Thierry Kneissler hat Twint über Durstrecken hinweg zur meist genutzten Bezahlapp der Schweiz geführt. Jetzt gibt der CEO die Leitung überraschend an einen deutschen Banker ab, wie finews.ch erfahren hat.

Twint testet die Millionengrenze. Nach eigenen Angaben verzeichnet die Helvetische Bezahlapp rund 850'000 registrierte Nutzer, was ihr einen Vorsprung gegenüber Konkurrenten wie Apple Pay oder Samsung Pay sichert. Das ist nicht zuletzt der Verdienst von CEO Thierry Kneissler: 2014 startete er mit dem Spin-off der Postbank Postfinance. Das Rennen zum weitverbreitetsten digitalen Portemonnaie im Land mit über 40 Bankenpartnern war zuweilen von Umwegen und Verzögerungen gezeichnet.

Nun räumt der «Mister Twint» überraschend seinen Posten, wie finews.ch exklusiv erfahren hat. Das Unternehmen hat mit dem deutschen Banker Markus Kilb (Bild unten) einen neuen Chef ernannt, der Kneissler im Winter 2018 ablösen wird. Letzterer will seine Erfahrungen zukünftig als Berater und Verwaltungsrat weitergeben und Twint bei einzelnen Projekten unterstützen, wie es beim Unternehmen mit seinen 60 Mitarbeitern hiess.

Kilb 500

Veränderungen auch im Aktionariat

Der Chefwechsel erfolgt fast zeitgleich mit einer bedeutenden Veränderung im Aktionariat von Twint. Ab November sollte die Fusion zwischen dem Kartengeschäft der Schweizer Börsenbetreiberin SIX mit der französischen Bezahlspezialistin Wordline unter Dach und Fach sein. Als Teil des Deals wollen die Franzosen einen Anteil von 20 Prozent an Twint erwerben und avancieren damit neben SIX und Postfinance zum dritten Grossaktionär. Vorgesehen ist laut Recherchen von finews.ch eine Beteiligungsstruktur mit 26,5 Prozent für SIX, 26,5 Prozent für Postfinance, 26,5 Prozent für die beteiligten Schweizer Banken sowie 20 Prozent für Worldline.

Unter Kennern des Payment-Geschäfts gilt es als ausgemacht, dass der neue Grossaktionär der Schweizer Bezahlapp das Tor zum europäischen Ausland öffnet. Bisher ist die Anwendung auf den Heimmarkt beschränkt.

Spezialist für digitale Kanäle

Aus dem Ausland kommt nun auch der künftige Chef von Twint. Der 52-jährige Kilb leitet seit 2009 innerhalb der Unicredit-Gruppe die in Deutschland aktive Unicredit Family Financing Bank mit Sitz in München. Er hat dort neue Vertriebskanäle erschlossen und verfügt über Erfahrung in der Digitalisierung im Fintech-Bereich. Bis 2003 war er als Leiter Kreditkartengeschäft bei der Citibank in Düsseldorf tätig, ausserdem bei der Advance Bank in München und bei den BMW Financial Services.

Auf Anfrage sagt Kilb zu seiner Ernennung: «Der Wechsel wurde langfristig geplant, ich wurde dabei ausgewählt, und Thierry Kneissler wird bis zu meinem Eintritt die Verantwortung für das Unternehmen wahrnehmen.» Mit der neuen französischen Aktionärin habe der Führungswechsel hingegen nichts zu tun. «Thierry Kneissler hat bereits vor dem Eintritt von Worldline dem Verwaltungsrat seine Absicht bekundet, das Unternehmen zu verlassen.»

«Sicher nicht Stellen abbauen»

Wie es bei Twint heisst, muss sich Kilb nun als Erstes um neue Anwendungsmöglichkeiten kümmern, die in den Markt eingeführt werden sollen. Bekannt ist, dass das Unternehmen insbesondere bei der Einbindung von Bonusprogrammen in die App vorwärts machen will. Es geht darum, nicht bloss den Zahlungsprozess abbilden. Sondern Dienste anzubieten, die dem Kunden darüber hinaus einen Mehrwert bieten.

«Twint kann sehr erfolgreich als Schweizer Lösung funktionieren», sagt der designierte CEO dazu. Zu gegebener Zeit werde die Firma aber «sicher» die Möglichkeiten anschauen, die App auch ausserhalb der Schweiz zu verbreiten. «Mit Worldline haben wir da ja einen erfahrenen Aktionär an der Seite», so Kilb.

Ganz generell sieht er im digitalen Portemonnaie eine Wachstumsgeschichte. Das werde sich auch bei den Jobs niederschlagen: «Wenn wir weiter wachsen können und unsere Ziele erreichen, werden wir sicher nicht Stellen abbauen», verspricht der neue Chef.

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