Gaststätten können sich mit klug zusammengestellten Weinkarten profilieren, um damit neue und Stammgäste gleichermassen anziehen. Wir haben sieben empfehlenswerte Lokale in Bern ausgewählt, die den edlen Tropfen genügend Aufmerksamkeit angedeihen lassen.

Was zeichnet eine gelungene Weinkarte aus? Möglichst ein breites Sortiment aus aller Welt? Eine beeindruckende Jahrgangstiefe gewisser bekannter Weine? Ein schönes Angebot an glasweise ausgeschenkten Tropfen?

Wahrscheinlich liegt der Schlüssel zum Erfolg in einem Mix und in der Tatsache, wie sich das Restaurant positioniert. Nicht die Zahl der Positionen ist matchentscheidend, sondern ob sich jemand bei der Zusammenstellung etwas überlegt hat. Und preislich fair kalkuliert.

In diesem Sinne haben wir uns nach Zürich nun in Bern umgeschaut und sieben Lokale mit einer attraktiven Weinkarte ausgewählt. Für jeden Geschmack sollte es etwas dabeihaben.

1. Casino Bern

Casino Bern 506

Das Restaurant Casino Bern überzeugt mit einer äusserst attraktiven, vielseitigen Auswahl aus der Alten Welt. Weine aus Australien, Kalifornien oder Chile findet man nicht.

Folgende Punkte stechen dem Geniesser sofort ins Auge: breites Schaumwein-Sortiment, Fokus auf die Schweiz mit einem Mix von etablierten und neuen Namen, Weine mit unterschiedlichen Jahrgängen (beispielsweise sechs Jahrgänge des Walliser Kult-Cornalin von Denis Mercier), exzellente Bordeauxweine, glasweiser Ausschank von über 20 Tropfen, kleine, feine Rubrik mit Orange-Weinen, also Weissweinen, die an der Maische vergoren werden.

Der Gast hat die Wahl der Qual. Ich würde in Sachen Weiss etwa den Petit Chablis 2014 des genialen französischen Kult-Weinguts Ravenau nehmen (105 Franken) und bei den Roten den Spätburgunder Alte Reben 2016 des deutschen Spitzenbetriebs Bernhard Huber (92 Franken). www.casinobern.ch

2. Wein & Sein

Wein und Sein 506

(Daniela Jaun und Simon Sommer, Wein und Sein, Bild: Bild Franziska Scheidegger)

Die Weinkarte des «Wein & Sein» ist «mit Härzbluet», so das Motto des Lokals, zusammengestellt. Die Gastgeber konzentrieren sich in jeder (europäischen) Region auf wenige Namen. Das Sortiment ufert nirgends aus, bietet aber für jeden Geschmack etwas - bei durchwegs fair kalkulierten Preisen.

Den Abend könnte man gut mit einer Spezialität vom Bielersee beginnen: Anne-Claire Schott keltert mit ihrer Serie «Aroma der Landschaft» möglichst natürliche Weine mit viel Spannung und Lebendigkeit, so der weisse 2016er aus sechs verschiedenen Rebsorten (88 Franken). Weniger Experimentierfreudige wählen den Grünen Veltliner 2016 von Fred Loimer aus dem österreichischen Kamptal (62 Franken).

Zum Hauptgang lassen sich entweder der kräftige Barolo Classico 2015 von Andrea Oberto (85 Franken) oder der finessenreiche Blaufränkisch Altenberg 2011 von Paul Achs aus dem österreichischen Burgenland kredenzen (105 Franken). www.weinundsein.ch

3. Restaurant Schöngrün im Paul-Klee-Zentrum

restaurant schoengruen 506

Einen Chenin blanc aus dem Wallis? Einen Chardonnay für einmal aus dem wenig bekannten französischen Anbaugebiet Jura? Einen Rotwein namens Freisa aus dem Piemont? Wer die Weinkarte des Restaurants Schöngrüns genauer unter die Lupe nimmt, entdeckt zahlreiche nicht alltägliche Perlen.

Solche Trouvaillen machen die Auswahl spannend, denn auswärts muss ich ja nicht das Gleiche trinken wie zu Hause. Selbstverständlich kann der Gast in diesem Lokal, das eine exzellente Auswahl präsentiert, auch auf Nummer sicher gehen. Der omnipräsente Aalto aus dem Ribera del Duero (2016er für 95 Franken) ist ebenso vertreten wie der Tessiner Marketingwein Quattromani 2015 (135 Franken).

Edle Etiketten fehlen ebenso wenig. Der Supertoskaner Sassicaia 2007 kostet 250 Franken, der berühmte Château Cheval-Blanc aus dem Bordelais 580 Franken, schon fast ein Schnäppchen für diesen Jahrgang. Preislich attraktiver und gut ist Château de Pez 2008 für 95 Franken, Süsswein-Liebhaber müssten wohl den gesuchten Grain Noble Marsanne Blanche der Walliser Winzer-Ikone Marie-Théres Chappaz ordern (142 Franken für 0,5 Deziliter). www.restaurants-schoengruen.ch

4. Restaurant Haberbüni

Haberbüni 506

Es gibt Winzer, nach deren Weinen die ganze Welt giert. In vielen Fällen ist der Hype übertrieben, in wenigen gerechtfertigt. Zu diesem Kreis zählt die Burgunder Kult-Domäne Coche-Dury. Schwierig, bessere Chardonnay zu finden. Nur bewegen sich die Preise in abartigen Höhen. In der «Haberbüni» wird der Bourgogne Chardonnay 2008 und 2010 für 190 Franken angeboten, das ist relativ preiswert. Man muss aber bedenken, dass es sich um die unterste Klassifikationsstufe im Burgund handelt.

