Seien es tiefe Abgründe oder einfache Gemüter: Die Mitmenschen und nicht zuletzt auch sich selbst zu verstehen, ist anspruchsvoll. Bücher können dabei helfen. Eine Liste zum Einstieg von finews.life.

«Wenn Sie im Leben irgendwo hinkommen wollen, müssen Sie viele Bücher lesen.»

Dieses Zitat des britischen Schriftstellers Roald Dahl stimmt auch heute noch. Obwohl jede erdenkliche Information sofort verfügbar ist, bleiben Bücher der beste Weg der vertieften Auseinandersetzung mit einem Thema.

Die Führungskräfte- und Organisationsentwicklerin Marion Walz hat für finews.life ein «Mini Curriculum» zu einigen zentralen Themen zusammengestellt. Die ersten fünf Bücher, die sie empfiehlt, drehen sich um menschliches Verhalten: Je besser wir dieses verstehen, desto weniger leiden wir unter den unnötigen Konflikten, welche durch Missverständnisse entstehen.

Zur Lektüre gehört die Auseinandersetzung mit den Ursprüngen unserer Moralvorstellungen, wie sie Robert Sapolsky beschrieben hat, ebenso wie das Thema emotionale Intelligenz im Buch von Alain de Botton. Auch wenn dies lediglich ein Anfang sein kann, liefern diese Bücher Ideen dafür, wie man den Facetten der Menschen noch besser begegnen kann.

1. «The School of Life: An Emotional Education» von Alain de Botton

school of lifeWir legen viel Wert auf Bildung, fokussieren uns dabei jedoch immer noch vorwiegend auf materielle, wissenschaftliche und technische Themen. Emotionales und Psychologisches, zum Beispiel wie wir ein erfülltes Leben führen können, scheinen wir entweder als unwichtig oder nicht durch eine Schulbildung vermittelbar einzustufen. Die schwierige Auseinandersetzung mit dem eigenen Geist und der eigenen Psyche bleibt jedem selbst überlassen.

Der Philosoph und Schriftsteller Alain de Botton beantwortet grundlegende Fragen und gibt praktische Tipps. Wie kann ich mich selbst verstehen? Wie mit schwierigen Beziehungsthemen umgehen? Wie bewältige ich Rückschläge und steigere meine Resilienz? Wie werde ich gelassener? Es handelt sich um ein mit Sprachwitz und Scharfsinn geschriebenes Buch, basierend auf einem Jahrzehnt Forschung über emotionale Intelligenz.

2. «Behave: The Biology of Humans at Our Best and Worst» von Robert M. Sapolsky

behaveMenschliches Verhalten ist hochgradig komplex. Es ist das Ergebnis vieler Faktoren, die sich über Jahrtausende hinweg entwickelt haben – von der Gehirnchemie bis zur sozialen Konditionierung.

Behave ist ein umfassendes Werk des renommierten Professors Robert Sapolsky, das uns auf eine Reise in die Tiefen des menschlichen Daseins und in die Geschichte der menschlichen Moral mitnimmt. Er zeigt die Gründe für das beste, aber auch das schlimmste menschliche Verhalten auf. Wir sind zu brutalen Gewaltakten, aber auch zu unglaublichen Taten der Güte fähig. Biologische, psychologische und kulturelle Faktoren sind eng verflochten. Je nach dem, was vor Millisekunden, Minuten, Tagen, Jahrhunderten und noch weiter zurück passiert ist, können sie zu Gewalt, Aggression und Konkurrenz führen, ebenso wie zu Kooperation, Zugehörigkeit, Versöhnung, Empathie und Altruismus.

3. «The Brain: The Story of You» von David Eagleman

the brainUnser Geist ist ein seltsames Ding, uns sowohl zutiefst vertraut als auch völlig fremd. Wie formt unser Leben unser Gehirn und welchen Einfluss hat unser Gehirn auf unser Leben? Wie entsteht eine Persönlichkeit? Gibt es da draussen wirklich eine Realität, oder halluzinieren wir nur? Wie treffen wir Entscheidungen?

David Eaglemans Abhandlungen zur neuesten neurowissenschaftlichen Forschung, in denen er uns in unterschiedlichste Welten von Extremsport bis Völkermord mitnimmt, sind zugleich faszinierend und beunruhigend.

4. «Willful Blindness: Why We Ignore the Obvious at Our Peril» von Margaret Heffernan

willful blindnessWeshalb verschliessen wir immer wieder absichtlich unsere Augen vor unbequemen Fakten? Individuen und Gruppen sind häufig blind für drohenden persönlichen Ungemach, seien dies Firmenzusammenbrüche, offensichtliche Gefahren oder sogar Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Diese vorsätzliche Blindheit hilft dabei, uns sicher zu fühlen, Konflikte zu vermeiden, Ängste im Zaum zu halten oder unseren Selbstwert zu schützen. Das kann sehr gefährlich sein. Wären wir bereit, uns der Realität zu stellen, uns unserer verzerrten Wahrnehmungen bewusst zu werden, Diskurs zu fördern und Konformität entgegen zu wirken, hätten wir die Chance, proaktiv mit unseren Herausforderungen umzugehen, statt lediglich – und oft zu spät – zu reagieren. In diesem Buch zeigt Margaret Heffernan auf, wie das gehen kann.

5. «Mistakes Were Made (But Not by Me): Why We Justify Foolish Beliefs, Bad Decisions, and Hurtful Acts» von Carol Tavris und Elliot Aronson

mistakes were madeWarum ist es so schwer zu sagen «Ich habe einen Fehler gemacht» und uns das auch wirklich einzugestehen? Gestützt auf jahrelange Forschung bietet das Buch von Carol Tavris und Elliot Aronson eine faszinierende Erklärung zu Selbstrechtfertigungsmechanismen – wie sie funktionieren, welchen Schaden sie anrichten, aber auch, wie wir sie überwinden können.

Haben wir Fehler gemacht, so sehen wir uns häufig genötigt, unser Selbstwertgefühl zu schützen. Deshalb schaffen wir unbewusst Fiktionen, die uns von unserer Verantwortung befreien. Sie stellen unseren Glauben daran wieder her, dass wir klug, moralisch und richtig gehandelt haben. Nur hält uns derselbe Glaube in Tat und Wahrheit oft auf einem dummen oder unmoralischen Kurs.

Beim Lesen fühlt man sich immer wieder ertappt. Die Autoren zeigen aber auch, wie man mit kognitiver Dissonanz leben und von ihr lernen kann – und dabei sogar lernt, sich die eigenen Fehler zu verzeihen.


Marion Walz ist Executive Coach, Führungskräfte- und Organisationsentwicklerin und Mediatorin. Seit mehr als zehn Jahren begleitet sie Unternehmen in Phasen der Veränderung und auf ihrem Weg zu mehr Business Agilität. Sie unterstützt auch Entscheidungsträger und Teams in der Kommunikation und im Umgang mit Konflikten. Bevor sie sich selbständig machte, arbeitete Marion Walz 14 Jahre in der Finanzbranche und als Unternehmensberaterin.