukturwandel erfordert mehr Fachwissen bei der Gestaltung von Geschäften. «Wir sind viel agiler in der Art und Weise, wie wir Strategien entwickeln und umsetzen», sagt Raphaël.
Anstatt ausschliesslich mit Regierungen zu verhandeln, unterzeichnet Mirova nun häufig bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen grossen Unternehmen oder Unternehmensgruppen, die Ökostrom suchen. Mirova beschäftigt ein Team, dessen einzige Aufgabe darin besteht, Ausschreibungsverfahren zu bearbeiten und die besten Angebote für seine Stromgeschäfte zu finden.
Der Schlüssel zum Erfolg dieser sich weiterentwickelnden Strategie ist Zuverlässigkeit. Unternehmen, die Ökostrom kaufen, müssen wissen, dass dieser verfügbar ist und in der richtigen Menge bereitgestellt werden kann. Raphaël sagt: «Wenn Amazon in einem Jahr ein Rechenzentrum eröffnen will, muss es sicher sein, dass in genau einem Jahr ausreichend Strom zur Verfügung steht.»
Diese Art von Baurisiko habe die Komplexität der Projekte von Mirova erhöht, merkt er an, aber es schaffe auch mehr Wert für die Investoren von Mirova, wenn die Projekte spezifikationsgemäss und termingerecht ausgeführt würden.
Ein Schritt in Richtung Energiesouveränität
Ein neuerer Treiber der Energiewende ist der Wunsch nach Energiesouveränität in Europa.
Raphaël sagt: «Der Krieg in der Ukraine und der Protektionismus der USA haben die Bedeutung der Energieunabhängigkeit unterstrichen, und das findet auch bei Investoren in Energieinfrastruktur Anklang.»
Einige Länder sind zu dem Schluss gekommen, dass der Bau von Kernreaktoren der Schlüssel zur Energieunabhängigkeit ist – Mirova vertritt jedoch die Ansicht, dass das Thema unendlich viel komplexer ist. Raphaël drückt es so aus: «Kernenergie ist eine langfristige Energiequelle, aber man kann sie nicht steuern und man kann sie nicht stoppen. Das bedeutet, dass es sich um eine Grundlastversorgung handelt, die man nicht an den Spitzenbedarf anpassen kann, und das ist heute entscheidend.»
Wenn sich die Nachfrage zu verschiedenen Tageszeiten verdoppelt, ist es unmöglich, den Bedarf allein mit Kernenergie zu decken, die eine konstante, unveränderliche Versorgung gewährleistet.
Die Möglichkeit, Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen, ist der Bereich, in dem erneuerbare Energien in Kombination mit neuen Speicherlösungen und neuen Netzkonfigurationen wahrscheinlich ihre Stärken ausspielen können.
Die Speicherung ist entscheidend für die Effektivität erneuerbarer Energien
Die Unfähigkeit der Stromnetze, das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen, war ein entscheidender Faktor für die Stromausfälle, die im April 20252 in Spanien und Portugal auftraten. Eine bessere Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien und eine Umgestaltung der Stromnetze könnten ähnliche Ausfälle in Zukunft verhindern.
Mit dem Anstieg der erneuerbaren Energien entsteht der Bedarf, Überproduktion zu speichern, insbesondere zur Mittagszeit, wenn das Angebot hoch und der Verbrauch gering ist. «Hier gibt es eine grosse Arbitragemöglichkeit», sagt Raphaël.
«Speicherkapazitäten können Energie sehr schnell aus dem Netz nehmen, sodass man bei einem Überangebot für die Speicherung bezahlt wird. Man wird auch dafür bezahlt, dass man sie in Zeiten hoher Nachfrage in das Netz einspeist.»
Mirova hat eine Reihe von Investitionen in Speicheranlagen in ganz Europa getätigt, wobei Grossbritannien an der Spitze liegt und Deutschland und Frankreich dicht dahinter folgen. «Heute können wir nicht mehr darüber nachdenken, eine Solaranlage zu bauen, ohne gleichzeitig Speicheranlagen zu errichten», fügt Raphaël hinzu.
Hybridisierung: Dezentralisierung der Stromerzeugung
Innovationen im Bereich der Speicherung bilden die Grundlage für dezentrale Stromnetze und damit für eine optimierte Versorgung und Nachfrage.
Der Übergang von einer zentralisierten zu einer dezentralisierten Stromerzeugung erfordert auch Investitionen in die Netzinfrastruktur, um die Entwicklung lokaler Energiespeicherlösungen zu erleichtern.
Diese Lösungen können Wind- oder Solarenergie sein, oder auch Alltagsgegenstände, die von Verbrauchern genutzt werden, wie beispielsweise Elektroautos. Raphaël sagt: «Aus Sicht des Stromnetzes sind Autos nichts anderes als Batterien und können als solche zur Stabilisierung des Netzes beitragen. Autos können beispielsweise nachts, wenn die Stromproduktion günstig ist, Strom aus dem Netz beziehen und diesen beispielsweise am Abend, wenn der Verbrauch spitzt, wieder ins Netz zurückspeisen.»
