Die Weinkarte ist oft das Aushängeschild eines Restaurants. Nicht die Anzahl Positionen allein macht es aus, sondern auch die Originalität des Angebotes sowie eine faire Preiskalkulation. Das sind Peter Kellers sieben Geheimtipps in Zürich.

Manche Restaurants lassen dem Wein wenig Aufmerksamkeit angedeihen. Wenn im Offenausschank lediglich Dôle und Valpolicella ausgeschenkt werden, dann kommt der Liebhaber edler Tropfen kaum auf seine Rechnung. Klar, es braucht Umsatzrenner und Kassenschlager. Aber vielfach würde etwas mehr Fantasie nicht schaden.

Selbstverständlich gibt es zahlreiche Lokale und Gastgeber, die vom Wein-Virus gepackt sind und ein entsprechend originelles Sortiment anbieten. Ich habe mich in Zürich umgeschaut und verrate hier meine sieben Geheimtipps.

Ein Restaurant befindet sich in Opfikon, knapp ausserhalb der Stadtgrenze. Es darf in dieser Liste nicht fehlen.

1. Restaurant Mesa

Mesa 528

Besitzerin Linda Mühlemann ist eine Wein-Enthusiastin. Das merkt der geneigte Geniesser sofort, wenn er die Karte studiert. Das sehr breite Angebot beschränkt sich auf die Alte Welt, mit einem Schwerpunkt auf Frankreich.

Die Bordeaux-Weine sind naturgemäss teuer, aber alternativ bietet sich etwa der Hermitage 2006 von Yann Chave aus dem Rhonetal an (135 Franken). Aus der Schweiz ist die Prominenz vertreten, etwa das Top-Weingut Maison Carrée aus Neuenburg mit dem burgundischen Pinot noir Hauterive 2015 für faire 82 Franken.

Italien- und Spanien-Freaks werden ebenso fündig wie Riesling-Liebhaber, die unter Top-Gewächsen aus Österreich und Deutschland wählen können. Nicht zu verpassen: der frische, mineralische Riesling Höllenpfad 2016 des Weinguts Dönnhoff aus der Nahe (78 Franken.). www.mesa-restaurant.ch

2. Wirtschaft zum Neumarkt

Neumarkt 528

Das Restaurant in der Zürcher Altstadt besitzt nicht nur den schönsten Garten, sondern ist auch Partner der Vereinigung Mémoire des Vins Suisses. Dort sind rund 60 der besten Schweizer Winzer versammelt. Dementsprechend nehmen diese Preziosen einen breiten Raum auf der Weinkarte ein, etwa mit dem brillanten Syrah 2009 von Denis Mercier aus dem Wallis (96 Franken.).

Nicht nur bei diesem Wein, sondern ganz generell werden sehr oft reife Gewächse aus älteren Jahrgängen angeboten – notabene stets zu sehr vernünftigen Preisen. Wer den Pinot noir von Daniel und Martha Gantenbein aus Fläsch einmal degustieren will, sollte es im Neumarkt tun. Der Preis ist mit 120 Franken unschlagbar.

Ergänzt wird die Auswahl mit ausgewählten Trouvaillen aus europäischen Ländern. Zwei besondere Empfehlungen: der Grüne Veltliner Ried Lamm 2015 von Birgit Eichinger aus dem österreichischen Kamptal (69 Franken.) und Château Phélan-Ségur 2010 aus dem Bordelais (97 Fr.). www.wirtschaft-neumarkt.ch

3. Restaurant Rechberg 1837

Rechberg 528

Noch einen Schritt weiter geht das Restaurant Rechberg 1837. Die charmante Gaststätte am Seilergraben setzt ganz nach dem Motto «Ehret einheimisches Schaffen» ausschliesslich auf Schweizer Weine aus allen sechs Anbaugebieten. Total sind es über 500 verschiedene Positionen.

Ein besonderer Schwerpunkt bildet Zürich – vom Zürichsee-Barbera bis zum klassischen Pinot noir. Neben bekannten Namen wie Schwarzenbach aus Meilen, Pircher aus Eglisau oder Besson-Strasser aus Uhwiesen ist auch die restliche Schweiz gut vertreten, etwa mit dem Schloss Bachtobel aus dem Thurgau oder mit Anne-Claire Schott vom Bielersee. Die Winzerin produziert (auch) Naturweine. Die Preise sind fair kalkuliert. www.rechberg1837.com

4. Restaurant zum alten Löwen

alter loewen 528

Die Quartierbeiz im Kreis 6 ist für Weinliebhaber jederzeit einen Besuch wert. Gastgeberin Maria Lutz-Burri liebt Bordeauxweine. Dementsprechend breit ist die phänomenale Auswahl – zu moderaten Preisen notabene. Beispiele gefällig?