Ausweichen ist kein Problem, denn die Auswahl an französischen Weinen ist phänomenal, zum Beispiel auf den brillanten St. Aubin En Remilly 1er Cru 2014 von Pierre Yves Colin-Morey (96 Franken). Die rote Wahl fällt angesichts des Angebots ebenso schwer.

Ein Geheimtipp ist der Crozes-Hermitage Clos des Grives 2006 der Domaine Combier aus dem Rhonetal für 75 Franken. Fast geschenkt ist der Château Le Bosq 2000. Der Cru bourgeois aus einem grossen Jahr kostet 76 Franken. Genug geschwärmt von der Grande Nation: Auch Schweizer und Italiener Liebhaber müssen hier nicht verdursten. www.haberbueni.ch

5. Restaurant Mille Sens

mille sens 506

Der Beginn ist attraktiv: Die Weinkarte des Restaurant Mille Sens listet zuerst die Trouvaillen und Einzelflaschen auf. Es muss ja nicht gerade der Krug-Champagner sein (500 Franken). Die Rotwein-Cuvée Steinzeiler 2011 aus dem Burgenland des Spitzenguts Kollwentz, bestehend aus Blaufränkisch, Zweigelt und Cabernet Sauvignon, ist eine mehr als valable Alternative (128 Franken).

Wer zu viert ist, fährt mit der Magnum des Tessiner Top-Merlot Montagna Magica 2010 von Daniel Huber sehr gut, zu vernünftigen 198 Franken. Auch auf der «normalen» Karte mit einem übersichtlichen Sortiment lassen sich genussvolle Tropfen finden. Vom Murtensee stammt der Chasselas Nuit blanche 2017 der Domaine Chervet (42.50 Franken), aus der Waadt die Ikone Dézaley La Médinette 2018 von Louis Bovard, ebenfalls aus Chasselas erzeugt (68 Franken).

Die Rotweine stammen teilweise aus wenig bekannten Weingütern. Sicher nichts falsch macht der Gast, wenn er den Le Serre Nuove 2016 aus der Toskana bestellt. Der Zweitwein des berühmten Ornellaia ist preislich eine attraktive Variante (104.50 Franken). www.millesens.ch

6. Klösterli Weincafé

Klösterli 506

Die Weinkarte ist sehr individuell und fernab des önologischen Mainstreams zusammengestellt. Es beginnt mit der Rubrik: «Wir trinken gerne...». Aufgelistet werden die Lieblingsweine des Personals.

Jetzt hat der Gast zwei Möglichkeiten: Er vertraut diesen Tipps oder wählt selbst seine Favoriten aus. Trotz der überschaubaren Grösse des Sortiments wird es nicht einfach gemacht, denn unter den Positionen sind etliche Geheimtipps zu finden. In diesem Sinne sind auch meine Vorschläge subjektiv: Der Waadtländer Petit Clos 2017 der famosen, biologisch arbeitenden Domaine La Colombe aus Féchy ist ein frischer, mineralischer Chasselas zum kleinen Preis (52 Franken).

Aus dem Burgund drängt sich der Viré-Classé 2012 des Guts Héritiers du Comte Lafon auf (79 Franken). Gross ist die Auswahl an italienischen Preziosen. Sehr frisch und elegant, tiefgründig und spannungsreich präsentiert sich Il Frappato 2017 von Arianna Occhipinti aus Sizilien. Ihre Weine werden so naturnah wie möglich vinifiziert. www.kloesterlibern.ch

7. Restaurant Toi et moi

toi et moi 506

Beim Swiss Wine List Award der Fachzeitschrift «Vinum» und des Schweizer Sommelier-Verbands ist die Weinkarte des «toi et moi» kürzlich mit vier von fünf Sternen ausgezeichnet worden. In der Tat bietet das zur Remimag-Gruppe gehörende Lokal ein umfangreiches Sortiment aus der Alten und Neuen Welt an. Es werden stets der Restaurant- und Mitnahmepreis aufgeführt.

Bei den Weissen ist jener Sauvignon blanc vertreten, mit dem Neuseeland berühmt wurde: Den 2018er von Cloudy Bay gibt es im Restaurant für 77 Franken, vielleicht eine Möglichkeit, diesen Weissen wieder einmal zu versuchen. Wer in Sachen Rot in der Ferne bleiben will, entscheidet sich für den kräftigen, aromatischen und sehr guten Plexus 2011 des Australiers John Duval (57 Franken). Die Zusammensetzung von Grenache, Mourvèdre und Shiraz ähnelt einem Südfranzosen.

In Europa wird man selbstverständlich auch fündig. Mich verführen der Tessiner Merlot Balin 2012 von der Cantina Kopp von der Crone Visini (92 Franken), der reife Bordeaux Château Sociando-Mallet 2007 (98 Franken) und, wenn etwas zu feiern gibt, der Toskaner Pergole Torte 2015 des Top-Guts Monte Vertine (134 Franken). www.toietmoi.ch