Mitten in der Coronakrise ist Thierry Kneissler, der einstige «Mister Twint», Verwaltungsratspräsident der Firma Hotelcard geworden. Was hat er vor?

Von Artur K. Vogel, freier Autor

«Halbtax für Hotels» war einst der Slogan für die Hotelcard, und ausgerechnet dieser soll nun fallen. Die Firma hat nämlich eine neue Führungsriege, und diese erkennt Handlungsbedarf.

Konkret: seit rund einem halben Jahr ist der Berner Thierry Kneissler Verwaltungsrats-Präsident; schon 2019 heuerte der Bündner Claudio Grisch (Bild unten) als CEO des in Thun domizilierten Unternehmens an. Die beiden ergänzen sich.

Grisch ist in der Tourismusbranche gross geworden. Er arbeitete viele Jahre bei Kuoni und einigen seiner Tochterunternehmen. Kneissler bringt das finanztechnische Knowhow mit: Er war von 2014 bis 2018 CEO der Bezahl-App Twint und zuvor Geschäftsleitungs-Mitglied der Postfinance, wie auch finews.ch berichtete.

Ein Prozent der Schweizer Bevölkerung

Claudio Grisch 516

Mittlerweile existieren unzählige Hotelbuchungs-Plattformen, und sie funktionieren alle nach demselben Muster: Der Gast sucht nach einem Hotel, vergleicht die Angebote und bucht dann. Dafür kassieren die Plattformen Kommissionen der jeweiligen Hotels. «Deshalb versuchen viele Hotels, das Selberbuchen zu pushen», erklärt Grisch im Gespräch mit finews.ch. «Dabei haben sie aber nur mässigen Erfolg.»

Die Hotelcard versteht sich als Alternative dazu. Denn sie generiert den Umsatz nicht durch Kommissionen, sondern durch die Beiträge ihrer Mitglieder – knapp 1 Prozent der Schweizer Bevölkerung oder rund 85'700 Personen seien im Moment dabei, sagt Grisch und stellt gleichzeitig fest, dass sich die Coronakrise überhaupt nicht negativ auf die Mitgliederzahlen ausgewirkt habe. «Im Gegenteil, wir konnten sogar eine höhere Erneuerungsrate verzeichnen, und das Neukundengeschäft ist gut», so Grisch.

Wertschöpfung in der Schweiz

Kneissler hat dafür auch eine Erklärung. «Unser Modell beruht darauf, Schweizerinnen und Schweizern Ferien in der Heimat zu vermitteln. So unterstützen wir unsere Partnerhotels und generieren Wertschöpfung in der Schweiz. Das ist gerade in den heutigen, unsicheren Zeiten aktuell. Ich bin deshalb sicher, dass unser Modell die Krise bestens überstehen wird.»

Das Hotel bezahlt also keine Kommissionen und Gebühren. Hingegen muss es Hotelcard-Mitgliedern attraktive Konditionen bieten. «So profitieren beide: Das Hotel erzielt eine bessere Auslastung, vor allem in Randzeiten; unsere Mitglieder erhalten dafür attraktive Angebote», sagt Kneissler. Und weil diese Preise nur in der geschlossenen Gruppe der Hotelcard-Mitglieder gelten, «muss das Hotel nicht um seine Preisintegrität fürchten», erklärt er weiter.

Zu Missverständnissen geführt

Wie eingangs erwähnt, wird der bisherige Slogan «Halbtax für Hotels» fallengelassen, da der damit stipulierte Anspruch nicht in jedem Fall erfüllt wird. Denn nicht immer gab es Hotelzimmer  für die Hälfte des Preises, räumen die beiden Verantwortlichen ein. Das habe zu, teilweise im Internet und in Konsumentenmedien ausgetragenen, Missverständnissen unter den Mitgliedern geführt.

«Die Hotels können grundsätzlich immer gebucht werden, wenn sie freie Zimmer haben», betont Grisch, «aber nicht immer mit 50 Prozent Rabatt. Häufig sind es auch nur 30 Prozent. Im Schnitt werden 30 bis 50 Prozent Rabatt an mehr als 180 Tagen pro Jahr gewährt.»

Auch zwei Klöster dabei

Das Portfolio der Hotelcard besteht momentan aus gut 600 Häusern in allen Preiskategorien – mit Schlössern, Fünfstern-Hotels, Spa-Resorts, Landgasthöfen und sogar zwei Klöstern in der Schweiz sowie im nahen Ausland. (TC)