Für die Hybridisierung des Stromnetzes, bei der verschiedene Arten der Stromerzeugung entweder in das System eingespeist oder aus diesem entnommen werden können, sind Investitionen erforderlich. Hybridnetze bieten durch die Kombination verschiedener Erzeugungsmethoden ein hohes Mass an Energiesicherheit.
«Eine Reihe von Ländern erlaubt die Hybridisierung, um Schwankungen zu reduzieren, wobei die Investitionen in Spanien, Portugal und Polen besonders hoch sind», bemerkt Raphaël.
KI schreitet voran, grüner Wasserstoff verliert an Bedeutung
Diese sich schnell entwickelnden Energietechnologien werden bald durch KI unterstützt, die die Stromversorgung und -nachfrage noch genauer vorhersagen und steuern und so die Netze optimieren kann. Wie Raphaël sagt: «Wir stehen am Anfang des Wachstums von intelligenten Netzen und intelligentem Verbrauch.»
Nehmen wir das Beispiel «Auto als Batterie». Wenn ein Autobesitzer sein Auto für 12 Stunden an die Steckdose anschliesst, wird es möglicherweise nicht sofort aufgeladen, da die KI vorhersagt, dass das Überangebot zu einer bestimmten Nachtzeit am höchsten und der Tarif am günstigsten ist. Das KI-gestützte Netz könnte beispielsweise beschliessen, das Auto zu Beginn der Nacht aufzuladen, es mitten in der Nacht zu entladen und es am Morgen vor der Nutzung wieder aufzuladen.
Die einzige Technologie auf Basis erneuerbarer Energien, deren Entwicklung sich verlangsamt hat, ist grüner Wasserstoff. Mirova hat seine Ambitionen in diesem Bereich zurückgeschraubt, da die Strompreise, die einen erheblichen Teil der Inputkosten ausmachen, nach wie vor zu hoch sind, um grünen Wasserstoff finanziell rentabel zu machen.
Erneuerbare Infrastruktur erweist sich als widerstandsfähig
Die Entwicklung der Technologien für erneuerbare Energien bedeutet, dass sowohl bei der Energieerzeugung als auch bei der dafür erforderlichen Infrastruktur ein grosses Wertpotenzial besteht. Dies gilt insbesondere für den Mittelstand, in dem Mirova tätig ist und in dem weniger institutionelles Kapital um dieselben Vermögenswerte konkurriert.
«Wir glauben, dass wir im Mittelstand genau richtig sind», sagt Raphaël. «Wir haben sechs Jahrgänge, aber unser Gesamtvermögen ist noch relativ gering, sodass wir agil und flexibel sein können.»
Mirova hat in den letzten zwei Jahren 2 Milliarden Euro in Eigenkapitaltransaktionen investiert und damit die Gesamtzahl der finanzierten Projekte auf weit über 1.000 in 20 OECD-Ländern erhöht. Das Unternehmen verwaltet 4,1 Milliarden Euro in Infrastrukturfonds für die Energiewende.
Energieinfrastrukturprojekte haben sich angesichts der Inflation der letzten drei bis vier Jahre als widerstandsfähig erwiesen, da die Energieeinnahmen mit den Inflationsraten Schritt gehalten oder diese sogar übertroffen haben. «Vor 2022 gab es kaum Inflation, daher war es schwierig zu zeigen, dass die Infrastruktur für die Energiewende inflationsresistent ist. Aber seit 2022 hat sie sich als gute Diversifizierungsmöglichkeit und defensive Strategie in einem volatilen Umfeld erwiesen», sagt Raphaël.
Mit dem Wachstum der Strategie wächst auch das Team von Mirova, das bei den Insurance Asset Risk Awards 20253 als «Infrastrukturmanager des Jahres» ausgezeichnet wurde. Das Unternehmen verfügt über lokale Teams in ganz Europa, darunter in Frankreich, Polen, Griechenland und Spanien, sowie über ein separates Team für Schwellenländer mit spezifischen Kenntnissen dieser Märkte.
Fazit: Navigation durch die Wertschöpfungskette
Der Sektor der erneuerbaren Energien verändert sich rasant, und Investoren müssen sich intensiv mit allen neuen Dienstleistungen und Lösungen auseinandersetzen, um daran teilhaben und einen erheblichen Mehrwert erzielen zu können.
Früher bauten Investoren im Bereich erneuerbare Energien Solar- und Windkraftanlagen für nationale oder regionale Behörden und erhielten Preisgarantien für vielleicht 20 Jahre. Heute ist das anders – regulierte Tarife sind relativ selten, und bilaterale Verträge werden immer häufiger.
Darüber hinaus muss jedes neue Stromangebot getestet werden, hybride Systeme müssen navigiert werden und die Speicherung muss ein integraler Bestandteil des Pakets sein. «Man muss heute die gesamte Wertschöpfungskette der Stromerzeugung optimieren», sagt Raphaël.
Dies schafft ein grosses Wertpotenzial für Investoren und Betreiber, die die Veränderungen auf den Strommärkten verstehen, über langjährige Netzwerke verfügen und für schnelle Veränderungen gut aufgestellt sind.
Written in November 2025
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