Ich würde Château Poujeaux 2009 aus dem Moulis (98 Franken.) oder Domaine de Chevalier 2005 aus dem Pessac-Léognan (130 Franken.) öffnen lassen. Total kann der Gast aus rund 200 verschiedenen Positionen auswählen.

In Sachen Weisswein könnte es der Domaine de Ravoire blanc 2016 aus dem Wallis sein, eine komplexe Assemblage aus Petite Arvine, Ermitage und Pinot blanc (71 Franken), bei den Roten der geniale Supertoskaner Cepparello 2014 von Isole e Olena für 98 Franken. Insgesamt 14 Weine werden glasweise ausgeschenkt. Einziger Wermutstropfen: Deutschland ist leider eine Fehlanzeige auf der Weinkarte. www.altenloewen.ch

5. Restaurant Bü’s

Bues 528

Gastgeber Jörg Bühler, bei allen als «Bü» bekannt, zelebriert Wein. Er weiss zu jedem Tropfen eine passende Geschichte. Das ist nicht selbstverständlich, stehen doch auf der Karte mehr als 700 Positionen aus aller Welt. Da hat der Gast schon mal die Qual der Wahl.

Dementsprechend subjektiv sind meine Empfehlungen, die nicht die grossen Namen (auch die gibt es bei Bü selbstverständlich) betreffen. Aus dem Misox sei der Merlot La Fiducia 2017 des Weinguts Rohner Erni wärmstens empfohlen (69 Franken), wahrlich eine Entdeckung. Aus Italien könnte es der reife Chianti Classico 2009 des toskanischen Bio-Guts Le Cinciole (59 Franken) sein.

Tolle Syrah-Weine findet man in Australien, beispielsweise der kräftige, konzentrierte The Dead Arm Shiraz 2010 des Guts D’Arenberg aus dem McLaren Vale für 120 Franken. Und wer wirklich nicht mehr weiter weiss, wendet sich am besten an den Gastgeber. Er hilft gerne. www.buetique.ch

6. Restaurant Isebähnli

Isebähnli 528

Kleines Lokal, grosse Weinauswahl – so lässt sich das Konzept dieses einmaligen Restaurants in aller Kürze beschreiben. Darunter sind unzählige gereifte Schätze zu finden. Es gebe hier keine billigen Weine, schrieb einst der Führer «Zürich geht aus!». Man solle sich entsprechend einstellen, aber für Alltagsweine brauche man eh nicht an solchen Ort zu gehen. Wie wahr!

Es gibt ein monatlich wechselndes Weinangebot. Aus den aktuellen Vorschlägen seien drei besondere Beispiele erwähnt. Dazu zählt einer meiner weissen Lieblingsburgunder, der Chassagne-Montrachet En Ancegnières 2012 von Pierre-Yves Colin-Morey (170 Franken, er wird auch glasweise ausgeschenkt).

Gereift ist der biodynamisch produzierte Toskaner Sammarco 2006 von Castello di Rampolla, eine herrliche Assemblage aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Sangiovese (140 Franken). Wer auf klassische Rioja-Weine steht, sollte den 904 Gran Reserva 2001 der Bodegas La Rioja Alta für 105 Franken nicht verpassen. www.isebaehnli.com

7. Restaurant Wunderbrunnen, Opfikon ZH

Wunderbrunnen 528

Der Weinhimmel auf Erden befindet sich im «Wunderbrunnen». Die Weinkarte ist eine Bibel mit unglaublichen 4'000 verschiedenen Positionen aus aller Welt. Wer Bordeaux und Burgund mag, kommt ins Schwärmen, zumal es zahlreiche, ältere, bezahlbare Jahrgänge gibt.

Bei den Weissen empfiehlt sich der Puligny-Montrachet Premier Cru Combettes 2008 des Spitzenproduzenten Carillon für 94 Franken, bei den Roten der vorzügliche Château Sociando-Mallet 2000 aus dem Bordelais für 116 Franken.

Was das Restaurant besonders auszeichnet, ist die Tatsache, dass nicht weniger als 150 (!) Tropfen glasweise ausgeschenkt werden – dem Coravin sei Dank. Mit diesem Zapfenzieher muss der Korken nicht entfernt werden. www.wunderbrunnen.ch


 

 Peter Keller ist Weinakademiker und Weinredaktor der «NZZ am Sonntag».